Das Erdbeben auf Haiti liegt jetzt fünf Wochen zurück. Hat es Folgen für den Tourismus im Nachbarstaat gehabt? Das Abendblatt sprach darüber mit Petra Cruz-Deyerling, Europa-Direktorin des Fremdenverkehrsamts der Dominikanischen Republik.

Abendblatt: Die Dominikanische Republik nimmt zu fast zwei Dritteln neben Haiti die Insel Hispaniola in den Großen Antillen ein. Sie war dem vom Erdbeben betroffenen Teil also am nächsten. Trotz der langen politischen Konflikte hat sich die Dominikanische Republik solidarisch erklärt und den Nachbarn finanziell und humanitär unterstützt. Ihr Präsident Leonel Fernández hat als erster ausländischer Staatsmann haitianischen Boden betreten. Wird sich die Beziehung jetzt nachhaltig stabilisieren?

Petra Cruz-Deyerling: Obwohl wir selber ein Entwicklungsland sind, hat unsere Regierung gleich 20 Millionen US-Dollar nach Haiti geschickt - so viel wie kein anderes Land. Für humanitäre Hilfe wurde die Grenze geöffnet, um Zehntausende von Verletzten aufzunehmen. Wir haben vor allen anderen unmittelbar nach dem Beben mobile Küchen und Hilfsgüter nach Haiti geschickt. Die politischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten hatten sich ohnehin schon verbessert, jetzt haben sich die beiden Staatspräsidenten noch stärker angenähert.

Abendblatt: Sind wegen der Naturkatastrophe im Nachbarland die Buchungen für die Dominikanische Republik zurückgegangen?

Cruz-Deyerling: Gleich nach der Erdbebenmeldung haben wir eine gewisse Zurückhaltung verspürt, aber bereits nach einer Woche liefen die Buchungen wieder wie gewohnt. Wir hatten auch sofort ein Statement an die Reiseveranstalter geschickt, dass das Erdbeben in Haiti in unserem Teil der Insel keinerlei Schäden angerichtet hat und die touristische Infrastruktur nicht beeinträchtigt wurde. 2010 stocken wir unsere Flugverbindungen ab Deutschland sogar noch um 30 Prozent auf. 20 Direktflüge stehen jetzt zur Verfügung. Die Dominikanische Republik steht damit an erster Stelle aller karibischen Destinationen.

Abendblatt: Von den Deutschen wird das beliebte Urlaubsziel "Dom Rep" - wohl auch wegen der günstigen Preise - das Mallorca der Karibik genannt. Wie können Sie mit diesem Ruf leben?

Cruz-Deyerling: Ich empfinde diese Bezeichnung nicht als negativ. Mallorca ist es gelungen, sich ein hervorragendes Image aufzubauen und als Destination für verschiedene Zielgruppen zu etablieren - inklusive Ballermann. Auch wir haben es dank rund 600 Kilometer Stränden und einem hervorragenden Preis-Leitungs-Verhältnis geschafft, in kurzer Zeit in die Kataloge aller großen Veranstalter aufgenommen zu werden. Auch mit Rundreisen und individuellen Angeboten in Boutique-Hotels. Das war vor zehn Jahren undenkbar.

Abendblatt: Neben reinem Strandurlaub - vorzugsweise in den zahlreichen All-inclusive-Anlagen - werben Sie jetzt auch mit Aktivurlaub, Naturerlebnissen und Ökotourismus. Was genau gibt es abseits der Strände zu entdecken?

Cruz-Deyerling: Zwischen Januar und März steuern jedes Jahr etwa 3000 Buckelwale die Bucht von Samaná zum Paaren an - ein fantastisches Erlebnis! Die Bucht gehört zum 208 Quadratkilometer großen Nationalpark Los Haitises. Insgesamt besteht das Land zu zwei Dritteln aus Nationalparks. Flüsse, Schluchten, Felsen und der höchste Berg der Karibik, der Pico Duarte mit 3170 m, sind ideal für River-Rafting, Kajak-Ausflüge und Bergwandern. Am Salzsee Lago Enriquillo findet sich eine der größten Flamingokolonien. Daneben haben wir rund 30 Topniveau-Golfplätze - mit Blick aufs Meer oder am tropischen Urwald. 2009 wurden wir erneut von der Internationalen Vereinigung der Golf-Reiseveranstalter IAGTO zum besten Golfreiseziel in Lateinamerika und der Karibik gekürt.

Abendblatt: Santo Domingo ist die Kulturhauptstadt Amerikas 2010. Was wird da geboten?

Cruz-Deyerling: Die Ernennung würdigt die Bedeutung der Hauptstadt als "Wiege Amerikas". Der historische Stadtkern ist seit 1990 Unesco-Weltkulturerbe. Das ganze Jahr über gibt es spannende Veranstaltungen. Darunter im Juli das Merengue-Festival mit heißen Rhythmen, im Oktober kommt die Dominikanische Mode auf den Laufsteg. Jeder Monat steht außerdem unter einem kulinarischen Motto, wie Schokolade, Tabak und Rum im Oktober. Unter dem Link www.godominicanrepublic.com sind Infos zum Programm und zur gesamten Dominikanischen Republik erhältlich.