Trend zum Luxus hält auch in den Bergen Einzug. Die Unterkünfte geben sich rustikal, sind aber keineswegs spartanisch

Almhüttendörfer liegen vor allem in den österreichischen Bergen im Trend. In den vergangenen Jahren eröffneten rund drei Dutzend mehr oder weniger komfortable Anlagen dieser Art. Derweil kommt das Konzept, in eige-nen Bungalows zu wohnen und dank eigener Sauna, autarker Verpflegung und eines Bringservices mehr Privatsphäre genießen zu können, aus einem ganz und gar unbergigen Teil der Erde: von den Malediven. Denn mittlerweile haben findige Hoteliers erkannt, dass - in der richtigen Mischung aus Authentizität, familiärer Atmosphäre und modernem Komfort - Hüttendörfer nicht nur am Meer, sondern auch in den Bergen gut ankommen.

Verstanden die meisten Leute unter einer Berghütte bislang eine urige, einfache Unterkunft mit viel Charme, aber vergleichsweise geringer Bequemlichkeit, müssen sie neuerdings genauer hinsehen. Zum Standard der neuartigen Zwei- bis Sechs-Personen-Unterkünfte gehören nämlich nicht nur viel Holz, eine gemütliche Stube und ein Ofen, sondern immer öfter auch Technik-Schnickschnack à la WLAN, DVD-Rekorder und XXL-Flatscreen. Dazu die Infrarot-Sauna oder vielleicht sogar ein Privatjacuzzi auf der Privatterrasse.

Was beim kärntnerischen "Almdorf Seinerzeit" vor mehr als zehn Jahren als einmaliges Konzept angedacht war, ist zur flächendeckenden Erfolgsgeschichte geworden. Die "Seinerzeit"-Betreiber haben sich sogar schon das Label "Das Original Almdorf" zulegen müssen, um auch auf diesem Weg daran zu erinnern, wer es eigentlich "erfunden" hat. Denn selbst im First-Class-Segment wächst die Konkurrenz. Bestes Beispiel ist das noble, erst im Dezember 2009 eröffnete "Bergdorf Priesteregg" im Salzburger Land. Die 16 abgeschiedenen Bergchalets sind auch nach der Anfangsbegeisterung über Monate ausgebucht, und das bei Übernachtungspreisen von mehr als 150 Euro, in der Premiumversion gar 185 Euro pro Person und Nacht.

Das Abendessen, das auf Wunsch in der Stube kredenzt wird, ist dabei natürlich noch ebenso wenig im Preis enthalten wie die Masseurin, die auf Bestellung ins Chalet kommt und die stilvoll im Raum stehende Nostalgie-Füßchen-Wanne im Handumdrehen und Brettauflegen in eine Massageliege verwandelt. Den ganzen Tag keinen Schritt vor die Tür tun? Hier auf dem abgelegen 1100 Meter hohen Bilderbuchplateau über Leogang ist's möglich.

Wer indessen auf echte Action im Freien nicht verzichten will, muss nur zur Tür hinaus. Der "Abenteuerspielplatz Bergwelt" lockt nur wenige Schritte weiter. Etliche Almhüttendörfer liegen gar direkt am Rand von Skipisten oder an Wanderwegen. Als Beispiel mögen das "Almhüttendorf Weinebene, das "Almhüttendorf Klippitztörl" und das ebenfalls in Leogang befindliche, sorgsam in die Landschaft eingebettete "Steinalmdorf" am Embachhof dienen. Aus dessen Hüttenfenstern schauen die Gäste wahlweise auf die Asitz-Talstation samt Bikepark und Kinderskischule oder die majestätischen Steinberge. Und jeden Morgen in eine Kiste mit Bio-Frühstück, die unsichtbare Helfer frühmorgens in den Hüttenflur gestellt haben. Und auch hier in der deutlich preisgünstigeren Almhüttendorf-Version gilt: Wer Appetit am faulen Nichtstun gefunden hat, muss die Hütte selbst fürs Mittag- und Abendessen nicht verlassen. Ein kurzer Anruf genügt, und das Gewünschte wird vom Personal aus dem Haupthaus hinaufgeliefert.

