Die Gegend um den Lake Rotorua ist Neuseelands ältestes touristisches Zentrum.

Es stinkt zum Himmel, als habe einer faule Eier zerschlagen. Schwefeldämpfe strömen aus unzähligen offenen Erdventilen. Überall brodelt es kräftig. Kochende Quellen sprudeln, Schlammlöcher blubbern, Geysire spucken enorme Fontänen. Die Gegend um Rotorua und den gleichnamigen See ist ein vulkanischer Dauerbrenner. Höllisches Terrain sozusagen und bei den Kiwis und ihren Gästen eine ganz heiße Kiste - auch aus touristischer Sicht.

Einen ersten vortrefflichen Eindruck davon vermittelt Te Puia/Whakarewarewa am Südrand von Rotorua. Hier sind die verschiedenen geothermischen Phänomene am einfachsten zugänglich. Ein Höhepunkt ist zweifellos der Pohutu-Geysir, der seine Fontäne in ziemlich regelmäßigem Abstand bis zu 30 Meter hoch sprüht. Ein kleiner Bruder des großen Meisters tritt zudem seitlich aus - ein Schauspiel, das man sich stundenlang von herrlich durchgewärmten Sitzsteinen aus in Ruhe anschauen könnte, würde nicht ab und an ein Großtrupp Japaner das Areal komplett okkupieren.

Ein zweites Highlight in Te Puia ist das Maori-Kulturzentrum. Rotorua war und ist eine Hochburg der einst mächtigen Arawa-Stämme, und nirgendwo sonst kann der Neuseeland-Besucher mehr über die Kultur und Lebensweise der Ureinwohner sehen und erfahren als hier. Zwar gibt es auch anderswo die mit mythologischen Schnitzereien verzierten Versammlungshäuser oder imposante, aus gewaltigen Kauri-Bäumen gefertigte Kriegskanus; hier jedoch schlägt das Herz der Maori-Kultur.

Im angrenzenden Arts & Craft Centre zum Beispiel werden junge Maori in der traditionellen Holzschnitzkunst unterwiesen. Dabei kann man zuschauen. Von den täglichen Folklore-Shows im Versammlungshaus, einer bunten Melange aus Tänzen, Gesängen und Ritualen, behaupten Kenner, es seien die besten und professionellsten im Land. Und in Rotoruas Stadtteil Ohinemutu lebt bis heute eine Maori-Dorfgemeinschaft, die das Thermalwasser der heißen Quellen wie eh und je zum Waschen, Kochen und Heizen nutzt.

Die Landschaft um den Lake Rotorua ist Neuseelands ältestes und bis heute bedeutendstes touristisches Zentrum. Bereits im 19. Jahrhundert kamen weiße Besucher in den unheimlichen vulkanischen Lebensraum, dessen Glanzpunkte seinerzeit die rosa und weiß leuchtenden Sinterterrassen am Lake Rotomahana waren.

Der Ausbruch des Vulkans Tarawera am 10. Juni 1886 zerstörte diese Herrlichkeit ein für alle Mal. Zugleich aber erschuf er neue Attraktionen, die den Bade- und Kurtourismus erst richtig ankurbelten. Direkt am See entstanden die zauberhaften Government Gardens, eine in bester britischer Tradition angelegte und sorgsam gepflegte Grünanlage, in der es in allen Farben blüht und wo alte Ladys stundenlang mit Hingabe Boule spielen. Optischer Glanzpunkt ist das einstige luxuriöse Badehaus, eine Mischung aus englischem Tudor- und deutschem Fachwerkstil, inzwischen Sitz des Museums von Rotorua. Baden und in heißem Wasser entspannen kann man gleich nebenan: in den aus drei Thermalquellen gespeisten Polynesischen Bädern.

Richtig gruslig wird es am Abend. Im dunklen Wald tauchen plötzlich tätowierte Gestalten auf, die Gesichter zu grässlichen Grimassen verzerrt, die Zungen bis zum Anschlag herausgestreckt. Als das nicht reicht, um uns Fremdlinge bis in den Tod zu erschrecken, einzuschüchtern und zu verscheuchen, formieren sich die Männer zur Gruppe und legen einen Haka hin, der sich gewaschen hat. Dieser weltweit gefürchtete Kriegstanz der Maori gehört häufig zum Begrüßungsritual, bei dem intensiv geprüft wird, ob jemand in feindseliger oder friedlicher Absicht gekommen ist. Ist Letzteres der Fall, darf sich der Fremde grenzenloser Gastfreundschaft gewiss sein. Erst besiegelt dann der Nasenkuss Hongi die neue Freundschaft zwischen den verschiedenen Kulturen, anschließend gibt es Hangi, ein Kartoffelgericht , das vier Stunden im Erdofen gegart wird.

Dass es solche Begegnungen und generell die Maori-Kultur heute überhaupt noch gibt, ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Vor nicht einmal 30 Jahren stand die Kultur der Ureinwohner faktisch vor dem Aus, beherrschte kaum noch jemand die an Bildern und Nuancen so reiche Sprache der Vorfahren, die es bis dato nur in mündlicher Form gab. Erst dem unermüdlichen Engagement junger Maori-Intellektueller und -Künstler war es zu danken, dass das reichhaltige kulturelle Erbe, das Maoritanga, heute so lebendig ist wie zuletzt zu vorkolonialen Zeiten.

Heute wird die Maori-Sprache nicht nur als Ausdrucksmittel für die besonderen spirituellen und geistigen Vorstellungen der Maori geachtet, sie hat auch ein Schriftbild bekommen und ist neben Englisch offizielle Landessprache. Heute ist die Kunst des Kriegskanubaus, der Holzschnitzerei und Jadebearbeitung lebendiger denn je, und keineswegs nur als Touristenattraktion tragen immer mehr Maori wieder voller Stolz das Moko, die ornamental reich verzierte Gesichtstätowierung, auch wenn es bei festlichen Anlässen zumeist eine mit Schminkfarbe aufgetragene Nachbildung ist.

Kurz zurück ins Reich der heißen Quellen: So wie die Maori-Begrüßungszeremonie gehört auch das Waiotapu-Wunderland zum Muss für Neuseeland-Neulinge. Kollabierte Krater, dampfende Erdspalten, mineralische Ablagerungen, die in sattem Gelb, Orange, Grün, Purpur, Rot, Braun oder Weiß leuchten - all das ist hier zu bestaunen. Ob an den "Tintenfässern des Teufels" oder am "Infernokrater" - in Waiotapu erwartet den Gast eine durch und durch surreale und bunte Welt. Ihr König ist der Champagner-Pool. Ein kreisförmiger, herrlich perlender, flaschengrüner Kessel, in dichten Dampfschwaden gehüllt.