“Movida“ wird das wilde italienische Treiben genannt, in dem jüngere Leute mit Vorliebe im Hochsommer und am besten nachts ihr Vergnügen suchen. Doch immer mehr Gemeinden gehen inzwischen mit Alkoholverboten und Kontrollen gegen diese Mode an.

Sie treffen sich auf einer Piazza oder in einem Park, ziehen nächtens lärmend und oft angetrunken durch die Straßen historischer Zentren. Und sie legen sich mitunter mit Bürgern an, die das nicht mehr ertragen und nach Ruhe rufen. "Movida" wird das wilde italienische Treiben genannt, in dem jüngere Leute mit Vorliebe im Hochsommer und am besten nachts ihr Vergnügen suchen. Doch immer mehr Gemeinden gehen inzwischen mit Alkoholverboten und Kontrollen gegen diese Mode an. Mancher empfindet sie - auf der Suche nach Schlaf - als so störend wie eine Heuschreckenplage.

"Liebe Ragazzi, das Fest ist zu Ende", bemitleidet die römische "La Repubblica" ein wenig die Anhänger des nächtlichen Herumtollens auf heutige Art: "Im Italien der Verbote kommt jeden Tag ein anderes hinzu, dieser Sommer könnte der letzte der 'Movida' sein." In der Tat wird die Liste vor allem auch der bei Touristen beliebten Großstädte immer länger, die im Kampf gegen Alkoholkonsum, Kriminalität und Lärm drastisch vorgehen - dabei durchaus auch aufs eigene Image bedacht.

Jüngstes Beispiel: In Mailand droht jetzt ein schmerzlich hohes Bußgeld von 450 Euro, wenn Teenager unter 16 Jahren in der Öffentlichkeit Alkohol trinken. Das erste "Opfer" der neuen Verordnung war ein 14-jähriges Mädchen, das betrunken und mit einer Wodka-Flasche in der Hand auf der Piazza della Vetra aufgegriffen wurde - und das schon nachmittags. "Mit dem Glas der zerbrochenen Flasche hatte sie sich an der Hand und im Gesicht verletzt", erklärte Vize-Bürgermeister Riccardo De Corato. Mailand will abschrecken: Das deftige Strafmandat ging postwendend an die Eltern des Mädchens.

Im historischen Zentrum von Rom dürfen in diesen heißen Augustnächten keine Flaschen aus Glas verkauft werden, und das Gesetz schreibt bereits das Verkaufsverbot von Alkohol an Minderjährige vor. Seinen Strauß polizeilicher Maßnahmen will Bürgermeister Gianni Alemanno nun noch ausweiten, denn innerhalb weniger Nächte ist viel in der Ewigen Stadt passiert: Im beliebten Monti-Viertel wurden zwei Römer niedergestochen, die ein betrunkenes Trio um etwas mehr Ruhe angefleht hatten. Nachts darauf dann eine Schlägerei auf dem bekannten Campo de' Fiori. Und nur 24 Stunden später verhinderte eine "Movida"-Gruppe mit Gewalt, dass Carabinieri einen Dealer festnahmen. Bologna hat schon vor zwei Jahren den Straßenverkauf von Alkohol ab spätabends unter Strafe gestellt.

Auch in Palermo darf kein Bier oder Schnaps mehr an Teenager unter 16 verkauft werden. In Genua ist es untersagt, abends auf den Stufen der Monumente zu "biwakieren", und in Pordenone westlich von Udine wird es gar geahndet, wenn sich dort mehr als zwei Personen zusammentun. Der Norden Italiens, wo die rechtsgerichtete Lega Nord stark ist, scheint am meisten auf dieser Welle der Verbote zu reiten. Innenminister Roberto Maroni hat gerade die Zahl der in Städten gemeinsam mit der Polizei patrouillierenden Soldaten für ein Jahr von 3000 auf 4250 aufgestockt.

Intoleranz des konservativen Staates, oder sind Jugendliche heute etwa schlimmer als früher? "Solch nächtliches Treiben ist immer eine Antwort auf dunkle Zeiten gewesen, wie in Spanien nach der Zeit unter der Franco-Diktatur", erklärt "La Repubblica" die Geburtsstunde der "Movida" auf der iberischen Halbinsel so etwa von 1980 an. Denn sie brachte neues Leben in die Gesellschaft, wirkte befreiend. Und dafür fehlt jenen, die im Italien enger historischer Stadtzentren über die Stränge schlagen wollen, schlicht mehr öffentlicher Freiraum, brechen Befürworter der "italienischen Movida" eine Lanze für dieses Treiben.