Zum Beispiel von Junghotelier Philipp Madreiter. Und neben dem Essen bringt er immer noch etwas Zeit für ein Gespräch mit, sei es über das Wetter, Ausflugstipps oder seine Sicht des Hüttendorf-Erfolgs. "Der Gast kann bei uns wählen: Will er Gesellschaft, dann kommt er hinunter ins Haupthaus an die Kuchentheke oder zum Abendessen. Will er lieber in seinen eigenen vier Hüttenwänden bleiben, dann findet er dort alle Annehmlichkeiten, die er braucht. Allein diese Wahlfreiheit zwischen Gruppe und Privatsphäre schätzen viele Gäste. Erst recht Familien mit Kindern."

Diese schätzen vor allem noch einen anderen Aspekt: die unkomplizierten Kontaktmöglichkeiten. Dazu muss man nur die Tür aufstoßen - in den sieben anderen Hütten nebenan findet sich garantiert jemand auf derselben Wellenlänge. Egal, ob beim zentral gelegenen "Dorf"-Grillplatz oder beim Riesentrampolin: Anschluss zu anderen Kindern und erwachsenen Gästen ist garantiert.

Was ebenfalls gut bei Urlaubern ankommt, ist der Bogen in alte Zeiten. Das "Almdorf Seinerzeit" trägt dieses Konzept ja bereits im Namen, das im August eröffnete Dörfl "Anno Dazumal" in Lanersbach ebenfalls.

"Um sich abzuheben von den vielen anderen Unterkünften im Zillertal wollten wir etwas Besonderes, etwas Spezielles", erklären deren Betreiber Michaela und Stefan Dengg. Das ist ihnen gelungen, denn das Chalet-Ensemble samt modern-gemütlichem Dorfgasthaus ist die perfekte Kombination aus Selbstversorger-Apartment und Komforthotel. Die Gäste können selbst kochen, essen gehen oder sich auf Wunsch Frühstück und Abendessen in der eigenen Hütte servieren lassen - bei knisterndem Kaminfeuer. Danach geht es in die eigene Infrarot-Sauna oder zur Massage in die Alpinvital-Badehütte, Gletscherblick inklusive. Die Folge: Manche Besucher verlassen den ganzen Tag nicht das Dörfl. "Vielleicht liegt es ja daran", so Stefan Dengg, "dass je hektischer die Alltagswelt sich gestaltet, desto größer wird das Bedürfnis nach Ruhe und Überschaubarkeit im Urlaub."

Und nach traditionellen Mustern und regionalen Besonderheiten. Beim "Anno Dazumal" sind es verschiedene Tuxer Sagen, die sich in jedem Chalet in Gestalt eines Buches und altertümlicher Gegenstände widerspiegeln. Beim "Steinalmdorf" werden ausschließlich Hölzer der eigenen Fläche verwendet, beim Frühstück wird auf Lachs und Kiwi verzichtet, und dennoch bringt das "Salzburger Bauernfrühstück" eine erstaunliche Vielfalt zusammen. Im "Bergdorf Priesteregg" soll das dort verbaute Zirbenholz sogar für eine deutlich entspanntere Schlafstimmung sorgen - laut wissenschaftlichen Untersuchungen senkt es den Puls um bis zu 3500 Herzschläge am Tag und damit erheblich das Herzinfarktrisiko. Auf diese Weise wird uraltes Wissen reaktiviert, ohne als altmodisch abgekanzelt zu werden.

Weitere Informationen:

Steinalmdorf Embachhof: Rain 9, A-5771 Leogang, Tel. 0043/6583/8275, www.steinalmdorf.com

Bergdorf Priesteregg: Sonnberg 22, A-5771 Leogang, Tel. 0043/6583/825520, www.priesteregg.at

Alpendorf Anno Dazumal: Lanersbach 456b, A-6293 Tux, Tel. 0043/5287/877830, www.annodazumal.at

Almdorf Seinerzeit: Fellacheralm, A-9564 Patergassen, Tel. 0043/4275/7201, www.almdorf.com