Dieses Haus mit allerlei Spuren von Ringelnatz lieben Fernsehstars genauso wie Touristen.

Eine nicht alltägliche Kombination, aber zumindest auf der Hafeninsel von Stralsund auf Anhieb erfolgreich: ein seriöses, angenehmes Stadthotel, vernetzt mit einer "Hafenkneipe", die ebenso heißt. Hier die neue Herberge mit Weitblick aus den oberen Geschossen, einerseits auf die Türme der alten Hansestadt, andererseits aufs Wasser, den Hafen und die spektakulär geschwungene Rügenbrücke, die das Panoramabild nach Osten hin abrundet.

Dort die "Kneipe" mit Historie, kräftig auf die Themen Seefahrt und Fischerei dekoriert und zusätzlich mit Ringelnatz-Zeichnungen an den Fenstern und auf der Speisekarte geschmückt. In Wahrheit ist die "Hafenkneipe" im renovierten Giebelhaus von 1889 heute ein sehr gemütliches, braves und bürgerliches Restaurant.

Aber was hat Joachim Ringelnatz, der wunderbare Sprachfantast, Poet, Maler und Seemann, damit zu tun? Die alten Stralsunder kennen Haus und Kneipe noch unter dem früheren Namen "Kuttel Daddeldu". Und das war ja nun mal Ringelnatz' bekannteste Figur (neben dem Seepferdchen "Ringelnass", das im Hotel "Hiddenseer" und nebenan im Lokal auch seine Spuren hinterlassen hat).

"Moin, moin", ein nettes Lächeln, ein paar freundliche Erklärungen, und schon reicht Hannelore Nilson, die gute Seele des Hauses, dem Gast die Schlüssel. Zum Beispiel für das Zimmer mit der Nummer 13 (!), das Studio ganz oben, das auch "Penthouse" genannt wird. Es ist ein nahezu komplett verglaster Aufbau über den drei Stockwerken, eine schmale Treppe führt dorthin. Fahrstuhl? Fehlanzeige - das Haus hat nur 176 Quadratmeter. Dafür aber, zumindest vom Studio und den Zimmern in den oberen Stockwerken aus, einen Traumblick: nach vorn übers Wasser, nach hinten auf die Stadt.

Die Lage ist ideal: Direkt nebenan eröffnet im Juli das "Ozeaneum", Deutschlands größte Meeresschau. Zur "Gorch Fock", vor 75 Jahren bei Blohm & Voss gebaut und seit 2003 in Stralsund vor Anker, sind es nur ein paar Schritte. Auch in die Altstadt mit ihren backsteinroten Kaufmannshäusern, Kirchen und Klöstern - ein Weltkulturerbe - läuft man kaum zehn Minuten zu Fuß. Die 20 Zimmer - 13 im Neubau und sieben über der "Hafenkneipe" - sind hell möbliert.

Schon viel Fernseh-Prominenz hat sich in dieser Umgebung wohl gefühlt, etwa Claus Theo Gärtner ("Matula") und, gleich über viele Wochen, Joseph Vilsmaier, Regisseur des "Gustloff"-Films. Das viel diskutierte TV-Drama wurde nämlich größtenteils hier, direkt vor der Tür, gedreht. Die "Hafenkneipe" hat man dafür zum Kolonialwarenladen gemacht. Aber hinter der Fassade lief die Wirtschaft auf vollen Touren.

Restaurantleiterin Claudia Harms und ihre Crew verwöhnten nach den anstrengenden Drehtagen die Stars von Lauterbach bis Wiesinger, zum Beispiel mit Matjes an Pumpernickel oder einer Sauerkrautsuppe nach dem angeblichen "Geheimrezept von "Mudder Ringelnatz".

Den Erkenntnissen ihres Sohns und seinem Daddeldu schließen sich alle und auch der Autor dieser Zeilen nur zu gern an, wie etwa diese aus dem Gedicht "Hafenkneipe":

"Die Matrosen kommen, gehen. / Alles lebt vom Wiedersehen. / Ein gegangener Gast sehnt sich zurück."