Mit mehr als 11 000 Ausstellern hat in dieser Woche in Berlin die weltgrößte Reisemesse ITB begonnen. 187 Länder sind auf der Messe vertreten, darunter Touristen-Magnete wie Spanien und Österreich, aber auch Ziele wie Gambia und Usbekistan. 170 000 Besucher werden an den Messetagen erwartet. Die 26 Hallen sind erneut ausgebucht, die Messe gilt in der Branche als wichtiges Konjunkturbarometer. Nach einem deutlichen Minus 2009 startet die Branche vorsichtig optimistisch in die neue Saison.

Abendblatt:

Die Internationale Tourismusbörse Berlin ITB 2010, die noch bis zum 14. März läuft, zeigt, wie das Jahr 2009 aus touristischer Sicht gelaufen ist und weist auch Trends für 2010 auf. Laut der UN-Welttourismus-Organisation sank die Zahl der Reisenden 2009 weltweit um vier Prozent. Auf der "Reisen Hamburg" haben Sie als Präsident des Corps Touristique geäußert, dass die Talsohle im Tourismus nun bereits durchschritten sei. Was gibt Ihnen Anlass zum Optimismus?

Andreas Sakkas:

Das schwerste Jahr für den internationalen Tourismus war 2009. Die Voraussagen für die Wirtschaft in Deutschland sind besser als im letzten Jahr. Wir hoffen, dass sich die Situation noch weiter erholt und dass die Deutschen - auch wenn sie sich im vergangenen Jahr bei den Reisen zurückgehalten haben - es 2010 nachholen. Und noch eine gute Nachricht: Die Preise für Pauschalreisen bleiben stabil.

Abendblatt:

Lange galten die Deutschen als Weltmeister im Reisen. Werden sie 2010 ihren Ruf auch weiterhin verteidigen können?

Sakkas:

Die Deutschen haben ihre Stellung als Weltmeister im Reisen auch weiterhin gehalten. Die Reiselust ist ungebrochen. Die Wintersaison läuft gut, die ersten Trenduntersuchungen für den Sommer sehen ebenso gut aus. Der deutsche Markt hat sich eigentlich recht gut gehalten. Wenn man berücksichtigt, dass der Auslandstourismus 2009 lediglich einen Rückgang von 2,2 Prozent gegenüber 2008 zu verzeichnen hatte, ist das nicht so dramatisch wie anfangs befürchtet. Die Deutschen haben auf hohem Niveau gejammert.

Abendblatt:

Wohin geht die Reise 2010?

Sakkas:

Urlaub in Deutschland selbst bleibt auch in diesem Jahr sehr beliebt. Was die ausländischen Reiseziele angeht, liegen das Mittelmeer und ferne Länder weit vorn. Die Nachfrage in "Dollar-Destinationen" hängt natürlich davon ab, wie stark der Euro bleiben wird. Im Augenblick zählen sie jedenfalls noch zu den großen Gewinnern. Besonders beliebt sind die Mittelmeerregionen, dort wurden die Kapazitäten in den letzten Jahren stark erweitert, neue Regionen wurden erschlossen, Hotels gebaut. In der Türkei und in Ägypten ist vor allem für Familien das gute Preis-Leistungs-Verhältnis attraktiv.

Abendblatt:

Wie Sie auch auf der "Reisen Hamburg" bereits betonten, haben sämtliche Umfragen ergeben, dass sich das Reiseverhalten deutlich verändert hat. Wie verbringt denn jetzt der Großteil der deutschen Urlauber die schönste Zeit des Jahres?

Sakkas:

Im Trend liegt Aktivurlaub - Wandern, Golf, Radeln. Die Zeit, in der die Gäste einen ausgesprochenen Strandurlaub gebucht haben, ist vorbei. Familien buchen verstärkt All-inclusive-Anlagen, da dort die Preise überschaubar sind. Auch die Nachfrage nach Wellness ist noch weiter gestiegen. Die Bevölkerung wird immer älter, es wird ihr stärker bewusst, dass sie Wert auf ihre Gesundheit legen muss. Allerdings sollten höhere Kriterien an ein Wellnesshotel gelegt werden. Da sind die Reiseveranstalter gefragt.

Abendblatt:

Wie wichtig ist für die Tourismusorganisationen die ITB, und welche Maßnahmen werden nach der Bekanntgabe touristischer Ergebnisse danach möglicherweise eingeleitet?

Sakkas:

Die ITB ist weltweit die wichtigste touristische Leitmesse. Für die Fremdenverkehrsämter aller Länder gilt sie als Plattform, auf der sie erfahren, wo eventuelle Nachverhandlungen erforderlich sind - besonders bei Destinationen, die mit dem Flugzeug erreichbar sind. In der Regel fallen diese Korrekturen für den Urlauber günstig aus. Auf jeden Fall ist die Grundstimmung der diesjährigen ITB, dass es nach dem schwierigen Jahr 2009 für 2010 etwas entspannter aussieht.

Andreas Sakkas ist Präsident des Corps Touristique (CT), der Vereinigung der ausländischen Tourismusorganisationen und Eisenbahnen in Deutschland. Außerdem ist er Mitglied des Fachbeirats der Internationalen Tourismusbörse in Berlin - ITB.