Trotz der aktuellen Wirtschaftslage zieht die griechische Insel Santorin Urlauber an. Das liegt auch an den spektakulären Sonnenuntergängen.

Wenn ihr die Türen zur Terrasse öffnet, bringe ich euch das Frühstück." Was Katerina Akyla 15 Minuten später aus zwei großen Körben zaubert, hat mit einem herkömmlichen griechischen Frühstück wenig zu tun: Auf hübsch gedecktem Tisch serviert sie Rührei mit Tomate und Feta, eine zum Früchtekörbchen geschnittene Galiamelone mit Kirschen und Erdbeeren und dekorativ angeordnete Käse- und Wurstscheiben. Dazu warme Brötchen und selbst gebackenes Brot, hausgemachte Aprikosen- und Himbeermarmelade, frisch gerührten Zitronen-Joghurt mit kandierten Quitten. Und auch der Saft wurde selbstverständlich gerade erst aus der Orange gepresst.

Als wäre das nicht schon genug für einen gelungenen Start in den Tag, kommt als optische Komponente noch das Panorama ins Spiel. Vor uns erheben sich drei "Urzeitmonster" aus dem tiefblauen Ägäis-Wasser. Als Erstes die bis heute aktive Vulkaninsel Nea Kameni. Links versetzt die ebenfalls "heiße" Palea Kameni. Und hinter beiden Thirassia, der kleinere Rest des Riesenvulkans, der 1500 vor Christus apokalyptisch explodierte und die weltweit einzigartige Kraterkulisse von Santorin hinterließ.

Die Unterkunft mit dem ebenso fabelhaften Ausblick wie Frühstück - das übrigens jeden Morgen mit anderen Leckereien überrascht - ist ein Familienbetrieb mit dem besonderen Anspruch. Katerina und ihre Schwester Kalliopi wollen ihren Gästen nicht nur ein schönes Urlaubsgefühl vermitteln, sondern auch Gastfreundschaft, Geborgenheit und Herzlichkeit - so, wie sie es selbst als Kinder bei den Großeltern im nahen Dorf Megalochori erlebt hatten.

+++Feta, Oliven und Ouzo sind die Exportschlager+++

Zu diesem schönen Gefühl trägt auch die sorgfältige Ausstattung der Aegagros Caldera Houses mit Gegenständen und Möbeln aus kykladischer Tradition bei. Dabei wurde bewusst auf Jacuzzi und Schwimmbecken verzichtet. Dafür kann - wer möchte - die Hingabe an Gott in der familieneigenen Lavastein-Kapelle aus dem 16. Jahrhundert, in der schon diverse Vorväter das Lob des Herrn verkündeten, praktiziert werden. Die Hingabe der beiden reizenden Schwestern an den Urlauber ist sehr persönlich und fürsorglich - und das griechische Leben kann von Grund auf kennengelernt werden.

Trotz aller Urlaubsfreuden wird aber natürlich auch hier auf Santorin über die aktuelle Lage im Land diskutiert. "Als Hotspot im Griechenland-Tourismus leidet Santorin definitiv weniger als andere Ziele", meint Kalliopi. Der einmalige Charakter der Insel werde stets Publikum anziehen, der Flughafen sorge für reibungslose An- und Abreise. Auf der Hitliste vieler Mittelmeerkreuzfahrer steht Santorin darüber hinaus auf einem Spitzenplatz, manche Faht endet sogar auf der Vulkaninsel. Und Streiks oder Demonstrationen habe es hier ebenso wenig gegeben wie antideutsche Ressentiments.

Doch bei allem Zweckoptimismus, das Lachen ist auch auf Santorin momentan vielen vergangen: Selbst im Vorzeigedorf Oia bleiben in dieser Saison Hotelbetten leer, abends Restaurant- und Bartische unbesetzt. Das Fehlen von deutschen, britischen und französischen Urlaubern macht allen zu schaffen, schließlich lebt ganz Santorin einzig und allein vom Tourismus. Nur die Japaner kommen wie eh und je in Scharen - denn dort ist Oia sehr populär bei Hochzeitspaaren, die weder Kosten noch Mühe scheuen und sogar Landsleute einfliegen lassen für das mehrstündige Hochzeitsfoto-Shooting in der umwerfenden Kulisse am Kraterrand.

+++Griechenland im Sommerschlussverkauf+++

Auf 30 Prozent beziffern Experten die Einbrüche im griechischen Fremdenverkehr, und auch die Reservierungen für den Sommer liegen deutlich unter den Vorjahreszahlen. Die aktuelle politische Krise tut ihr Übriges, "seit dem Regierungsvakuum ist keine einzige Buchung mehr bei uns eingegangen", klagt Katerina und freut sich zugleich doppelt über jeden, der bereits vorher für den Sommer zugesagt hatte.

In Akrotiri immerhin, nur zehn Autominuten entfernt, ist von Krise nicht mehr so viel zu spüren. Im Gegenteil: Der Ansturm auf das "Pompeji der Ägäis" übertrifft alle Erwartungen. Sieben Jahre war die Ausgrabungsstätte nach einem schweren Unfall geschlossen, seit Mai präsentiert sie sich nun neu.

Was Archäologen seit 1967 mühsam aus meterdicken Bimssteinschichten ans Tageslicht befördert haben, liegt unter einem futuristisch anmutenden Dach. Denn wie Pompeji wurde auch die kykladisch-minoische Handelsstadt Akrotiri zerstört und verschüttet - durch denselben gewaltigen Vulkanausbruch, der Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christus das heutige Santorin erschuf.

+++Griechenland-Urlauber müssen keinen Deutschenhass fürchten+++

500 der schönsten dabei gefundenen Gegenstände und einige überwältigende Wandmalereien werden im Prähistorischen Museum der Inselhauptstadt Fira gezeigt: Feuerhunde, auf denen Essen im Ofen gegart wurde, Kannen und Krüge mit Brustwarzen, die wohl als Kultgefäße für Fruchtbarkeitszeremonien dienten. Amphoren und Vasen, die mit Schwalben, Delfinen und Antilopen bemalt sind. Und als Höhepunkt schließlich jene zauberhaften naturalistischen Fresken, die vor 3500 Jahren die Hauswände der wohlhabenden Bürger von Akrotiri schmückten. Allein die blauen Affen könnte man stundenlang bewundern.

Nichts geändert hat sich auch an der Anbetung des feuerroten Sonnenballs, der hinter Oia im Mittelmeer versinkt. So pilgern jeden Abend nach wie vor fast alle Urlauber aufs Kastell von Oia. Durch die Massen wird dabei leider jeder Anflug der ersehnten Romantik regelrecht im Keim erstickt. Auch diesbezüglich sind Kalliopi und Katerina nicht zu schlagen - bei ihnen hat man das betörende Abendlicht und Wolkenspektakel über den Vulkanen ganz für sich alleine.