Der Radiosender weckt mit Calypso, eine Schönheitskönigin betreut die Gäste im Hotel, und das Wetter ist auch perfekt. Was, bitte, will man mehr?

"88-67-98" - Petley O'Keiffe lacht ein bisschen verschämt, als sie ihre Maße nennt, mit denen sie zur Schönsten im Land gekürt wurde. Auf drei Zahlen folgen drei Wünsche: "Ich wäre gern ein Model - und Titelmädchen für die ,Vogue'." Außerdem hätte sie gerne ein tolles Auto. Der Model-Vertrag kann ja noch kommen, und einen Kleinwagen als Preis für Miss Antigua ist kein schlechter Anfang.

Das Leben der hübschen Antiguanerin hat sich verändert, seit sie zur Schönheitskönigin gewählt wurde. "Ich werde auf den Straßen angesprochen: ,Miss Antigua, wie geht's?', ,Miss Antigua, schön Sie zu sehen!'" Manchmal hat sie das Gefühl, dass jeder Schritt beobachtet wird - das nervt. Aber das einfache Mädchen Petley möchte sie auch nicht mehr sein. "Ich helfe bei Wohltätigkeitsveranstaltungen, zum Beispiel für aidskranke Kinder, und ich darf bei offiziellen Anlässen repräsentieren."

Ansonsten arbeitet die 28-Jährige als Gästebetreuerin im "Blue Waters Hotel", wo sie viele Erinnerungsfotos mit Gästen machen muss. Petley ist keine Angeberin und von frappierender Ehrlichkeit. "Essen und schlafen sind meine Hobbys!" Schallendes Gelächter. "Eigentlich dürfte ich das gar nicht sagen, aber im Ernst: Ich hasse Nightclubs und liebe Mamas Salzfisch." Auf einer Insel, die manchmal wie ein einziger Tanzboden wirkt, auf der die Menschen bei jedem Schritt die Hüften wiegen, ist das erstaunlich. Tagsüber am Strand Volleyball spielen, schwimmen und schnorcheln - ja, das liebt sie. Und zwar am Schönsten der angeblich 365 Strände auf Antigua: an der Dickenson Bay. "Die ist lang, weißsandig und von Palmen gesäumt", sagt sie. "Ich will Spaß, Sport - und auf meine Linie achten!" Vor allem weil sie am Abend mit ihrem Freund lieber Nüsschen auf dem Sofa knabbert, als auf langweiligen Partys an Champagnerkelchen zu nippen.

"Guten Morgen, Antigua! Sie hören ABS Radio. Mein Name ist Alex Nicholas." Jeden Morgen um Punkt 5.30 Uhr karibischer Zeit weckt der Morningman seine Insel. "Ich sorge dafür, dass der Tag leicht und locker beginnt", erklärt der schwergewichtige Moderator. "Also spiele ich Musik, die dich aus dem Bett holt: fetzigen Calypso." Alex Nicholas, waschechter Wadadli, arbeitet seit mehr als zehn Jahren bei "ABS Radio Antigua". Nur einmal hat er Country gespielt, weil "ein Hörer aus Texas 14 Tage lang jeden Morgen anrief, um sich einen Countrysong zu wünschen."

Zwischen vier und fünf Uhr steht der 37-jährige Radiocrack auf. Am Wochenende hat er frei. "Dann kann ich auch mal ausgehen." Nicholas' Lieblingsadresse: der "Ribbit Nightclub". "Dort legen die bekanntesten DJs der Insel auf." Freitag sei der beste Tag, denn "da kommen die Mädchen ohne Eintritt rein ..." Und "später werden schnulzige Love-Songs gespielt" - die hört der Morningman am liebsten.

Touristen schätzen andere Inselmusik, am besten auf Antiguas höchstgelegener Aussichtsterrasse Shirley Hights. Jeden Sonntag um 16 Uhr treffen sich dort Romantiker, die Sonnenuntergänge lieben, Segler von den bis zu 400 Yachten im English Harbour und Musikfans, die zu den Klängen junger Reggae-Gruppen oder dem 25-köpfigen Halcyon Steel Orchestra wippen.

Seit mehr als 15 Jahren sind die Halcyons erste Wahl auf Antigua, wenn es um Steelbands geht. Die Urlauber staunen, dass man mit Stahlpfannen und Ölfässern solch harmonische Töne erzeugen kann. Bei den jungen Antiguanern ist das dagegen so altmodisch wie ein Klavier bei uns. Sie stehen auf Calypso.

Wenn es dunkel wird in Shirley Hights, knurrt der Magen. Zeit, essen zu gehen, im Terrassenlokal oder bei Julian. Julian Waterer ist bekannt hier. St. John's ist klein und überschaubar. Man kennt sich, den besten Koch der Stadt sowieso. Der Meister am Herd ist kein Wadadli und führt ein Leben, von dem viele in Europa träumen: Er besitzt eines der feinsten Lokale, ein Häuschen, und er kann, wann immer er will, an Strände fahren, die wie Postkarten aussehen. Tut er aber nicht. "Es ist komisch, nur wenn Freunde aus England kommen, gehe ich mit zum Baden." Man sieht's. Der Engländer ist nach 16 Jahren Karibik bleicher als britische Touristen am Ankunftstag. "Es reicht zu wissen, dass in der Nähe viele Traumstrände sind", erklärt der 49-Jährige.

Trotz der vielen All-inclusive-Anlagen eröffnete Julian vor zehn Jahren das "Julian's", ein Feinschmeckerlokal. Es gibt internationale Küche und Cajun-Style mit viel Paprika, Peperoni, Tomaten, Limonen und Pfeffer. Steaks und Lammrücken werden aus Miami eingeflogen. Den Fisch kauft Julian direkt vom Kutter und das Gemüse auf dem Markt. "Ob Bananen, Kartoffeln oder Polizisten: Alles stammt aus Dominica." Julian lacht: "Die Polizeibeamten, um keinen Antiguaner in die Verlegenheit zu bringen, zwischen Freund und Staat entscheiden zu müssen. Obst und Gemüse, weil Antigua zu wenig Regen für den Anbau abbekommt." Was ihm fehlt? "Eigentlich nur die Fußballergebnisse von Norwich ..."