Pinkfarbene Hocker, weiße Lacktische, bunte Muster - und die Jukebox darf auch nicht fehlen.

Zurzeit rollt die Retro-Look-Welle, sogar bis auf die ostfriesische Insel Langeoog. Am Hafen wartet schon die Inselbahn mit ihren bunten Waggons. Seit 100 Jahren befördert sie die Urlauber auf den letzten 2,5 Kilometern bis in den Hauptort. Vom Bahnhof aus folgt man den Hinweisschildern und lernt bei zehn Minuten Fußmarsch eigentlich schon den größten Teil des wenig aufregenden Ortes kennen. Als ich das Hotelgebäude erblicke, ist mein erster Gedanke: "Das sieht ja aus wie eine Mietskaserne aus den 60er-Jahren." Doch alle Skepsis ist beim Betreten der Lobby verschwunden.

Gleich am Eingang steht der aus der einst beliebten Fernsehserie "Raumpatrouille" bekannte Eiersessel. Daneben bestimmen Tische in weißem Schleiflack mit Trompetenfuß, bunte Tapeten mit großen, verspielten Mustern und hauptsächlich pinkfarbene Hocker und Sitzsäcke die Inneneinrichtung.

Das Gefühl der Siebziger Jahre ist plötzlich wieder da. So stehen auf dem Empfangstresen Brausepulver, Mäuse und Muscheln aus Süßschaumstoff. Und die Chill-out-Bar serviert Sinalco und Tri Top, den legendären Fruchtsirup. Natürlich darf auch die Jukebox nicht fehlen, die heute allerdings mit CDs bestückt ist.

Der Empfang ist herzlich, den jungen Mitarbeitern des Hotels sieht man an, dass ihnen die Arbeit in dieser Umgebung Spaß macht. Die witzige und originelle Einrichtung setzt sich in den 21 Zimmern fort. Hier dominieren bunte Retro-Tapeten mit Wellenmustern oder Kreisen. Die große Bogenlampe muss natürlich auch sein. In einigen Räumen gibt es sogar einen Whirlpool für zwei Benutzer. Die Badezimmer sind modern ausgestattet. Und als nette Zugabe wird die Erstbestückung der Minibar kostenfrei vergeben. Außerdem verfügen alle Zimmer über eine kleine Terrasse oder einen Balkon. Zu verdanken ist all dies Birgit Kolb-Binder.

Mit diesem Hotel hat sie viel Mut bewiesen. Die gebürtige Kölnerin begann nach dem Abitur ein BWL-Studium in Berlin, das sie aber schon nach nur einem halben Jahr wieder beendete. Es machte ihr einfach keinen Spaß mehr. Sie arbeitete als Angestellte in der Branche Steuer- und Wirtschaftsberatung für weitere acht Jahre, bevor sie auf die Insel zurückkehrte, wo ihr Vater bereits seit 1965 als Gastronom und Hotelier tätig war. Dort pachtete sie 1988 das bekannte Cafe Leiß, auch besitzt sie seit 1994 das Vier-Sterne-Hotel "Kolb".

"Ich wollte mal was ganz Anderes im Hotelsektor machen", sagt die resolute Betreiberin. "Zwar kann ich mich gar nicht so genau an die Siebziger erinnern, aber meine Idee war, die Leute mit klassischen Design-Stücken im Retro-Look froh zu machen", erzählt die Mittvierzigerin. Anregungen hat sie sich dafür in Hamburg geholt. "Ich habe Sinn für das Schöne. Und da ich gerne unterwegs bin und viele neue Eindrücke sammle, bekomme ich auch ein Gefühl für Trends."

Als sie die drei leer stehenden Gebäude gekauft hatte, konnte sie sich diesen Traum erfüllen. Ganz früher befand sich hier die Jugendherberge, danach ein Hotel. Birgits ursprünglicher Plan war, die Immobilien als Personalquartier zu nutzen, bis die Idee für das "Retro Design Hotel" geboren wurde. Herausgekommen ist eine gelungene Stilkombination, die sowohl Jung wie Alt begeistert.

Im perfekt gestylten Frühstücksraum dominiert Lila in Form von Streifen an den Tapeten und darauf abgestimmten Kissen. Man sitzt auf weißen, lederbezogenen Bänken oder ebensolchen Hockern. Das Licht fällt aus verchromten Kugellampen auf geschwungene und abgerundete Tische. Das umfangreiche Frühstück bietet vom Sekt bis zu Mini-Muffins alles, was man in einem guten Garni-Haus erwarten darf. So gestärkt, kann man anschließend zu Fuß oder per Fahrrad die zwölf Kilometer lange, weitgehend naturbelassene Insel erkunden.