Weit von den Überschwemmungen in Brisbane entfernt trifft man in Sydney auf entspannte und hilfsbereite Einwohner.

Mit Wladimir, dem serbischen Taxifahrer, der alles und jeden in Sydney kennt, fing es an. Er empfahl uns, auf der Fahrt vom Flughafen in die Stadt, seinen Freund Jorgos, einen griechischen Wirt, den besten der Stadt, versteht sich. Und dort, im "Medusa" an der Market Street, kamen wir mit Petros ins Gespräch, einem Kellner, der uns gleich seinen Vetter ans Herz legte: "Der wird euch, schönen Gruß von mir, die besten Garnelen der südlichen Hemisphäre servieren, draußen am weltberühmten Bondi Beach, nur einen Katzensprung von der City." Später trafen wir noch Adriel, den Lebensretter. Und Mario, den Portugiesen, der ganz locker die spanische Königin mit deren Kamera vor der Traumkulisse Hafen, Oper und Harbour Bridge fotografiert hat.

Der Reihe nach: Zu Hause ist jetzt tiefer Winter. Und hier, am anderen Ende der Welt, wo sozusagen alles seitenverkehrt geht, die Jahreszeiten, der Verkehr, die Stimmung, hier läuft ein pralles, sinnenfrohes Sommermärchen. Gemessen an Hamburg ist in dieser Metropole zudem alles mehr als doppelt so groß: die Fläche der Stadt, die Zahl ihrer Einwohner, vor allem aber die gute Laune. Ein vorwiegend junges, urbanes Volk, mindestens so bunt zusammengesetzt wie die Uno, lebt, so wirkt es zumindest in diesen Wochen, permanent auf Feierabend und Wochenende hin.

Die eine Hälfte strebt ganz entspannt mit dem Surfbrett unterm Arm den Stränden vor der Haustür zu, drei oder vier Dutzend Traumbuchten am Pazifischen Ozean. Die andere Hälfte, scheint's, hockt noch entspannter im Café, im Biergarten, vor einem Pub. Oder am Circular Quai, wo das touristische Herz der Stadt schlägt, mit Blick auf das berühmteste und aufregendste Konzerthaus der Welt, und natürlich auf den "Kleiderbügel", die Hafenbrücke, das zweite Wahrzeichen der Stadt, und auf Hunderte von Segelbooten, Fähren, Windjammern und Musikdampfern ... Wow, was für eine Kulisse.

Und wir mittendrin, im Café vor der Oper, diesem Geschenk des Dänen Jörn Utzorn an die Welt: 25 Grad, wolkenloser Himmel, leichter Wind, einen kühlen Sauvignon Blanc aus dem Süden dieses Kontinents auf der Zunge, die dumpfen Töne der Didgeridoos im Ohr. Hier beginnt wohl für jeden Touristen das Abenteuer Sydney. Aborigines, echte und weniger echte Ureinwohner, trompeten in ihre Instrumente, und David geht mit dem Hut für sie herum.

David, ein Großstadt-Cowboy, der aussieht wie Crocodile Dundee, der in die Jahre gekommen ist, erzählt vom Outback, wo er als Trucker unterwegs war. Und von Coober Pedy, wo er nach Opal geschürft hat, damals, Kumpel, lange her ... So etwas wollen die Leute hören, das sind die Bilder, die auch wir im Kopf mitgebracht haben, und die hier auf einmal live vor uns abspulen, so real wie die Postkarten nebenan im Ständer.

Seit zwei Tagen sind wir in dieser Stadt unterwegs, sind durch The Rocks und Darling Harbour gezogen, den Szenevierteln am Hafenrand mit den urigen Pubs im Schatten der Wolkenkratzer. Nicht durch Wladimirs Empfehlung, sondern durch Zufall sind wir im "Slip Inn" in der Sussex Street hängen geblieben und haben uns erzählen lassen, wie sich hier vor acht Jahren Kronprinz Frederik und seine Mary gefunden haben. Im "Harts", urig und gemütlich, haben uns zehn Australier, eingewandert aus acht verschiedenen Ländern, versucht, die Regeln des Rugbyspiels zu erklären, "was ist denn daran so schwierig, Mate ... alter Kumpel?" The Rocks, das war mal das wilde Viertel der Seeleute und Huren. Längst ist es ein Touristenquartier, vor allem aber, wie andere Viertel rund um die Hafenbuchten, eine Wohngegend der Arrivierten, der erfolgreichen Künstler und Akademiker. Jüngstes Beispiel ist Woolloomooloo am Ostrand der Hafenmeile gelegen. Russell Crowe wohnt dort. Vor ein paar Jahren sollte das alte Lagerhaus auf der Pier, die längste Holzkonstruktion der Welt, abgerissen werden. Heute birgt es ein Schickimicki-Hotel, düster und sündhaft teuer.

