Viele autofreie Skiorte in den Alpen bieten Möglichkeiten der “sanften Mobilität“. Serfaus ist bereits vor 26 Jahren auf die U-Bahn umgestiegen.

Es war ein echtes Wagnis, damals, im Jahr 1983. In dem kleinen Bergdorf Serfaus in Tirol, wo immer mehr Skifahrer die wenigen Straßen verstopften, hatte man eine verwegene Idee: Eine U-Bahn sollte her. Den Einwohnern stanken die Besucher, von denen sie lebten. Die Wintersportler mussten einmal durchs Dorf, rund eineinhalb Kilometer, um zur Seilbahn zu kommen. Mit dem Auto. Morgens hin, abends zurück.

Eine unterirdische Luftkissenbahn wie in Denver schien die Lösung des Problems, erzählt Alfred Tschuggmal, der so etwas wie der Dorfhistoriker ist. Sechs Meter tief war der durchs Dorf gezogene Schacht, Häuser mussten abgestützt werden, gelegentlich landete Mist aus den Kuhställen in der Betonröhre. Seit dem 14. Dezember 1985 fährt die Bahn: Parkplatz, Kirche, Raika, Seilbahn - so lautet die Haltestellenliste. Knapp 1500 Meter lang ist die Strecke, nur ein paar Minuten dauert die Fahrt unter dem Dorf.

Mit dem Beginn der Wintersaison ist der Ort nun seit 26 Jahren autofrei. Auch die Einheimischen verzichten. Gäste dürfen ihren Wagen nur zum Hotel lenken und für die Dauer des Urlaubs abstellen. Dann geht es zu Fuß weiter. Oder alternativ mit der kostenlosen U-Bahn.

Serfaus ist allerdings nicht der einzige Wintersportort in den Alpen, in dem die Autos der Urlauber im Winter draußen bleiben müssen. "Auf der Südseite von Österreichs höchstem Berg, dem Großglockner, ist das Skigebiet Mölltaler Gletscher gänzlich autofrei", sagt Markus Aspetzberger, Sprecher der Österreich-Werbung in Deutschland. Eine Tunnelbahn fährt vom Tal hinauf in das Skigebiet, das Auto kann auch für längere Zeit abgestellt werden.

Wer in Werfenweng im Salzburger Land mit der Bahn anreist oder seinen Autoschlüssel nach der Ankunft abgibt, kann auf "sanfte Mobilität" umsteigen, wie es dort heißt: Elektroautos, Scooter und Fahrräder stehen den Gästen rund um die Uhr zur Verfügung, ebenso ein persönliches Anruftaxi sowie das Werfenweng Shuttle.

Die Zentren von Saalbach und Hinterglemm im Pinzgau sind ganzjährig für den Autoverkehr gesperrt, in Ischgl in Tirol wird die Innenstadt im Winter zur Fußgängerzone. Auch Oberlech in Vorarlberg ist im Winter autofrei - dann ist das Dorf nur per Bergbahn oder über die Piste zu erreichen. Die Bewohner und Hotels werden über ein Tunnelsystem versorgt, auch das Gepäck der Gäste kommt so ans Ziel.

Anstrengend wird es für Besucher des Kaisertals im Tiroler Kaisergebirge. Erst seit gut drei Jahren führt überhaupt eine Straße von Ebbs aus in das Dorf - allerdings nur für Einwohner, Betriebe und Einsatzfahrzeuge. Alle anderen müssen wie bisher die 280 Stufen des "Kaiseraufstiegs" erklimmen.

Im Kleinwalsertal an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland soll ebenfalls weitgehend auf das Auto verzichtet werden - sommers wie winters. Der Walserbus verbindet die Orte des Tals. Im Sommer stellen einige Hotels im Tal ihren Gästen bei Abgabe des Autoschlüssels gebührenfrei Mountainbikes und Fahrräder zu Verfügung. In Oberstdorf ist der Ortskern autofrei - und damit hat die südlichste Gemeinde Deutschlands sogar einen Rekord geschafft: Mit 22,7 Hektar, das entspricht knapp elf Prozent des Stadtgebietes, ist der Ortskern die größte zusammenhängende Fußgängerzone der Welt.

Durch den Ortskern von Reit im Winkl im bayerischen Chiemgau dürfen noch Autos kurven, das als Schneeloch geltende Skigebiet auf der Winklmoosalm dagegen ist ebenfalls autofrei. "Eine Mautstraße führt von Seegatterl aus auf den Berg, allerdings ist sie nur im Sommer für den allgemeinen Verkehr geöffnet", sagt Tourismusdirektor Florian Weindl. Im Winter fuhr viele Jahre ein Linienbus auf das Hochplateau, seit ein paar Jahren ist eine Gondelbahn im Einsatz.

In den Schweizer Kantonen gibt es - im Gegensatz zu Bayern - viele autofreie Dörfer. Das bekannteste von ihnen ist Zermatt im Kanton Wallis: Umgeben von 38 Viertausendern, einer davon das Matterhorn, verkehren in dem urigen Promi-Bergdorf bereits seit 1947 ausschließlich Elektromobile ohne Verbrennungsmotor. Die Urlauber können zwar mit dem Auto bis etwa fünf Kilometer heranfahren - in Täsch muss das Fahrzeug dann allerdings geparkt werden. Zwischen Täsch und Zermatt verkehren Shuttle-Züge der Matterhorn-Gotthard-Bahn, die die Urlauber alle 20 Minuten mitten ins Dorf bringen.

Vergleichsweise ruckelig ist die Tour nach Wengen: In das Dorf in 1270 Meter Höhe am Fuß der Jungfrau fährt eine Zahnradbahn. Eine Viertelstunde dauert die Fahrt, die Urlauber von Lauterbrunnen aus in eine andere Welt bringt. Ebenfalls oberhalb des Lauterbrunnentals, auf 1650 Metern, liegt Mürren - auch in das urige Dorf im Berner Oberland geht es ausschließlich per Bahn.

Zwei autofreie Orte liegen auf der anderen Seite der Jungfrau und gehören zum Unesco-Welterbe: die Bettmeralp und die Riederalp. Beide Gemeinden sind nur per Seilbahn zu erreichen. Ebenfalls autofrei im Wallis: Saas-Fee. Mitten in den höchsten Bergen der Schweizer Alpen liegt Saas-Fee in einem Talkessel, umgeben von 13 Viertausendern.

Die meisten autofreien Orte der Schweiz finden sich im Wallis, doch auch in den übrigen 25 Kantonen gibt es zahlreiche Gemeinden, in denen das Auto Pause hat - zur Verbesserung der Lebensqualität aller.