Ach, wie schön ist Schönefeld. Ankunft von Budapest mit Easyjet am einstigen Flughafen Ost-Berlins, im tiefen Süden der Metropole, heute Basis der Billigflieger. Kurz vor 20 Uhr, zehn Minuten vor der angegebenen Zeit, großartig! Alle Discountshopper, Backpacker, einige Geschäftsleute, viele Ungarn mit erwartungsvollen Gesichtern samt Kindermeute freuen sich. Schnell raus aus dem sterilen Flughafengebäude, 800 Meter mit dem Rollkoffer durch Brandenburg, links ein paar Gleise, rechts die Taiga. Aber der Weg überdacht, das ist Service. Runter in den zugigen, gelblich gekachelten Bahnhofstunnel, vorbei an Zeitungs- und Wurstbude mit dem künstlichen Rasen davor, vorbei an zwei Bulldoggen-Gesicht-Security-Männern mit einem zappelnden Schäferhund. Das Ziel ist der "Airport Express", Werbung: "In 25 Minuten in der City!"

Doch wo fährt er ab? Es gibt keinen Wegweiser, aber die Hausordnung prangt an der Wand. Keine Leuchtanzeige, der Reisende - ob In- oder Ausländer - muss raten. Ich versuche es an Bahnsteig 3. Auch hier ist die Leuchtanzeige dunkel. "Dit wird nüscht mehr", brabbelt ein vorüberschlurfender Eisenbahner. Immerhin findet sich in einer Ecke ein Fahrplan. Ach so, der Uniformierte meinte den Zug, der jetzt hätte fahren müssen: zum Alexanderplatz, zur Friedrichstraße, zum Bahnhof Zoo - dorthin, wo die meisten Leute wollen. Ich frage den DB-Repräsentanten noch mal. "Nüscht", wiederholt er. "Zug fällt aus, kaputt!", brüllt er. Fehlt noch, dass er anfügt: "Vastehste?"

"Wir sind die Hauptstadt", balkt ein Werbeplakat. Gut, aber wie kommen wir da hin? 50 Deutsche und geschätzte 100 Ungarn. Keine Information, keine klare Wegweisung. Ist von hier jemals ein Ausländer in Berlins Innenstadt gelangt? "Airport Express is heute nich", sagt der Eisenbahner. "Nehmt die S-Bahn." Ich verstehe ihn zumindest, aber die Ungarn schütteln den Kopf. Sie frieren, ihre Kinder bibbern, selbst die Rollkoffer zittern.

Es ist eiskalt an der Peripherie der Metropole, der Wind pfeift über den Bahnsteig, der massige Pavillon, in dem sich die Eisenbahner in defensiver Scham verschanzen, hat beschlagene Scheiben. 150 Leute und noch einige mehr, die inzwischen hinzugekommen sind, wollen nach Berlin. Aber wie? Am Nachbarbahnsteig fährt knirschend der Interregio nach Warschau ein. Von dort weiter nach Minsk.

Wer nach Berlin via Schönefeld will, muss Humor mitbringen. Sonst bleibt nur Groll. Man wird dafür bestraft, dass man für 39 Euro Berlin-Budapest-Berlin geflogen ist und für 2,80 Euro auch noch ins Zentrum will. Dass Bahnhöfe benutzerfreundlich sein sollten, hat sich in Deutschlands Hauptstadt noch nicht herumgesprochen. Unsereins kann improvisieren: die Freundin anrufen, die kommt dann mit dem Auto. Aber was machen die Ungarn, Ukrainer, Franzosen, Polen, Italiener oder Schweden, die keine Nummer in Berlin haben? Diese Stadt sei dazu verdammt, so der Kunsthistoriker Karl Scheffler, "immerfort zu werden und niemals zu sein". Das notierte er vor fast hundert Jahren. "Dit wird nüscht mehr", meinte der Eisenbahner.