Einsame Strände - und unter Wasser Walhaie zum Greifen nah. Wer den Charme dieser Küste erleben will, der sollte sich beeilen. Investoren suchen hier nach Bauland, und die Südafrikaner sind auch schon da.

"Mosambik? Ist da nicht Bürgerkrieg?" Nein, ist nicht. Seit 17 Jahren nicht mehr - es ist schon verblüffend, wie nachtragend das Gedächtnis mancher Leute ist, die der Reisende über sein Ziel informiert. Ein bisschen nach Abenteuer klingt der Trip an die Ostküste des südlichen Afrikas aber auch für den aufgeklärten Touristen. Umso erstaunter ist er, wenn er in der Propellermaschine von Johannesburg nach Inhambane sitzt: bis auf den letzten Platz gefüllt, zum Großteil mit weißen südafrikanischen Familien, die in den Winterferien ins wärmere Urlaubsland eilen wie Deutsche nach Mallorca.

Die mosambikanischen Behörden wirken von dem Ansturm noch immer überrascht und stellen am Flughafen nur einen Beamten plus eine Sekretärin ab, um die Visagebühr einzufordern. Macht (inklusive Steuern) 24 Euro für Europäer. Womit, so viel sei vorweggenommen, das neben der notwendigen Malaria-Prophylaxe einzige Argument gegen einen Urlaub in diesem Land auch schon genannt wäre.

Die südafrikanischen Familien zahlen für die Visa nur einen Bruchteil der Europäer, und die meisten verziehen sich dann in ein Familien-Hotel mit Pool und Büfett, das sie in der nächsten Woche nur selten verlassen werden; hier oder einen Flug weiter im größeren Touristen-Ort Vilanculos. Die meisten Europäer dagegen sind tatsächlich noch auf ein bisschen Abenteuer aus - unter Wasser. Die Tauchgebiete vor Mosambik gelten (noch) als Geheimtipp, und auch in Tofo, 20 Shuttle-Minuten von Inhambane entfernt, beginnt sich die Infrastruktur dafür erst noch zu entwickeln. Das bedeutet für den tauchenden Touristen: mit anpacken. Zu acht oder zehnt wuchten Gäste und Führer die großen Schlauchboote vom Strand in die Wellen, und wenn jene schon bis zur Brust schlagen, heißt es: aufsitzen - Frauen zuerst.

Dann treiben zwei kräftige Außenborder die Fuhre quer über die Gischt, das Wasser schwappt, und die Passagiere teilen sich in zwei Gruppen: Die einen begrüßen das nasse Spektakel lachend und jubelnd, derweil die anderen sich sorgenvoll an Leinen festklammern. Nach bis zu 40 Minuten Ritt legen die Taucher auf dem schwankenden Boot die Ausrüstung an und stürzen sich per Rolle rückwärts ins Nass. Dann geht es möglichst schnell durch mitunter starke Strömung und mit Plankton-getrübter Sicht abwärts.

Was tut man nicht alles für die Aussicht auf große Rochen und Walhaie. Die nämlich, und nicht die (eher wenigen) bunten Korallenriffe, locken die Taucher an die afrikanische Südost-Küste. Sie gilt, nicht zuletzt wegen Strömungen und viel Plankton, als Großfisch-Revier, besser: Großtier-Revier, denn auch Buckelwale kreuzen im afrikanischen Winter die Bahn der Boote.

Beim Tauchen in Mosambik kann alles passieren - oder gar nichts. Beides an einem einzigen Tag. Der kann zum Beispiel so verlaufen, dass einen schon beim Abstieg zum ersten Tauchgang neugierige Manta-Rochen anglotzen und einem auch in dessen weiteren Verlauf diverses Getier wie Schildkröten und Rotfeuerfische begegnet. Der zweite Tauchgang: nichts außer blauem Wasser, Plankton und anderen Tauchern, die sich ratlos umschauen. Und dann: Walhai-Alarm. In Sekunden mutieren geschaffte Wesen, die eben noch seekränkelnd und fröstelnd im schlingernden Schlauchboot hockten, zu Actionhelden. Masken, Flossen, Schnorchel angelegt, mit Kamera bewaffnet, und - nein, nicht springen! Erst fliegt das Boot noch punktgenau zur Absprungzone, wo der sanfte Riese gerade knapp unter der Oberfläche durchs Wasser gleitet.

Überhaupt: die Walhaie. Neben den Mantas sind sie die Werbeträger von Mosambik als Tauchziel. Wobei sich die Kommunikation anfangs schwierig gestaltete. "Wir saßen hier mit unseren Walhaien, niemand kannte uns, kaum jemand kam, wir mussten etwas Schwung in die Sache bringen", erinnert sich Lucy von Tofo Scuba Safaris an die erste Saison, "also rufe ich bei Reise-Agenturen an und sage: Hey, wir geben eine Geld-zurück-Garantie für Walhai-Begegnungen ... aber die haben gleich wieder aufgelegt."

Mittlerweile hält sie niemand mehr für einen Scherzkeks. Renommierte Agenturen führen Tofo im Programm - nur mit der Garantie ist man vorsichtiger geworden. Normalerweise ist auf die Großfische Verlass, aber: "Das ist der Ozean und kein Aquarium", wie Lucy erklärt. Auch ohne Walhai ist alles big in Mosambik, der angeblich weltgrößte Stachelrochen treibt hier sein Wesen. Zweieinhalb Meter misst er von einer Flügelspitze zur anderen.

Ihre Sichtungen diskutieren die Taucher nach Feierabend in einer der wenigen Bars. Dort treffen sie zusammen mit Surfern und Rucksackreisenden, denen Tofo ebenfalls als lohnendes Ziel gilt. Die Karawane der Hardcore-Backpacker ist freilich weitergezogen, seit ihr diese Destination als zu teuer gilt. Allen anderen Reisenden erscheinen umgerechnet zehn Euro für ein ordentliches Abendessen inklusive Getränken als Schnäppchen.

Wer diesen Charme noch erleben will, muss sich möglicherweise beeilen. Mosambik könnte auf dem Sprung zur Komfort-Destination sein - auch weil es als relativ sicher gilt. Gefahrlos joggen (morgens) und flanieren (nachts) jedenfalls auch allein reisende Frauen durch dieses Land.

Schon gehen Gerüchte von Investoren, die nach Bauland für Großprojekte in Tofo und Umgebung suchen. Wer auf dem Rückflug nach Johannesburg zwischen fröhlichen südafrikanischen Familien sitzt, zweifelt nicht daran.