Die Traditionswerkstatt in Meißen stellt schon seit drei Jahrhunderten edles Porzellan her. Ein Besuch lohnt sich im Jubiläumsjahr besonders.

Das Teeservice mit den filigran gezeichneten Ming-Drachen auf hauchdünnem Porzellan sieht ausgesprochen gut aus. Daraus Tee trinken - das hätte was. Der Preis holt einen allerdings unsanft in die Realität zurück: knapp 450 Euro für zwei Tassen samt Untertasse und einem Zuckerschälchen. Nun ja ...

Die Preise für die anderen Stücke in der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meissen sind von ähnlichem Kaliber; manchmal gibt es allerdings auch Rabatt. Das reinweiße 22-teilige Speiseservice "Schwanendessin" ist aktuell für 935 statt 1330 Euro zu haben. Aber die muss man auch erst einmal haben.

Wie solche exorbitanten Preise zustande kommen, wird in der Schauwerkstatt vermittelt: Hier wird erklärt, wie aus Feldspat, Quarz und Kaolin, das im nahen Seilitzer Tagebau abgebaut wird, das zarte, von Hand bemalte Porzellan mit den gekreuzten Schwertern entsteht. Mittlerweile wird hauptsächlich für eine kaufkräftige ostasiatische und russische Klientel produziert, die Pracht und Pomp liebt. Schließlich steht der Name Meissen als eingetragenes Warenzeichen laut einer Studie des Markenverbandes und der Beratungsgesellschaft KPMG auf Platz zwei der bekanntesten deutschen Luxusmarken, gleich hinter Porsche.

Im angeschlossenen Geschäft zeigt sich, dass aus der Porzellanmasse nicht nur Geschirr, Vasen und Figuren geformt werden: Hier gibt es Uhren, Konsolen, Wandleuchter, Spiegelrahmen, Schmuck, sogar Füllfederhalter mit Porzellanhülse. Wer es eher dezenter mag, nicht die nötigen 1400 bis 1500 Euro für ein Schreibgerät lockermachen kann, aber das Porzellan trotzdem einmal benutzen möchte, kann sich beispielsweise im Restaurant der Manufaktur eine "Meissener Zeitreise" gönnen: Das Drei-Gänge-Menü wird auf Service aus drei Jahrhunderten serviert - und zum Preis von 29 Euro ist man dann auch noch satt. Keine Angst, das Geschirr ist nicht wirklich so alt, sondern wird mit den ursprünglichen Formen und Mustern auch heute noch produziert.

Gegründet wurde die "Königlich-Polnische und Kurfürstlich-Sächsische Porzellan-Manufaktur" am 23. Januar 1710. Ein Meißen-Besuch 300 Jahre später: Vor der Manufaktur im Triebischtal startet der Citybus zur historischen Altstadt. Unterwegs erfährt man, wo es noch überall "weißes Gold" gibt - gewürzt mit Superlativen: Die mit einer Höhe von 2,50 Metern größten aus Meissener Porzellan hergestellten Skulpturen stehen in der kleinen Nikolaikirche. Mit den "trauernden Müttern" wird der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten gedacht. Das älteste stimmbare Glockenspiel aus Meissener Porzellan von 1929 erklingt vom Turm der Frauenkirche am Markt. Hoch oben auf der Albrechtsburg präsentierte Johann Friedrich Böttger nach jahrelangen Tüfteleien Kurfürst August dem Starken zwar nicht das versprochene Gold, doch das Porzellan war damals fast ebenso wertvoll: Zu jener Zeit stand "made in China" noch für teuer und luxuriös, überall in Europa war man verrückt nach dem Porzellan und wollte das Geheimnis seiner Herstellung ergründen. Nun wird am 8. Mai 2010 die Sonderausstellung "Der Stein der Weis(s)en" eröffnet.

Oben auf dem Burgberg steht auch das Wohnhaus von Johann Joachim Kändler (1706-1775), dem bedeutendsten Modelleur der Porzellanmanufaktur und Hofbildhauer. In dem Haus befindet sich heute eine Schmuckgalerie - gänzlich porzellanfrei. Vor dem Weinrestaurant "Böttgerstube" liegt der "Balkon von Meißen" mit einem schönen Blick bis zur Elbe.

Über eine schmale Treppe geht es hinunter in die Altstadt zum "Café Zieger". Spezialität der Konditorei sind die "Meißner Fummel". Wer da an knapp geschnittene Kleidchen denkt, irrt. Vielmehr handelt es sich um eine Art Blase aus Teig, die noch viel zerbrechlicher ist als Porzellan. Auch ihre Existenz geht auf den Kurfürsten von Sachsen zurück: Sein zwischen Dresden und Meißen verkehrender Kurier trank gern einen über den Durst und fiel öfter vom Pferd. Damit das von ihm transportierte Gut heil ankam, befahl August der Bäckerzunft zu Meißen, ein fragiles Gebäck herzustellen, das der Bote dann wohlbehalten am Hof vorzuzeigen hatte. Den Namen kann die Verkäuferin nur damit erklären, dass die Herstellung so eine Fummelarbeit wäre. Heute ist die Fummel eher ein Scherzkeks, der als Souvenir gekauft wird; geschmacklich ist sie ziemlich lau.

Vorbei an einem Antiquitätenladen, der neben Gold und Silber auch Meissener Porzellan an- und verkauft, sind es nur wenige Schritte zu "Vincenz Richter". Das romantische Fachwerkhaus stammt aus dem Jahr 1523, das Weinrestaurant gibt es seit 1873. Hier sitzt man umgeben von Antiquitäten und historischen Zeugnissen gemütlich in der Weinstube oder in den überdachten Nischen im Weinhof. Und einen Bezug zum Porzellan gibt es natürlich auch: Neben dem "Johann F. Böttger Menü" wird hier auch ein "Menü auf weißem Gold" auf original Meissener Porzellan serviert.