Neue Kraftwerke bedrohen Natur, Fischarten und den Flusstourismus in Laos. Auch Kambodscha will seinen wachsenden Energiebedarf mit Wasserkraft decken

Es sieht aus, als hätte der Himmel Sternenstaub auf den Fluss gestreut. Die braunen Fluten schimmern golden, als würde der Name "Goldenes Dreieck" von diesem Phänomen herrühren und nicht vom schmutzigen Handel mit Drogen. Der Mekong gilt in Südostasien als die "Mutter aller Wasser". Jetzt droht einem der längsten Flüsse der Erde ein ökologischer Kollaps.

Schuld daran, dass die Anrainerstaaten womöglich bald auf dem Trockenen sitzen, sind Kraftwerke, die dem Fluss das Wasser abgraben. Waren es in den letzten Jahren die Chinesen, die ihren wachsenden Energiebedarf auch aus dem Mekong deckten - seit 1993 haben sie am Oberlauf vier Talsperren gebaut, vier weitere sollen in den nächsten Jahren folgen - fordern jetzt auch Laos und Kambodscha ihren Anteil an Wasserkraft ein: Zehn Kraftwerke will Laos bauen, zwei sollen in Kambodscha entstehen - mithilfe westlicher Gelder. Dabei sind die Auswirkungen der chinesischen Talsperren längst deutlich zu spüren. Schon im Frühjahr 2010 war der Wasserstand des Mekong so niedrig wie seit 50 Jahren nicht mehr.

60 Millionen Menschen hängen wirtschaftlich von dem drittlängsten Strom Asiens ab, Millionen leben entlang der Lebensader Südostasiens. Aus Sorge um die Auswirkungen auf sie hatten sich die vier Anrainerstaaten Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam im Rahmen der Mekong River Commission darauf geeinigt, dass der Unterlauf des Mekong von Kraftwerksbauten verschont bleiben solle. Doch der wachsende Bedarf an Energie hat alle Bedenken beiseite gefegt. Insgesamt zwölf Kraftwerksprojekte mit einer Gesamtleistung von über 14000 Megawatt sollen in den nächsten Jahren am unteren Mekong entstehen. Dann würden 55 Prozent des Flusses aufgestaut. Die Auswirkungen, warnten Ökologen, könnten für das Flusssystem tödlich sein. Auch der Flusstourismus, der sich in den letzten Jahren am Mekong entwickelt hat, könnte bald auf dem Trockenen sitzen.

Das 1260 Megawatt-Kraftwerk Xayabouri soll in der unteren Mekong-Region den Anfang machen. Erbaut wird es in enger Zusammenarbeit mit dem Nachbarn Thailand, einem der Hauptabnehmer des erzeugten Stromes. Der World Wildlife Found (WWF) hatte noch im Juli ein Baumoratorium beantragt, da das Wasserkraftwerk eine Bedrohung für den rund 300 Kilogramm schweren Riesenwels darstellt und weitere 41 Fischarten auf die Liste der bedrohten Tiere bringen könnte. Warnungen der Umweltorganisationen zum Trotz will Laos an den Plänen festhalten. Das arme Land sieht in den Kraftwerken eine Einnahmequelle, die Regierung schwärmt von Laos als der "Batterie Südostasiens" - für die "Mutter aller Wasser" eher trübe Aussichten.

Video: Mekong, der Fluss der tausend Fische