Reinhold Messners Großprojekt ist vollendet: Das jüngste seiner fünf Mountain Museen öffnet am 3. Juli

"Blowin' In the Wind" hat die Besucher hergelockt. Wie ein akustischer Ariadne-Faden wies ihnen Bob Dylans Lied den Weg durch das Labyrinth bis in diesen düsteren Turm. Die Wände sind übersät mit Schwarz-Weiß-Fotografien. Porträts von vielen Männern und wenigen Frauen, die alle eines gemeinsam haben: Sie sind tot! Auf tragische Weise gescheitert beim Versuch, Berge zu bezwingen oder bezwungene Berge wieder zu verlassen. "Wie viele Tode muss es noch geben, bis man begreift, dass schon zu viele gestorben sind" - hallt Old Bobs apokalyptische Frage aus seinem wohl berühmtesten Song durch den Raum. Aufwühlende Klage und intensive Beschwörung zugleich - ein Mantra an die unberechenbaren Götter der Extrem-Abenteurer, denen auch Reinhold Messner so oft ausgeliefert war und einen Menschen sogar opfern musste - seinen Bruder Günther.

Wie eine Reliquie ist denn auch in der Mitte des Raums ein Kletterstiefel von Günther Messner in einem Glaskasten aufgebahrt. 2005 gefunden von Reinhold Messner am Nanga Parbat, 35 Jahre nachdem die Brüder den Gipfel des "Schicksalsberges" erklommen hatten und Günther Messner beim Abstieg ums Leben kam. Der winzige Raum auf Burg Sigmundskron gehört zu jenem Projekt, das Reinhold Messner selbst als seinen 15. Achttausender bezeichnet. Es heißt MMM, was für Messner Mountain Museum steht. Mit insgesamt fünf Museen an fünf Standorten und fünf verschiedenen Schwerpunkten zum Thema Berg.

Herz- und Kernstück des Messner Mountain Museum ist MMM Firmian auf der mächtigen Feste Sigmundskron bei Bozen. Hier thematisiert Messner die Auseinandersetzung des Menschen mit den Bergen. Treppen und Gänge führen die Besucher in die Tiefen der Gebirge, wo Entstehung und Ausbeutung der Berge sichtbar werden. Zur Geschichte des Bergsteigens und zum alpinen Tourismus unserer Tage mit all seinen katastrophalen Folgen.

In MMM Ortles in Sulden dreht sich alles um das Thema Eis. "Im End der Welt" nennt Messner diesen Platz unterhalb vom Ortler, dem mächtigen Bergkönig von Südtirol. Hier drinnen im Fels erzählt er von den Schrecken des Eises und der Finsternis. Draußen im "Yak und Yeti", einer rustikalen Gaststube in historischem Bauernhaus, gibt es als kulinarische Ergänzung Deftiges aus dem Himalaja - die Yaks dafür stehen auf der hauseigenen Weide.

Schloss Juval im Vinschgau wiederum - im Sommer der Wohnsitz von Messner und seiner Familie - ist dem Mythos Berg gewidmet und nur mit Führung zu besichtigen. Hier hat Messner diverse Kunstsammlungen untergebracht: eine umfangreiche Tibetika-Kollektion, Bilder von den Heiligen Bergen dieser Welt, Masken aus fünf Kontinenten.

Auf fast 2200 Meter Höhe liegt Museum Nummer vier - MMM Dolomites. Auf dem Monte Rite südlich von Cortina d'Ampezzo geht es um das Thema Fels und die Erschließungsgeschichte der Dolomiten am Beispiel jener Forscher und Kletterer, die mit ihren Entdeckungen und Erstbesteigungen alpine Geschichte geschrieben haben. Fesselnd ist auch der Panoramablick vom Gipfelplateau.

Mit MMM Ripa - so heißt Bergmensch auf tibetisch - auf Schloss Bruneck findet Reinhold Messners Großprojekt nun also seinen Abschluss. Das Museum auf der alten Bischofsburg im Pustertal eröffnet am 3. Juli und ist für Messner nach Bozen das zweitwichtigste im Gesamtkonzept. Sein Thema sind Leben und Alltagskultur von Bergvölkern aus aller Welt, 15 davon stellt Messner in Bruneck vor: die Tibeter zum Beispiel auf der Hochfläche im Himalaja, die Kalash im Westen von Pakistan, die Indios in Südamerika. Darüber hinaus hat Messner das Projekt interaktiv angelegt; so will die Bergsteiger-Ikone Gäste und Familien aus anderen Bergregionen einladen zum ausgiebigen Erfahrungsaustausch mit der bäuerlichen Bevölkerung vor Ort - "damit sie sehen, wie wir landwirtschaftlich mit unseren Bergregionen umgehen". "Von all meinen Abenteuern und Expeditionen ist MMM das mit Abstand schwierigste und langwierigste Projekt gewesen", erzählt Messner. Und freut sich wie ein Kind, dass er nun seinen 15. Achttausender endlich bezwungen hat.

Infos: www.messner-mountain-museum.it