Eine Kolumne von Uwe Bahn

"Immer Druck auf den Ski, der zum Tal zeigt!" Manchmal geht es nur mit Druck. Gerade beim Skifahren. Schon auf der Fahrt nach Hemsedal/Norwegen weihe ich meine Kinder in die Geheimnisse des Wintersportes ein. Sie standen noch nie auf Skiern. Da ist es wichtig, dass ein alpiner Allrounder wie ich sein Wissen weitergibt. Und zu diesem Know-how gehört nun mal der feine Unterschied: Berg- und Talski. Wer das Gewicht auf den Bergski verlagert, fährt direkt auf den OP-Tisch. In meinen Lehrjahren war der Talski oft der, der im Tal lag, wenn die Bindung aufging. Ausschließen kann ich das bis heute nicht.

Damit ich mit meiner Pisten-Pädagogik nicht völlig alleine dastehe, kommt mein Nachbar (plus Sohn) mit. Er fuhr zuletzt, als Rosi Mittermaier auf der Winkelmoosalm Christian Neureuther kennengelernt hat. Seitdem hat er als Wintersport nur Schneeballschlacht und Iglubauen ausgeübt. Wer Skistiefel anprobiert, sollte sich vorher aufwärmen. Wir tun es nicht. Und so holen wir uns bereits im Skiverleih eine Zerrung, eine Bänderdehnung und einen Muskelfaserriss. Normalerweise verletzte ich mich immer erst im Sessellift.

Hemsedal ist ein wunderbares Skigebiet. Gerade für Familien. Und die haben alle Nachwuchs im Alter meines Sohnes. Verständlich daher meine väterliche Warnung: "Pass auf deine Skier auf!" Verwechslung des Sportgerätes bedeutet Chaos. Gerade bei der Rückgabe und dem Zeitdruck der Abreise. Die Kinder besteigen übrigens den Tellerlift, als sei es ein Schaukelpferd. Eine ihrer leichtesten Übungen. Lisa, die schwedische Skilehrerin, erklärt ihnen, sie mögen beim Fahren ihre Skier wie ein Stück Pizza stellen. Aha. Das sind also die neuen Lehrmethoden. Berg-und-Tal-Ski sind out. Stattdessen Pizza. Na prima. Die Kleinen schießen an uns vorbei, als wären sie auf den Brettern zur Welt gekommen. Morgen fahren sie vermutlich Spaghetti und dann Pommes frites. Ski heil!

Es gibt blaue, rote und schwarze Pisten. Und in Norwegen auch noch grüne. Zu Ihrer Information: Eine grüne Piste hat ungefähr den Neigungswinkel des Jungfernstiegs, aber einen großen Vorteil: Hier sind wir vor Snowboardern sicher. Die ganzen Kerben in meinem rechten Schienbein sind von diesen Bügelbrett-Bekloppten. Mit massivem Stockeinsatz kommen wir auf der grünen Piste Meter um Meter voran. Ganz großer Sport. Wenn sich jemand die Mittagspause verdient hat, dann wir. Aber wir haben ein Problem. Der Sohn ist nicht ganz sicher, ob das wirklich seine Skier sind, die er sich nach dem Essen angeschnallt hat.

Heutige Skier fahren von alleine einen Bogen. Bei allen, nur bei uns nicht. Am nächsten Morgen treffen wir unsere Kinder mitten im Skigebiet. Sie haben genau zwei Tage gebraucht, um unseren Leistungsstand zu erreichen. Streber. "Du darfst als erster auf meinem Bein unterschreiben", heitere ich meinen Nachbarn auf. Aber letztlich umkurven wir beide mit sehr viel Routine den Gips.

Vor der Abreise kommt das, was kommen musste. Mein Sohn hat fremde Skier. Und wir müssen dringend zur Fähre. Der Norweger vom Verleih telefoniert die Handynummern durch, die jeder hinterlassen musste. Komplettes Chaos: Mein Sohn fährt mit den Brettern eines Koreaners, der wiederum hat - weil seine Skier fehlten - die eines Finnen untergeschnallt. Der Finne trägt die eines Norwegers. Und der Norweger hat die meines Sohnes. Genau zwei Stunden dauert dieser Ringtausch, dann haben wir die Skier wieder. Berg- und Talski. So, wie es sein soll.