Neben dem üblichen Programm zur Unterhaltung gibt es auf der “Deutschland“ ein weiteres: Das ZDF lädt zu Dreharbeiten mit Stars ein.

Frau S., eine pensionierte Lehrerin aus Düsseldorf, ist enttäuscht: "Harald Schmidt kommt erst in Dubai an Bord!" Aber Inka Bause und "diesen Kommissar" - sie meint Jörg Schüttauf - hat sie schon entdeckt. Es ist der erste Tag der Reise mit dem "Traumschiff", das die Gäste unter dem Motto "Traumstrände, Elefanten und Coco de Mer" von Mombasa zu den Seychellen und weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate bringen soll. Inklusive Vorprogramm, ein Tag am puderzuckerweißen Strand des "White Sands"-Hotels, der Name passt perfekt. Das üppige Frühstücksbüfett hat wenig mit Kenias Alltag zu tun. Um uns herum im Hotel eine heile Welt, wie sie im "Traumschiff" am liebsten gezeigt wird.

Die schätzt der Zuschauer inzwischen seit 180 Folgen. Die "Deutschland" ist das vierte "Traumschiff" nach "Vistamar", "Astoria" und "Berlin".

Gewaltiger "Käse" sei dabei zu sehen gewesen, gibt Produzent Wolfgang Rademann am anderen Tag an Bord freimütig zu. Aber alles jugendfrei. "Keene Gewalt, keen Sex, die Kinder werden nicht versaut! Aber 10 Millionen Zuschauer sehen jede Folge. Und ich will ja keinen Grimme-Preis dafür", sagt der Mann, der keinen einzigen warmen Mantel besitzt. "Weil ich ja im Winter immer an Bord bin."

Den benötigt er auch auf dieser Reise wieder nicht. Immerhin, Luft 31 Grad, Wasser im Pool 26 Grad. Erster Seetag, 900 Seemeilen noch bis zur "Insel der Seligen", den Seychellen. "Nonne" Marita Marschall, besser bekannt als ZDF-Fernsehkommissarin, harrt tapfer in hochgeschlossener, gestärkter Nonnenkluft und blickdichten Strümpfen aus, Scheinwerfer werden geschleppt, reflektierende Spiegel hochgehalten, die Stylistin holt Puderquaste und Bürste heraus. Das Produktionsteam steht um die "Nonne" herum. Passagiere schlendern wie zufällig vorbei. An Statisten besteht hier wahrlich kein Mangel. Wir sind ja noch am Anfang jener Reise, die man nicht zuletzt buchte, um hier und da in einer Sequenz zu sehen zu sein.

"Traumschiff-Tourismus", eine Nische auf dem hart umkämpften Kreuzfahrtmarkt? Noch sind alle Gäste begierig, mitzumachen bei den Dreharbeiten zur "Traumschiff"-Folge "Emirate" und stehen Schlange an der Rezeption, um Namen und Kabinennummer zu hinterlegen, falls noch Mitwirkende gesucht werden. Am Ende dieser Reise von Mombasa nach Dubai, die vollgepackt ist mit Ausflügen zu den letzten Paradiesen der Erde, sieht es schon etwas anders aus. Da ist das nicht mehr der Fall, dass sich das Produktionsteam kaum der Freiwilligen erwehren kann, die mitspielen wollen.

Denn an Tag 14 der Reise muss das Fernsehteam schon mit Handzetteln in Kabinen-Briefkästen um Mitwirkende buhlen. Gedreht wird die Schlussszene der Story um einen Klavier spielenden Wunderknaben, der sich in seine Fitness-Trainerin verliebt. Es finden sich doch noch Gäste, die statt Shopping im alten Souk von Maskat doch lieber den Dreharbeiten beiwohnen wollen, und so ist dann für diese Szene alles im Kasten, inklusive der Passagiere in Abendgala-Outfit, die von Regisseurin Karola Meeder zu "frenetischem Applaus" animiert werden.

Dabei ist dieser Musikgenuss nicht das einzige Kulturevent auf dieser Reise. Schließlich will die "Deutschland" mithalten können in Sachen Bordprogramm: Ein hochkarätiges Kammermusiktrio ist an Bord, ein Bordpfarrer, der einen Vortrag über die Kunst des Morgenlandes hält, und eine Musicalsängerin, die sich nicht zu schade ist für ein "Ave Maria" im Gottesdienst des Pfarrers. Begleitet wird sie vom Kreuzfahrtdirektor, im Landleben ein veritabler Organist.

