Der Inselstaat Malta pflegt seine Traditionen und hat sich ein Stück Aberglaube bewahrt. Von Afrika ist es nur durch rund 290 Kilometer getrennt.

Wenn Claudia Zammit morgens aus dem Fenster schaut, lacht sie fast immer die Sonne an, sogar im Winter. Die deutsche Reiseleiterin lebt seit 20 Jahren in dem kleinen Inselstaat. Bei guter Sicht, sagt sie, könne sie Sizilien sehen, es sind bis dahin nur 90 Kilometer. Etwa 290 Kilometer trennen Malta von Afrika.

Der Bus, mit dem uns Claudia vom Flughafen abholt, stammt aus ganz anderen Breiten. Es ist ein Doppeldecker, wie man ihn aus London kennt. Auch auf Malta wird links gefahren. Neben der englischen Sprache, die zweite Amtssprache ist, ein weiteres Überbleibsel aus der Zeit, als noch der britische Union Jack über Malta wehte.

Unser Weg führt durch Dörfer und Siedlungen in den Norden der Hauptinsel - nach Mellieha. Viele der neueren Häuser wirken einfach gebaut, einige nur halb fertiggestellt, aber bewohnt. "Manche Bauherren haben sich seit der Einführung des Euro mit ihren Projekten schlichtweg übernommen", erklärt Claudia. Außerhalb der Ortschaften wird die besondere Topografie der Insel deutlich. Das karge Land ist durchzogen von kleinen Hügeln, zwischen denen schmale Landstraßen ihren Weg fast von allein finden. Ab und zu sieht man, wie das Meer mit heller Gischt an die schroffe Steilküste schlägt. Zwischen den Feldern stehen einfache Häuser oder schlichte Hütten der Bauern. Niedrige Natursteinmauern umrahmen die Felder, viele Äcker sind in Terrassen angelegt - eine schwierige Situation für die Landwirtschaft. Mühsam müssen die Erträge dem Boden abgerungen werden, das wird Besuchern sofort klar.

Nach halbstündiger Fahrt erreichen wir das Hotel - und werden mit einem Kinnie begrüßt. Das maltesische Nationalgetränk ist ein Gemisch aus Bitterorangenlimonade und Kräuteressenzen, bestimmt sehr gesund und durchaus erfrischend. Unser Domizil für die nächsten Tage liegt auf einem kleinen Hügel. Rundherum taucht das Licht der milden Wintersonne die Stadthäuser in einen zauberhaften Goldton. Gebaut wird fast ausschließlich mit hellem Sandstein, dem typisch maltesischen Material. Bunte Erker aus Holz im ersten Stock zieren die Fassaden. Mitten im Zentrum von Mellieha ragt die Kirche Mariä Geburt hoch hinaus. Auch sie leuchtet im Abendlicht. An ihrer Fassade entdecken wir zwei Uhren: eine mit der echten Zeit - und eine mit einer falschen Zeitangabe, um den Teufel zu verwirren. So jedenfalls erklären es die Einheimischen. Mariä Geburt ist nicht die einzige Kirche auf Malta, an der die Uhren anders ticken.

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Mit einem maltesischen "Bongou!" begrüßt Claudia am nächsten Morgen unseren Fahrer, der diesmal mit dem Kleinbus kommt. Maltesisch - oder Malti - ist ein bunter Sprachenmix mit vielfältigen Einflüssen. Der Wortschatz ist stark vom Italienischen geprägt, auch französische Lehnworte und arabische Einflüsse finden sich. Unser Ziel an diesem Tag ist die Hauptstadt Valletta, seit 1980 Weltkulturerbe der Unesco. Auffallend an dieser 1566 gegründeten und nach dem damaligen 49. Großmeister des Johanniterordens, Jean Parisot de la Valette, benannten Stadt: die quadratische Anlage der Straßen.

Die Republic Street, autofreie Hauptstraße innerhalb der alten Stadtmauer, bietet neben den imposanten Altbauten alle Annehmlichkeiten einer modernen Einkaufsstraße. An ihr liegt auch der Palace of the Grand Masters, heute der Sitz des Präsidenten und des Parlamentes. Schon 1571 wurde der Bau begonnen, aber erst im 18. Jahrhundert erhielt er seine heutige Form.

Unser Weg führt über den Republic Square unter den Augen der Statue von Queen Victoria vorbei zu St. John's Co-Cathedral. Die reichhaltig vergoldete Kirche - eine Hauptattraktion der Stadt - wurde 1577 als Konventskirche des Johanniterordens geweiht, im 17. Jahrhundert durch die Residenz des Großpriors erweitert und 1816 von Papst Pius VII. zur zweiten Kathedrale des Erzbistums Malta ernannt. Noch heute zeugen die acht Seitenkapellen mit Sarkophagen der Großmeister, aufwendigen Intarsienarbeiten, Wappen und Wandreliefs von der Zeit und der Macht des Ordens, der mit seinem Kreuz die vier Kardinaltugenden darstellt: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Der Orden hatte Malta von Kaiser Karl V. bekommen - symbolische jährliche Pacht war ein Falke.

Auf dem Rückweg nach Mellieha stoppen wir in Mdina, bis 1571 Hauptstadt Maltas. Durch ihre Lage auf einem 185 Meter hohen Plateau hat man einen wunderbar weiten Blick ins Landesinnere. Die vielen gut erhaltenen historischen Gebäude mit ihren reich verzierten Fassaden und die schmalen, gepflasterten Straßen und Gassen vermitteln einen Eindruck vom hiesigen Leben Mittelalter . Für den Abend hat Claudia eine Weinverkostung in der Grotto Tavern in Rabat reserviert. Weinanbau ist auf der Insel ein hartes Geschäft. Obwohl Boden und Klima ideal sind, werden Trauben aus Italien zugekauft, denn wegen der geringen Feldgrößen lohnen sich keine großen Maschinen.

Wer auf Malta ist, sollte auch die Nachbarinsel Gozo besuchen. Dorthin geht es per Autofähre, obwohl mancher über eine Brücke nachdenkt. Doch dann wäre es wohl vorbei mit der Ruhe. "Noch ist auf Gozo alles stiller und auch günstiger", sagt Claudia. "Mit einer Brücke wäre das schnell anders."

Auch Gozo kann mit einem Unesco-Weltkulturerbe aufwarten: der Ggantija-Tempelanlage. Manche Wände und Grundrisse dieser um 3600 vor Christus entstandenen Bauwerke sind noch erhalten und zeugen von der aufwendigen Konstruktion mit überdimensionalen Steinen. Auf Gozo befindet sich auch die im Sommer sehr beliebte Ramla Bay, die neben Golden Bay und Mellieha Bay zu den schönsten Stränden des Landes gehört. Die Rückfahrt zum Hafen führt entlang der Westküste der Insel zum Azure Window - eine Felsformation, die wie eine Brücke ins Meer ragt, geformt von den Kräften des Wassers.

Sehr viel beschaulicher wirken dagegen die kleinen bunten Fischerboote, die wir an unserem letzten Tag auf Malta im Hafen von Marsaxlokk entdecken. Übersetzt bedeutet dieser Name so viel wie "Hafen der warmen Winde". Auffallend sind die aufgemalten Augen am Bug der bunten Schiffe. Sie sollen den bösen Blick abwenden und die Fischer schützen.

Impressionen von Malta unter www.abendblatt.de/maltavideo