Gewonnen! Meine beste Freundin, die wohl etwas zu oft Fernsehen schaut, hat Glück gehabt - und bei einem Mitmachsender eine Woche in der Türkei in einem "5-Sterne-Hotel in Side" gewonnen. Und ich darf mit, es ist ein Gewinn für zwei Personen! Na gut, wir müssen den Flug und den Einzelzimmerzuschlag selbst bezahlen und sind dadurch jede mit circa 300 Euro extra dabei. Doch die Vorfreude ist riesig!

Der Gewinn enthält sogar noch einen "Ausflug nach Pamukkale inklusive einer Übernachtung in einem dortigen Thermal-Hotel". Klingt doch alles vielversprechend, oder? Erste Zweifel regen sich, als die Kollegen anmerken, dass es sich bei dieser Art von "Gewinnen" meist um reine Verkaufsveranstaltungen handelt. "Wolle Teppisch kaufen?", unken sie grinsend. "Ach Quatsch", wehre ich ab, "ihr Miesepeter, alles wird gut!"

Am Flughafen Hamburg morgens um 7 Uhr angekommen - die erste böse Überraschung. "Nehmen Sie Ihr Gepäck bitte wieder runter, Sie sind nicht auf dem Flug gebucht!" Wie bitte? Wir halten doch die Tickets von Bonus-Reisen in der Hand. Es hilft nichts, 14 andere Reisende erleben das gleiche. Doch um 8 Uhr die Erlösung: Wir dürfen alle doch mit, wahrscheinlich nur ein Übermittlungsfehler. Nach dreistündigem Flug und einem Gummi-Sandwich im SKY-Flieger werden wir vom türkischen Reisebegleiter im Bus erst mal abgezockt: 15 Euro pro Person sammelt er für "erhöhte Flugsicherung" ein - nie davon gehört, aber alle zahlen. Dafür erhalten wir einen kleinen Aufkleber, auf dem A.T.T. steht, den müssen wir aufs Ticket kleben (beim Abflug höre ich von anderen Reisenden, dass die in ihrem Bus 6,50 Euro für "gründliche Personenkontrolle" zahlen mussten - da kommen doch leise Zweifel an der Rechtmäßigkeit auf). Wir erfahren nun auch schon, in welches Hotel wir kommen werden. Das "Incekum Beach Resort" ist unsere Destination. Incekum? Das kennt keiner. Liegt ja auch 45 Kilometer weg von Side. Aha. Mitten ins Nirgendwo hat man uns verfrachtet. Wir ahnen Böses. Vom Bus aus werden wir alle direkt in einen Konferenzraum geleitet, wo eine dilettantische Powerpoint-Präsentation den Verlauf der Woche zeigt. Jeden Tag volles Programm mit Ausflügen in Basare, Goldschmieden, Teppichfabriken und Karawansereien - inklusive aller Mittagessen und Buspreise wird das große Paket für "nur 69 Euro" (statt 99) angeboten, das kleine für 49 Euro.

Viele Grauköpfe zahlen brav und ahnen nicht, dass sie völlig erschöpft von diesem Mammut-Nepp-Programm wiederkehren werden. Wir klinken uns aus allem aus und tun gut daran. Das Wetter ist bombig, wir genießen Sonne, Sand und Meer. Wenn doch nur diese Kellner, Masseure, Fotografen und Verkäufer im Hotel nicht wären, die uns Blondinen ständig nach Telefon- und Zimmernummern fragen, ob wir allein schlafen - und die nur durch ein hysterisch gekreischtes "Nein!" abzuwehren sind. Besonders unverschämt sind die Antworten.

Muffig verqualmte Zimmer mit faszinierendem Panoramablick auf Schutt und Geröll runden das Gesamtbild ab. Die Rezeptionisten zucken stoisch mit den Schultern und weisen uns dem Kollegen zu. Blonde Renitente sind offenbar nicht sehr gefragt. Erst der Front Office Manager schafft Abhilfe und ein gutes Zimmer. Der erste Mann mit Format vor Ort - ein Segen!

Nach einer Woche haben wir tatsächlich noch etwas gewonnen: die Erkenntnis, dass es sich lohnt, auch einem geschenkten Gaul mal ins Maul zu schauen.