Interessante Funde an den Stränden zwischen Flensburg und Usedom. Der Geologe Frank Rudolph schwärmt: “So vielfältig und bunt ist kein Ort der Welt.“

Wer die Erdgeschichte kennenlernen will, sollte einen Spaziergang an der Ostsee machen. Granit, Feuerstein und Kalkstein aus allen Regionen Skandinaviens und allen Erdzeitaltern liegen an den Stränden zwischen Flensburg und Usedom. Die ältesten Funde sind zwei Milliarden Jahre alt, die jüngsten 20 Millionen. Geologe Frank Rudolph aus Wankendorf führt regelmäßig Kinder und Erwachsene zu den Ostsee-Steinen. "So vielfältig und so bunt ist kein Ort der Welt."

Wenn Ostsee-Spaziergänger stetig nach unten blicken, suchen sie meist nach Bernstein. Doch Frank Rudolph ist skeptisch. An deutschen Stränden würde sich allenfalls im Herbst oder im Frühjahr mal ein kleines Stück im Tang verheddern. "Ostsee-Jade" sei dagegen häufiger zu finden, sagt er und hält ein Stück grünlichen "Faser-Kalk" gegen die Sonne. "Ein bisschen poliert mit einem Loch gibt das einen schönen Anhänger."

Zu jedem Stein kann Rudolph eine Geschichte erzählen. Die vielen Granitsteine waren einst flüssiges Magma, das in 10 bis 20 Kilometer Tiefe erkaltet ist. Je nach Zusammensetzung sieht er anders aus. Erkaltet das Magma erst an der Erdoberfläche, so entsteht Porphyr. Anhand von Farbe und Struktur kann Rudolph erkennen, ob der Granit von Bornholm oder den Aland-Inseln stammt. Während etwa in den Alpen jede Höhe ihre speziellen Gesteine habe, sei am Ostseestrand jedes Alter und jede Nord-Region zu finden.

Dass die Ostseeküste so reichhaltige Gesteinsfunde bietet, hat sie der Eiszeit zu verdanken. Vor rund 12 000 Jahren haben meterdicke Eismassen von Norwegen und Schweden aus ganze Berge über Norddeutschland geschoben. Regen und Sturm brechen die Steine aus den Steilküsten heraus. Rudolph: "Alles, was hier liegt, gehört den Skandinaviern." Manche Steine zeigen noch tiefe Kratzspuren von dem enormen Druck der wandernden Eismassen.

Besonders beliebt bei Kindern sind die schwarzen, braunen oder grauen Feuersteine, weil sie oft witzige Formen haben. Feuer geben sie allerdings nur, wenn man sie kräftig gegen Eisen schlägt. Von den Edelsteinen ist an der Ostseeküste nur roter Granat zu finden. Doch sind die kleinen Einsprengsel viel zu klein, um daraus Schmuck zu fertigen. Hübsch sind auch die gelblichen "Donnerkeile", versteinerte Gehäusespitzen einer frühen Tintenfisch-Art.

Jeder Ostseestrand mit Steilküste ist für die Steinsuche geeignet, weiß Rudolph. Sein Lieblingsstrand liegt westlich von Heiligenhafen. Auf seinen Spaziergängen hat er immer einen Hammer dabei, um Versteinerungen aufzuspüren. Mit der flachen Seite werden die grauen, geschichteten Kalksteine aufgeschlagen. Meist finden sich nur kleine Muscheln, selten sind See-Igel oder Krebse dabei. "Ich muss schon 100 Steine aufschlagen, ehe ich etwas finde."