Prachtvolle Parklandschaften, ein weltberühmtes Kasino und Thermen in reinem Jugendstil - Gründe genug für eine Kurzreise nach Baden.

Wie konnte ich Baden-Baden vergessen? Durch die Lichtentaler Allee glitzert die Oos, ein bescheidener Fluss, der sich nur alle paar Jahre einmal wild gebärdet. Raschelndes Laub spielt mit den Sonnenflecken, die hohen Baumkronen der Buchen werden licht und geben neue Ausblicke frei. Geradeaus leuchtet die Kunsthalle von Frieder Burda, dem Bruder des Offenburger Verlegers Hubert: kubische Formen und hohe Fenster gliedern die schimmernden Aluminiumfassaden. Die moderne Architektur fügt sich gut in das Ensemble des 19. Jahrhunderts, in geschwungene Linien der schmalen Brücken und Wege dieser Parklandschaft. Hier spazierten die Herrschaften bereits in der Belle Époque, und die Allee selbst ist noch weit älter: Gerade feierte sie ihren 350. Geburtstag.

An diesem Morgen gehört sie den Joggern, den jungen Familien - und natürlich den Gästen der Stadt. Der Führer scheint zu sich selbst zu sprechen, erst beim zweiten Blick entdecke ich sein Mikrofon. In die feine Allee würden wohl auch keine markschreierischen Ansagen passen. Seine Reisegruppe wiederum ist mit diskreten Kopfhörern ausgestattet und wirkt, als sei sie nur zufällig hier versammelt.

Nebenan, vor dem Stadttheater, sind die Gärtner in vollem Einsatz. Die Sommerblumen haben sie bereits abgeräumt und die Beete sauber gerecht. Jetzt legen sie die Muster mit Tulpenzwiebeln aus. Schon Ende März werden die dann zu blühen beginnen, denn die Winter sind in Südbaden kurz und mild. Und wenn es doch einmal stürmt und schneit? Dann locken die Thermen der Stadt: Das Friedrichsbad in reinstem Jugendstil und die modernen Caracalla-Thermen. In beiden sprudelt das wohltuende Thermalwasser, in dem sich bereits die römischen Legionäre erholten.

Zurück zum Theater: 1860 bis 1862 wurde es im Stil der Pariser Oper erbaut, die Beziehungen nach Frankreich waren freundschaftlich und eng. Die Baden-Badener lieben ihr Stadttheater. Ballett, große Opern und Konzerte genießen sie inzwischen jedoch im Festspielhaus, das ein wenig talabwärts gebaut wurde.

Ein absolutes Muss in Baden-Baden ist das Kasino, Marlene Dietrich nannte es das schönste der Welt. Am Vormittag ist es offen für Besucher, und bei den Führungen in den herrschaftlichen Räumen lässt sich nur gewinnen. Erst am Nachmittag ändert sich die Szene: Routiniers können in großem Stil setzten und abräumen - oder auch verlieren. Bereits Graf Leo Nikolajewitsch Tolstoi hat sich hier um ein Vermögen gebracht.

Wer sich beim Roulette nicht entscheiden mag, ist vielleicht beim Einkaufen wagemutiger: In der Lichtentaler Straße reiht sich Hermès an Van Laack, Uhren in der Tourbillon Boutique glänzen neben Lederwaren bei Inka. Und auch so profane Dinge wie eine warme Mütze oder eine Mine für den Lieblingsstift lassen sich in den Geschäften der Stadt finden, alles liegt nah beieinander.

Mein Lieblingsplatz für die Pause zwischendurch ist das Café hinter der Trinkhalle. Selbst im Winter lässt es oft die Wahl: Draußen mit warmen Decken die Sonnenstrahlen genießen oder drinnen den hohen Raum mit den vielen Tageszeitungen?

Die Muse stellt sich in Baden-Baden wie von selbst ein, und schon an einem einzigen Wochenende kann man der Stadt erliegen. Der Stadt mit ihren gepflegten Hotels und gemütlichen Weinstuben - und mit den Spazierwegen, die zum Kloster Lichtenthal führen oder hinauf zur Alten Burg. Der Ausblick von dort über die Rheinebene ist legendär. Genauso wie vom Hausberg Merkur, den ich nun wieder mal nicht gesehen habe.

Doch bei jedem Besuch muss ein Versprechen übrig bleiben. Denn auch geliebte Städte sollte man nicht allzu lange warten lassen.