Eine Kombination mit Erlebnisgarantie: der Wilde Weiße Westen in Silver Star und Big Whites Schneegeister

Ein verführerischer Duft liegt in der Luft. Der himmlisch-süße Apfelstrudel, die legendären Zimtbrötchen und die luftig-leichten Blätterteig-Kreationen, die Frank Berkers in seinem Bugaboos Bakery Café aus dem Ofen zaubert, ziehen die Skifahrer magnetisch an. Jeden Morgen kurz vor acht knarzen die hölzernen Planken der Gehwege entlang der knallbunten Wildwest-Häuser an der Mainstreet von Silver Star unter den klobigen Skischuhen. Immer schneller werden die Schritte, die erst an der Schlange vor dem Café enden. Der morgendliche Run auf das Bugaboos ist ein Ritual in dem beliebten Skiort in Kanadas Monashee Mountains, eine Flugstunde südwestlich von Calgary. "Ein Café nach europäischer Art findet man hier im Westen eher selten", sagt der gebürtige Holländer Berkers und freut sich über den Zuspruch der "Locals" wie von Wintersportlern aus aller Welt.

Auch Christine Kastner zählt zu den Stammgästen. Als 15-Jährige kam die Dresdnerin einst mit ihren Eltern nach Kanada, heute zeigt die rüstige Rentnerin den Brettlfans als ehrenamtlicher Guide die Vielfalt der Pisten in dem ehemaligen Silberminendorf. Nicht nur das. Vor allem deutsche Skifahrer, die sich zur kostenlosen Tour an der Infotafel vor dem Bugaboos treffen, wollen oft auch etwas über die Historie erfahren. Die ist - wie in vielen kanadischen Skigebieten - deutlich kürzer, als aus Europa gewöhnt. "1988 gab es anstelle des Bugaboos einen Saloon, wo heute das ,Aberdeen Hotel' steht, waren ein paar hässliche Container aufgebaut und anstelle des jetzigen Comet-Six -Pack-Lifts brachten ein alter Sessel-Lift und zwei Schleper die wenigen Skifahrer zum Gipfel", blickt Kastner zurück. Längst vergessen. Nach einem ausgeklügelten Masterplan haben ausländische Investoren Silver Star zu neuem Leben erweckt. In Anlehnung an die einstige Zeit der Silber-Schürfer entstand in den letzten 15 Jahren ein liebevoll gestaltetes Wildwestdorf, in dem jedes Gebäude - egal ob Hotel, Skischulstation, Bar oder Apartmenthaus - an die Zeit der "rauchenden Colts" erinnert. "Bis heute muss jede Holzfassade mindestens drei verschiedene Farben aufweisen", erzählt Christine Kastner.

Bei aller Nostalgie - im Skigebiet ist davon nichts zu spüren. Auch Silver Star folgt dem kanadischen Grundsatz: möglichst viele Pisten, möglichst wenig Lifte. Die sind auf dem Stand der Technik. Gerade mal ein Schlepper hat überlebt, sonst surren nur Vierer- und Sechser-Sessel durch die Waldschneisen.

Aber welche der gut 100 Pisten, die so Namen wie "Big Dipper", "Eldorado" oder "Where's Bob?" tragen, sollen wir unter die Bretter nehmen? Christine Kastner weiß Rat. "Das Programm unserer geführten Touren richtet sich nach Können und Interesse der Gruppen", sagt sie. "Viele bevorzugen zum Kennenlernen des Areals eine Runde auf mittelschweren Pisten." Wer eher sportlich unterwegs ist, den lotst die 69-Jährige hinüber nach Putnam Creek, wo die Pistendesigner rassige Routen in Serie in den Berg modelliert haben. Die absoluten Hämmer bleiben außen vor. Die elf extrem schwierigen Pisten mit einem schwarzen Doppel-Diamanten (Double Black Diamonds) wie "Free Fall" (nomen est omen!) oder "Chute 5" müssen die Guides - aus Sicherheitsgründen - meiden.

Wer den Flug über den Atlantik für einen Trip nach Kanada auf sich nimmt, möchte meist mehr "erfahren", als ein Skigebiet. Die Kombination Silver Star und Big White bietet sich an. Gerade mal eineinhalb Stunden braucht der Shuttlebus ins Nachbarareal. Auch hier gilt das Prinzip "Ski in, Ski out" (der Ort bleibt weitgehend autofrei), auch hier wird auf Schneekanonen verzichtet (im Winter-Schnitt fallen knapp acht Meter der natürlichen weißen Pracht), auch hier erschließt ein gutes Dutzend moderner Lifte etwa 100 Pistenkilometer. Und doch ist Big White anders.

Wie moderne Skulpturen ragen die Snow Ghosts aus dem endlosen Weiß. Hüfthoch lugen die schrumpeligen Nasen der kleinen Geister aus dem Schnee, andere recken sich fünf, sechs Meter in den hellblauen Himmel. Eine seltene Laune der Natur schenkt Big White Winter für Winter seine Wahrzeichen. Die Fichten und Tannen, die einzeln oder in kleinen Gruppen auf dem sonst baumfreien Gipfelplateau der Kälte trotzen, verwandeln Wind und Schnee in skurille Figuren, zwischen denen der Wedelschwung noch mehr für den Adrenalin-Kick sorgt, als auf der perfekt "gebügelten" Piste. "Die Natur schenkt uns die Schnee-Geister, den Rest erledigen wir", sagt Jim Loyd, Geschäftsführer der Betreiber-Gesellschaft. Die perfekte Ausschilderung der Pisten gehört dazu, das freundliche "How are you?", mit dem der Liftboy jeden Gast begrüßt, nicht zuletzt die kurzen Wege. Zum Beispiel ins trendige Pub "Snowshoe Sam's", den Wilden Westen. Eine blau-gelbe Flammenspur zieht sich von den Läufen der Flinte Richtung Tasse, in die Kellner Keith den brennenden Grand Marnier für den Gunbarrel Coffee fließen lässt. Aber Vorsicht: Der legendäre Drink hat es in sich! Anders als der Capuccino im Bugaboos Bakery Café ist er nur etwas für den Ausklang des Skitags.