Durchlöchert wie Schweizer Käse laden einige Bergwerke Touristen ein - vier Beispiele mit interessanten Angeboten

Kaum ist es draußen endlich richtig warm, sehnt man sich schon wieder nach Erfrischung. Schwüle Tage sind deshalb perfekt für einen Besuch in einem Bergwerk. Unter der Erde ist es angenehm kühl und überhaupt nicht langweilig.

Die sauberste Luft hat das Bergwerk Bodenmais im Bayerischen Wald

Der Eintritt ins Berginnere ist wie ein Sprung in einen kühlen See. 600 Meter unter der Erdoberfläche ist es fünf Grad kalt. Es riecht ein bisschen modrig. Irgendwo plätschert Wasser. Bergwerksführer Sam führt die Gruppe auf einer Wanderung durch den stillgelegten Stollen, klettert Holzleitern hoch und schiebt sich durch enge Schächte. "Der Silberberg ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse" erklärt er.

60 verschiedene Mineralien "wachsen" hier. Regelmäßig kommen Studenten der Technischen Uni München, um die Gesteine zu erforschen. Früher wurde das Erz zu Silber veredelt, später Polierrot hergestellt mit dem man optische Linsen poliert. Heute dürfen die Besucher den Schlangenbohrer ausprobieren, mit dem früher gearbeitet wurde. Ein paar Sekunden reichen: Der Lärm ist ohrenbetäubend. Im Nachbarstollen ist es wieder mucksmäuschenstill. Die Luft ist 100 Prozent pollenfrei. Deshalb kommen viele Patienten mit Atemwegserkrankungen. Sie liegen eingemummelt in Schlafsäcke auf weißen Plastikliegen. Ein paar Stockwerke tiefer hangeln sich Manager auf Stress-Abbau-Seminaren über Hängebrücken und Strickleitern durch den nassen Fels.

Afrikanische Musik aus dem Berg: Kupferbergwerk Røros, Norwegen

"Kopfschutz ist Pflicht" sagt Lars Geithe und verteilt vor dem Eingang zur Olavsgrube im norwegischen Røros gelbe Helme. Je tiefer der Fels überhängt, desto häufiger stößt man sich den Kopf. Im Stollen schimmern die Wände feucht. Dort wo das Metall im Fels oxydiert ist, leuchtet das Gestein wie ein türkisfarbener See. Irgendwo hämmert jemand. Plötzlich ertönen Stimmen, dann singt jemand ein Lied. Kurz darauf dröhnen Bohrmaschinen. Per CD-Player lässt man die Geräusche der damaligen Zeit wieder aufleben. 1936 bis 1972 wurde hier Kupfer abgebaut. Mehr als 50 Gruben gab es im ganzen Gebiet.

Im früheren "Pausenraum" der Bergwerksleute dürfen sich Besucher auf Stühle setzten, die aus Dynamitkisten gefertigt wurden und bequemer sind als sie aussehen. "Bergarbeiter waren angesehene Leute", sagt Lars. Sie hatten viele Privilegien. Und noch heute sind die Einwohner der Bergwerksstadt Røros stolz auf ihre Vorfahren. Im Sommer finden im Stollen Konzerte regionaler Künstler statt. Im vorigen Jahr begeisterte ein afrikanischer Gospelchor.

Hightech und Dinner: Salzbergwerk Berchtesgaden im Chiemgau

In Schutzoveralls rauschen die Besucher in einer kleinen Bahn ins Salzbergwerk Berchtesgaden. Im "Kaiser-Franz"-Sinkwerk angekommen, geht es noch eine Etage tiefer: Auf einer Holzrutsche, wie sie die Bergarbeiter früher nutzten, schießen sie mit rasantem Tempo hinunter - und kreischen dabei wie in der Achterbahn. Um die Sicherheit braucht sich niemand Sorgen zu machen. Alles wird per EDV überwacht. Die Gäste schippern auf einem Floß über einen unterirdischen Salzsee. Es ertönt klassische Musik, und an den Wänden huschen sechseckige Figuren aus Laserstrahlen entlang, die Salzkristalle darstellen sollen.

Das Salzbergwerk ist noch aktiv. Jeden Tag werden 240 Tonnen Salz produziert. In der "Schatzkammer" zeigen mannshohe Glas-Pyramiden, wie viel das ist. Rundherum stehen Computerkonsolen wie im Raumschiff "Enterprise"; bei Berührung der Touchscreens werden Fragen rund ums Salz beantwortet. Wer mag, kann im Salzlabor Sole schmecken. Ein geschmacklich schöneres Erlebnis ist jedoch ein Gala-Dinner unter Tage. Auf roten Tischdecken mit Hunderten Kerzen wird zum Beispiel Königsseeforelle aus der Salzkruste serviert. Wer dagegen an Schlafstörungen leidet und Ruhe braucht, bucht einen Abend Tiefenentspannung mit tibetischen Klangschalen im Salzheilstollen.

Pilzernte unter Tage: Eisenerzbergwerk Kiruna in Nordschweden

500 Meter unter der Erdoberfläche hat Sven-Ivan Melle den Automotor abgeschaltet und die Scheinwerfer ausgedreht, um den Besuchern zu zeigen, wie wenig ein Blinder sieht. Selbst die eigene Hand vor Augen ist nicht zu erkennen. Dann dreht er die Lampen wieder an und fährt tiefer in die Grube - er will nachschauen, ob er frische Pilze ernten kann. Der ehemalige Bergwerkselektriker und EDV-Berater züchtet Shiitake-Pilze im größten Eisenerz-Untertagebergwerk der Welt.

Täglich verlassen mehr als 14 Züge mit Waggons voll erbsengroßer Eisenerzkugeln die Mine "Kirunavaara" in Richtung Europa, Asien und Afrika. Zigtausend Urlauber besichtigen jährlich die Mine in der nördlichsten Stadt Schwedens. Aber die wenigsten kennen Svens alternative "Mushroom-Tour". Für sein Pilzlabor hat er einen eigenen Seitenstollen gemietet. Dort sieht es aus, wie in einem Schwimmbad. Wasserdampf zischt aus der Sprinkleranlage. Tropfen rinnen von den kahlen Wandfliesen. "Hier unten ist es immer 15 Grad warm, auch wenn draußen die Sonne brennt", sagt Sven und klopft sachte auf den mit Pilzsporen geimpften Holzstamm. "Damit imitiere ich den japanischen Sommerregen, der gibt in der Natur den Pilzen nämlich den letzten Kick zum Wachstum."

Seine Pilze verkauft Sven-Ivan Melle an die besten Gourmetrestaurants in Stockholm.