Sind Schiffsreisen mit Kind und Kegel wirklich eine Alternative zu Kluburlaub und Rundreise? Georg J. Schulz hat es ausprobiert - und so mit seiner Familie in sieben Tagen vier Länder besucht.

Es ist immer dasselbe, wenn es um die Urlaubsplanung geht: Ich will viel sehen, meine Frau nicht ständig die Koffer ein- und auspacken oder selbst kochen und meine Tochter Antonia auf jeden Fall mal baden gehen. So gibt es meist Ferien, die für mindestens einen von uns nur als Kompromiss durchgehen. Immerhin mit dem Versprechen: "Nächstes Mal machen wir, was du willst!"

Eine Kreuzfahrt war bislang noch nicht dabei, obwohl uns Bekannte oft davon vorgeschwärmt hatten. Der Gedanke, womöglich mal alle Interessen auf einmal unter einen Hut zu bekommen, ließ uns das Experiment diesmal wagen - und zwar auf der "Aidadiva", die 2007 in Hamburg mit viel Pomp getauft wurde.

Während auf Traditions-Traumschiffen Kinder kaum gesichtet werden, weil dort immer noch Galaabend, Dinnerjacket und feste Essenszeiten in Mode sind, setzt die Rostocker Reederei Aida schon seit 13 Jahren auf Kreuzfahrten ohne die klassischen Konventionen. Klub-Direktor Michael Klieverik, neben dem Kapitän einer der wichtigsten Männer an Bord, betont: "Bei uns geht es locker zu, alle sollen ihren Spaß haben. Und wenn die Kinder zufrieden sind, dann sind es die Eltern meistens auch."

Zwischen Pool und Party, Bar und Büfett bleibt deshalb genug Freiraum, und niemanden scheint es zu stören, wenn Halbwüchsige auch mal allein das 252 Meter lange Schiff erkunden oder mit den Eltern in die Disco reinschauen. Dass sie nicht auf der Reling rumturnen dürfen und auch nicht laut schreiend die Gänge entlangrennen sollten, versteht sich eigentlich von selbst, wird den kleinen Gästen vorsichtshalber aber noch einmal eingebläut - ein Job für die Aida-Maskottchen Alwine, Itzi, Dodo und Achwasachwas.

Nun schippern wir im Mittelmeer - und plötzlich ist alles voller Piraten. Sie kommen von zwei Seiten, entern den zentralen Platz des Schiffs. Und drohen: "Wir tun, was uns gefällt, keiner hält uns auf!"

Dafür gibt's schon mal Szenenapplaus. Denn die mit Totenkopftuch und aufgemalter Augenklappe auftrumpfenden Freibeuter sind heute die Stars im Theatrium der "Aidadiva", wo sonst die professionellen Shows über die Bühne gehen. Auf den Rängen sitzen die Eltern und Großeltern der verkleideten Kids. Gefährlich wäre es also nur, wenn man vergessen hätte, seinen eigenen Musical-Nachwuchs zur "Schatzinsel"-Aufführung anzumelden - und nun von ihm dafür abgestraft würde.

Weil viele Bundesländer zeitgleich Ferien haben, sind unter den Passagieren diesmal 540 Kinder und Jugendliche. Erster Anlaufpunkt für sie ist das Heck von Deck 5 mit dem Kids Club. Es gibt dort verschiedene Spielräume und einen eigenen Pool mit Rutsche, der gerade für die Kleinen eine Alternative zur Wasserwelt oben auf Deck 11 und 12 darstellt. Aufgeteilt in verschiedene Altersgruppen, von den Seepferdchen (3 bis 6) über Delfine (7 bis 9) und Sharks (10 bis 11) bis zu Orcas (12 bis 13) und Teens (14 bis 17), wird eine aufs jeweilige Alter abgestimmte Betreuung geboten. "Wir sind täglich sechs bis sieben Stunden im Einsatz, nach vorheriger Anmeldung auch ganztags", erklärt Kids-Club-Leiterin Carolin Lange, eine Hamburgerin. "Mit den Teens gehen wir auch ohne Eltern an Land, besuchen einen Basar oder machen eine Digicam-Rallye."

Unser Schiff, das voll besetzt rund 2500 Passagiere beherbergt, erscheint nur auf den ersten Blick wie ein schwimmendes Labyrinth. Welcher Fahrstuhl am schnellsten zur Kabine führt, wie sie zum Teenie-Treff "Hype" kommt und wo Mama meistens ihren Latte macchiato trinkt, hat unsere Zehnjährige jedenfalls schnell begriffen. Auch ist ihr ruckzuck klar, dass sie am Büfett die leckeren Sachen mehrmals hintereinander nehmen kann. Und die Speisenfolge eigentlich nur davon abhängt, worauf sie gerade Lust hat.

An Bord wird viel geboten, auch tagsüber ist immer etwas los, vor allem auf dem Pooldeck. Wer mal Ruhe sucht, findet aber genügend Rückzugsgebiete. Am schönsten, weil ganz privat, ist natürlich der eigene Balkon: Da lässt sich sogar eine Hängematte aufspannen. Oder man lümmelt sich irgendwo in eine "Kuschelmuschel".

