Wegen der unsicheren Lage in Nordafrika haben Reedereien ihre Routen für die kommenden Monate geändert

Unruhen, Volksaufstände, Bürgerkrieg - die Fahrpläne von Kreuzfahrtschiffen werden derzeit kräftig durcheinander gewirbelt. Allein der amerikanische Carnival-Konzern, weltweit größter Kreuzfahrtanbieter, hat wegen der Lage in Nordafrika bislang insgesamt 280 Routenänderungen eingeplant. Der Konzern, zu dem auch Costa, Cunard, Holland America Line und Princess Cruises gehören, prognostiziert einen Schaden von rund 44 Millionen Dollar. Vor allem Hafenstopps der kommenden Monate in Ägypten und Tunesien bereiten den Reedereien Sorgen. Nie zuvor waren so viele Kreuzfahrtschiffe mit so großer Bettenkapazität im Mittelmeer unterwegs wie dieses Jahr. Und das ägyptische Alexandria ist eines der großen Highlights auf Fahrtrouten im östlichen Mittelmeer. Viele Schiffe legen hier sogar für zwei komplette Tage an.

Bereits zur Reisemesse ITB in Berlin hatte sich Ägypten wieder stolz präsentiert und als "Land der friedlichen Revolution" ins rechte Licht gerückt. Doch während die Tourismus-Maschinerie bei den Pauschalreiseanbietern für Ägypten und Tunesien schon wieder kräftig in Schwung kommt, bewegen sich die Kreuzfahrtgesellschaften noch in die entgegengesetzte Richtung.

Es soll Planungssicherheit für die Passagiere geschaffen werden

Erst vor wenigen Tagen hat die italienische Reederei MSC Crociere für ihre Schiffe im Mittelmeer die Fahrtrouten geändert und Alexandria, Port Said und La Goulette bis März 2012 aus dem Programm genommen. Zuvor hatte schon Costa die Stopps in ägyptischen und tunesischen Häfen für den Rest des Jahres gestrichen. Royal Caribbean lässt Ägypten vorerst bis November ausfallen, Celebrity Cruises bis zum Saison-Ende im Oktober. AIDA hat Ägypten aus dem Sommerfahrplan gestrichen und läuft erstmals Ende Oktober wieder einen ägyptischen Hafen an. Tunesien besuchen AIDA-Schiffe dagegen schon Ende April wieder. Norwegian Cruise Line (NCL) legt sich bisher noch nicht langfristig fest, fährt aber erst einmal bis Ende April Ägypten ebenfalls nicht an.

Die Absagen begründet MSC-Deutschland-Geschäftsführer Falk-Hartwig Rost so: "MSC hat sich für langfristige Routenänderungen entschieden, da die operative Planung der Reiserouten und die Vereinbarungen mit den entsprechenden Häfen langfristig geplant werden müssen." Zudem wolle man Planungssicherheit für die Passagiere schaffen: "Viele unserer Gäste buchen weit im Voraus und wären aufgrund der momentanen Situation in den betroffenen Gebieten verunsichert." Da die Routings für eine Saison festgelegt werden, habe sich MSC entschieden, die betroffenen Häfen in Ägypten, Tunesien und Bahrain im Winter nicht anzufahren.

NCL verweist auf die aktuelle Reisewarnung der US-Behörden für Ägypten. Zwar mahnt das deutsche Auswärtige Amt für Ägypten nur noch allgemein zur Vorsicht. Das US State Department aber rät nach wie vor von nicht unbedingt nötigen Reisen nach Ägypten ab. Immerhin gilt in Ägypten noch eine nächtliche Ausgangssperre, auch werden immer wieder teils gewalttätige Demonstrationen gemeldet. Weniger problematisch stufen sowohl die deutschen als auch die amerikanischen Behörden die Lage in Tunesien ein. Allerdings weisen beide darauf hin, dass der in Tunesien während der Unruhen ausgerufene Ausnahmezustand nach wie vor in Kraft ist. Am flexibelsten zeigen sich derzeit Kreuzfahrtgesellschaften mit kleineren Schiffen. Der Logistik-Aufwand ist hier geringer. So halten Oceania Cruises und Regent Seven Seas an für Ende April und im Mai geplanten Stopps in Ägypten fest.

Neben Ägypten und Tunesien stehen derzeit noch weitere Länder auf dem Index der Gesellschaften. Dass nordjapanische Häfen ebenso wenig angelaufen werden wie libysche, ist naheliegend. Überraschend ist aber, dass Costa ohne weitere Erklärung israelische Häfen aus dem Programm genommen hat. Andere Gesellschaften nutzen dagegen vor allem Haifa und Ashdod als Ausweichhäfen für Alexandria.