Eine Glosse von Bernd Schiller

Essen im Norden? Nix als Bauernfrühstück und Mettwurstbrot, Pannfisch oder Strammer Max? Das mag im letzten Jahrhundert so gewesen sein. Heute wird dort regional und saisonal gekocht, feinheimisch und bewusst. Und mancherorts total international. In Gelting zum Beispiel, 1800 Einwohner, zwischen Kappeln und Flensburg gelegen.

Wer dort abwechslungsreich speisen will, wird womöglich schon vom Suchen satt. An der Hauptstraße wirbt zunächst mal Gulan Ahmed in seinem "Maharaja"-Palast mit einer authentischen indischen Küche, die aber eigentlich aus Pakistan stammt, so wie der Chef selbst. Ein paar Schritte nur, und wir sind in Griechenland, Krise hin oder her, auch Kostas Papavlasiou kocht im "Poseidon" sympathisch und heimattreu, Grillteller, Bifteki, Alexis Sorbas vom Band. Und dann ist da noch, wenige Meter weiter, "Niko", wunderbare Küche, aber etwas verwirrend, das Angebot ist italienisch, der nette Niko jedoch von Haus aus Türke.

Und dann der Hammer ... besser gesagt: das Hämmerle. Auf die Frage, ob es denn hier nichts Deutsches gäbe, kulinartechnisch, schickt uns jemand nach Pommerby, einen Katzensprung vom globalen Dorf entfernt. Dort steht der Gasthof "Möwe Jonathan". Wenn das nicht nach Wind und Meer, nach Labskaus und Angler Sattelschwein klingt.

Das Restaurant empfängt denn auch kuschelig, Trotteln an den Tischdecken, Omas feines Geschirr im Regal. Aber auf der Karte: geschmälzte Maultaschen, Flädlesuppe, Schupfnudeln mit Speck. Ha noi, das schlägt ja die Exotik von der Hauptstraße bei Weitem.

Vor fast 30 Jahren ist die "Möwe Jonathan" im alten Dorfkrug gelandet. Erst hat Mutter Mall dort den urschwäbischen Löffel geschwungen, immer ein Klecksle Sahne mehr. Neuerdings kocht Sohn Timo, genauso liebevoll, aber eben auch, wie Kostas oder Ahmed, sehr authentisch. Ein bisschen crossover ist allerdings möglich, Hamburger Knackwurst mit Linsen oder Spätzle zum Beispiel. Dazu eine Flasche Flens - oder eben ein Glas Strümpfelbacher Nonnenberg ...