Dimitri läuft vom Nacken her rot an, in seine Stirn hat sich eine tiefe Falte gefräst, sein Gesicht zeigt wilde Entschlossenheit. Ein Lkw-Fahrer hat gewagt, ihn zu überholen. Dimitri mit der massiven Goldkette um den Hals wird es ihm zeigen. Den flehenden Blick der wissenden Führerin auf dem Beifahrersitz ignoriert er. In einer unübersichtlichen Kurve setzt er zur Verfolgungsfahrt an, überholt den trötenden Lastwagen und sieht aus dem Seitenfenster mit einem Blick auf dessen grinsenden Fahrer. Ein Blick, der töten könnte, wäre er eine Waffe.

Dimitri chauffiert Touristen auf dem Peloponnes. Nicht mehr so viele wie in den Jahren zuvor. Noch nie, so sagte Dimitri lachend vor der Abfahrt, könne man entlang der Straßen so viele Vögel zwitschern hören. Nur selten wird es vom Verkehrslärm erstickt. Müsste er da nicht pfleglicher mit seinen ängstlich bibbernden Insassen aus Belgien, England, den USA und Deutschland umgehen?

Beim Essen auf einer Terrasse über dem Meer kann sich niemand so recht entspannen. Vier Gänge, leckerer fangfrischer Fisch, reichlich Wein. Aber unter den Speisenden gibt es nur ein Thema: Dimitris Fahrweise. Marina, unsere Führerin, quetscht schließlich aus einem zum Strich gewordenen Mund: "It's a man, you know!" Ein Belgier lacht, die Briten stimmen ein, die Amis nicken und verdrehen die Augen, nur die Deutschen mäkeln wieder mal.

Es sei noch nie etwas passiert, will Marina beruhigen. Dann erklärt sie, dass der griechisch-orthodoxe Zeitgenosse mystisch gestimmt sei, die Dinge auf sich zukommen lasse, ein gewisser Zug zum Fatalismus sei ihm nicht fremd. Der Gläubige weiß sich aber von einer Vielzahl von Heiligen beschützt. Was allerdings für Nichtorthodoxe nicht gilt. Auf der Rückfahrt ins Hotel setzt der Raser zum Überholen eines Busses an, als plötzlich ein Baufahrzeug aus einer Seitenstraße einschert. Vollbremsung, alles fliegt im Wagen durcheinander, alle fluchen oder schreien. Auch Dimitri flucht. Marina ist schweißgebadet und betet mit Sicherheit. Wir hörten, dass man in Griechenland bisweilen schon mit Mitte vierzig in Rente geschickt werden kann. Warum hat man diesen Rüpel mit Mitte fünfzig noch nicht pensioniert?