Einen Seetag später ist bekannt: Nichts entzückt die Passagiere so sehr wie bayrische Blasmusik - ein Prost auf die Gemütlichkeit, mitten auf dem Meer. Nur der "Traumschiff-Kapitän", Schauspieler Siegfried Rauch, sitzt statt vor Freibier oder Obstler vor grünem Tee, anstelle einer "Haxn" hat er Salat vor sich. Nach einer Woche ist er nicht wiederzuerkennen, ein Asket, getrimmt von seiner Personal-Trainerin, er rennt und rennt und rennt, vorm Dreh, nach dem Dreh. Wenn die Passagiere zum Frühstück kommen, hat er bereits seine Runden hinter sich. "Schlecht sieht er aus", ist dann auch der besorgte Kommentar einer Passagierin, die erleichtert konstatiert, dass ihm das Kapitänsmützen-Gesicht nicht abhanden kam. Das war die Grundvoraussetzung, so die Mär, damals, als ein neuer TV-Kapitän gefunden werden musste. Der Produzent reiste mit der Mütze durch Deutschland, bis er jenen Schauspieler fand, auf dessen Kopf sie gut aussah: den "Bayerischen Bergbauern Sigi Rauch" - der hatte dann die Rolle.

Noch länger als er, nämlich 29 Jahre zum "Inventar", gehört "Hostess" Heide Keller, die auch mal privat mit der "echten" Hostess der "Deutschland" zum Heilfasten in den Urlaub fährt. Soeben steht sie ganz oben auf dem Peildeck, kämpft mit Wind und Hitze, das Schiff hat inzwischen festgemacht in Victoria, der Hauptstadt der Seychellen. Unten am Spa muss "Fitnesstrainerin" Inka Bause zu Film-Kommandos wie "43, 1, die Zweite" die Treppe hoch- und runterjoggen. Diesmal hat Bause nur drei Drehtage, sie kann also diese Reise genießen. Für die anderen heißt es: Zäh ist das Warten, heiß die Luft.

Regisseurin Karola Meeder, die einst als Requisiteurin in der "Schwarzwaldklinik" ihren Beruf begann, sucht derweil nach dem rechten "Rhythmus" in dem Bestreben, aus "einem Plot lebendige Figuren" herauszumeißeln. Sie verteilt Gummibärchen an ihr Team, treibt aber auch zur Eile, "macht zu, in eineinhalb Stunden geht die Sonne unter!"

Anderntags geht es weiter - mit dem Dreh in der Hauptküche. Und es ist schon bitter, auf einer der schönsten Inseln zu weilen und nicht an Land zu können.

Aber einer der Gäste kommt gerade zurück und mault: viel zu einsam. Hier würde er es nicht eine Woche aushalten. Das Wasser sei auch keine wirkliche Erfrischung; er sei nicht zum Planschen in türkisfarbenem Wasser hier. Die Dreharbeiten jedoch sieht er als Teil des Aktivprogramms. Und heute Abend werden 50 Komparsen gesucht, eine Gala mit Auftritt des Crewchors - da macht er mit.

18.14 Uhr, die Sonne versinkt im Meer, drei lange Seetage liegen vor uns. Auf der Lidoterrasse Melancholisches von der Klarinette, süßschmelzend die Klänge der Bratsche, und alle freuen sich aufs Sechs-Gänge-Menü; overdressed die Damen wie immer auf deutschen Kreuzfahrtschiffen, und alle waren im Friseursalon, der den Namen eines Berliner Coiffeurs trägt.

Am Seetag dann erzählt ein Parfumeur, der teure Duft sei wie die Liebe: ein bisschen ist nie genug. Zeigt, wohin es aufzutragen sei, damit es nicht "wie Maggi" rieche. Genug bekommen die Passagiere auch nicht von den Gottesdiensten, die beim Bordpfarrer gern mal zum kunstphilosophischen Seminar ausarten. Sie singen aus vollem Herzen "Geh aus mein Herz und suche Freud", wollen alles wissen über das Bilderverbot des Islam, schließlich nähern wir uns dem Morgenland. Der Organist gleitet über die Tasten wie Clayderman, und der Bordpastor ruft uns nach: "Feiert, freut euch" - aber warnt uns vor dem Turmbau zu Babel, wie er uns in Dubai erwarten werde.

Prächtig anzusehen ist der Palast Al Butan in Maskat, erbaut von einem Herrscher, der verliebt war in Elfenbein - hier dürfen Touristen nicht hinein, warnt man die Reisenden - alle versuchen es trotzdem und schlendern durch des Sultans Palast, wo in güldener Lobby ein elektrisches Klavier spielt und der ansonsten Staatsoberhäupter wie Sarkozy beherbergt.

Zurück an Bord finden alle Passagiere auf dem Kopfkissen Schokolade. Herzen. Für alle, deren Herz schon schwer ist - morgen sind sie in Dubai, am Ziel.

Auf die Passagiere warten die Limousinen mit Chauffeur, die sie zum Flughafen fahren werden. Das Produktionsteam jedoch bleibt an Bord und wartet auf die Kollegen für die nächste Folge. Und auf Harald Schmidt.

Künftige Reisen mit der MS "Deutschland", auf denen "Traumschiff"-Dreharbeiten stattfinden:

4.1. - 22.1.2010: Balboa nach Valparaiso (ab 6250 Euro)

27.2. - 13.3.2010: Manaus bis La Guaira (ab 4920 Euro)

12.3. - 30.3.2010: La Guaira bis Lissabon (ab 5615 Euro)