Wie kriegt man die Viermillionenstadt am besten in den Griff? Ausgerechnet Wladimir, der Taxifahrer, gab uns den Tipp, Sydney und fast alle seine Attraktionen mit ein und derselben Buslinie zu entdecken, sich ihr in Etappen zu nähern, ohne ein Vermögen auszugeben. Diese Art heißt "Hop on, hop off": Man kauft ein Ticket (umgerechnet 26 Euro), steigt, zum Beispiel am Queen Victoria Building, einem Kolonialbau, der das schönste Einkaufszentrum beherbergt, in einen dieser roten Doppeldecker-Cabrio-Busse, die zum Straßenbild gehören. Setzt sich nach oben und schaut sich die Stadt aus dieser Perspektive in aller Ruhe an. Über Lautsprecher wird angesagt: als nächstes kommt das Rathaus, ein paar Stationen weiter die Oper, der Botanische Garten, das Parlament ... Bei jeder Sehenswürdigkeit kann man aussteigen, irgendwann wieder einsteigen und weiterfahren, zu den chinesischen Gärten, zum Aquarium, zum Circular Quai ...

So haben wir uns die Stadt erobert, mit dem Blick nach allen Seiten und einem Reiseführer in der Hand. Kim, ein koreanischer Busfahrer, hat uns noch ein nettes Café am Rande von Kings Cross empfohlen, in der Springfield Avenue, wo Sydney wie London aussieht. Dort serviert Mary, Studentin aus Kanada, Apple Pie und erzählt uns von ihrem Freund Adriel, der als Rettungsschwimmer draußen in Bondi arbeitet.

Eine halbe Stunde Busfahrt, eine letzte Kurve, und da glitzert auf einmal der Pazifische Ozean vor uns, hop off und nichts wie hin zum Strand, an den Bondi Beach, das Zentrum aller Surfer von Sydney. Bei Nick's, dem Vetter von Petros, essen wir Garnelen, so frisch wie versprochen, wir schauen dem Surfernachwuchs zu und wandern auf einem Klippenweg, den man nur spektakulär nennen kann, nach Tamara und Coogee.

Zurück in Bondi finden wir schließlich Adriel, den Lebensretter. Seit fünf Jahren ist der 23-Jährige Mitglied der berühmten Truppe. Sein Blick ist ständig und konzentriert aufs Wasser gerichtet, während wie uns unterhalten. Es hat Tage gegeben, an denen er und seine acht Profi-Kollegen über 200-mal Menschen aus prekären Situationen helfen mussten: "Es ist nicht nur ein fröhlicher Job in der Sonne", sagt Adriel, der in Bondi geboren ist, "aber ich bin stolz, dass ich hier Dienst tun kann, am schönsten Strand in der schönsten Stadt der Welt."

Letzter Abend, letzter Drink. In der 36. Etage des "Shangri-La-Hotels" erzählt Barmann Mario, der Portugiese, wie Königin Sophia aus Spanien ihm hier oben ihre kleine Kamera in die Hand gedrückt. Ganz ungezwungen, so sagt er, habe sie ihn gebeten, sie vor genau dieser Traumkulisse zu fotografieren: die Hafenbrücke mit den spiegelnden Lichtern der Autos, die Oper, deren steinerne Segel auf einmal rötlich schimmern, die vielen Boote, ausgeleuchtet von der untergehenden Sonne - so unglaublich kitschig, so wahrhaft wunderschön.

Dienstagmorgen. Abschied von Sydney. Wladimir ist wie vereinbart zur Stelle und verstaut das Gepäck. Klar, mein Freund, wir waren bei Jorgos. Ja, wir sind stundenlang auf den roten Bus gehüpft und wieder runter. Und natürlich haben wir am Sonnabend auf dem Markt in Paddington gestöbert. Nur bis in die Blue Mountains, auch so ein Tipp von dir, haben wir es nicht geschafft. Und die Rugbyregeln, Mate, die haben wir leider immer noch nicht kapiert.

Video: Impressionen von Sydney