Stolz sind die Aida-Macher auf den großen Spa- und Wellnessbereich, der mit seinen 2300 Quadratmetern Maßstäbe gesetzt hat und sogar viele Anlagen an Land in den Schatten stellt. "Da buche ich uns was Schönes", hatte meine Frau jubiliert und schon am heimischen PC einen Termin für die ganze Familie geblockt. Mein Pech, dass genau zur ausgesuchten Zeit ein wichtiges Fußball-Länderspiel läuft. So lasse ich das Rundum-Programm inklusive Gesichtsbehandlung über mich ergehen, während andere Väter im Theatrium sitzen und mit Ballack & Co. mitfiebern. Meine Frau entspannt sich derweil im Raum nebenan, und sogar Tochter Antonia bekommt eine Profi-Massage, "St Barth Vanilla Dream for Kids" genannt.

Eine Reservierung verlangen nicht nur Spa-Anwendungen, sondern auch das Gourmet-Restaurant "Rossini" (günstige Kinderkarte) und das "Buffalo Steak House" (leckere Bison-Filets). Die Plätze dort sind trotz der Aufpreise begehrt, weil sie eine Abwechslung zu den vier Büfett-Restaurants bieten. Unser Favorit bleibt am Ende das "Marktrestaurant" auf Deck 9. Die Schlangen werden hier zwar am längsten, dafür sind die Wege kürzer als in der "Weiten Welt" eine Etage höher.

Wo ein organisierter Ausflug lohnt, lässt sich auf dem Schiff entscheiden oder schon zu Hause. Neben der offiziellen Website, auf der pro Hafen bis zu einem Dutzend Alternativen angeboten werden, helfen dabei vor allem Stammgast-Foren wie aida-fans.de mit Informationen und Insider-Tipps.

Pyramiden oder Pooldeck? Diese Frage hatten wir schon im Vorfeld geklärt, wobei die Recherche die Begleitumstände des geplanten Ägypten-Abstechers nicht beschönigte: Mindestens sieben Stunden im Bus und vor Ort jede Menge Händler, die einem vom Kamelritt bis zur Postkarte alles andrehen wollen, was einen schnellen Euro einbringt. Und das auf ziemlich penetrante Art.

Also gehen wir durchaus vorbereitet morgens um 7.30 Uhr in Port Said von Bord, wie fast alle anderen Gäste auch. Während die "Aidadiva" sich in ein Geisterschiff verwandelt, donnern 40 Reisebusse mit Tempo 100 gen Kairo. Die Polizei sperrt die komplette Ausfallstraße für den Konvoi und sorgt auch auf der Autobahn für reibungsloses Fortkommen. Angesichts der selbstmörderischen Fahrweise der Einheimischen sind wir für den Begleitschutz dankbar. Am Ende eines langen Tages bleibt indes die Erkenntnis, dass die Pyramiden zwar einen Besuch wert sind, die kurze "Nilkreuzfahrt" wir uns aber hätten schenken sollen, ebenso das sogenannte Papyrus-Museum. Davon gibt es offenbar Dutzende, und sie sind nichts anderes als Souvenir-Shops.

Der Ausflug am nächsten Tag ist ein willkommenes Kontrastprogramm. Statt zu Weltwundern geht es diesmal nur zum Strand: Der Club Aldiana liegt eine knappe Stunde vom zypriotischen Hafen Limassol entfernt und bietet für ein paar Stunden den Luxus, im Meer zu schwimmen. Die 69 Euro pro Nase (Kinder: 59 Euro) sind allerdings kein Pappenstiel für diesen Halbtages-Trip, den außer uns noch etwa 40 Mitreisende gebucht haben.

Bei den weiteren Etappen der Reise beschränken wir uns fortan auf individuelle Landgänge: Zu Fuß erobern wir die Hafenstädte Marmaris und Rhodos, mit Tenderboot und Seilbahn dann Santorin. Die Häuser dort sehen aus, als krallten sie sich in den Berg, damit der Vulkan sie nicht irgendwann wieder abschüttelt. Und der Blick auf den gefluteten Krater lässt erahnen, mit welcher Wucht die Insel vor etwa 3600 Jahren explodierte. In der Caldera ist das Wasser so tief, dass die "Aidadiva" den ganzen Tag allein mit Schraubenkraft ihre Position halten muss, ankern ist nicht möglich.

"Na, wo seid ihr gewesen?", werden wir gefragt, als wir wieder zurück sind. Während ich noch kurz die Bilder im Kopf sortiere, sprudelt es aus Antonia schon heraus: "Griechenland. Ägypten. Zypern. In der Türkei. Und auf einem riesigen Kreuzfahrtschiff mit Kinder-Klub, Swimmingpools, tollen Shows und leckerem Essen!"

Mehr geht nach einer Woche Familienurlaub nicht.