Wissen Sie, woran man einen Hoteldirektor erkennt? Meistens daran, dass er so schreitet, herumsteht und daherredet, als gehöre ihm der Laden. Das ist zwar nur selten der Fall, aber es macht sich gut. Immer ist er einen Hauch vornehmer als alle anderen, und manchmal sieht er auch so aus: grau meliert, vertrauenswürdig - einer, von dem man auch einen Gebrauchtwagen oder eine unnötige Versicherung kaufen würde.

Außerdem ist er daran zu erkennen, dass er meistens - und das gilt vom Drei-Sterne-Hotel an aufwärts - ein bisschen besser angezogen ist als der Rest des Personals. Sein Dienstanzug hat traditionell den geringsten Polyesteranteil, leuchtet auch unter der Neonbeleuchtung der Rezeption nicht wie eine Kunstfaser-Kutte vom Spielmannszug und ist stets am besten aufgebügelt.

Nimmt der Hoteldirektor seine Sache ernst, ist er mindestens 17 Stunden am Tag im Dienst, stets erreichbar und wohnt selber im Hotel. Das ist schon deshalb praktisch, weil er sich dann nicht zu Hause mit seiner Frau herumärgern, das Gestreite der eigenen Kinder anhören oder den Abwasch machen muss. Dienst geht natürlich vor. Er hat einfach keine andere Wahl - sagt er seiner Frau jedenfalls. Er müsse mal wieder im Hotel übernachten. Aber er schaue dann wohl morgen oder übermorgen wieder in der gemeinsamen Dienstwohnung vorbei, die meistens auch nur einen kurzen Fußweg von der Arbeitsstätte entfernt ist.

Die meisten Gäste eines Ferienhotels lernen ihn unterdessen nur zum Willkommens-Umtrunk am Anreiseabend kennen, wenn er süße Säfte und ein bisschen Sekt zusammenschütten und unter den Neuankömmlingen als Begrüßungs-Cocktail austeilen lässt. Manchmal spricht er dazu ein paar Worte, irgendwas von "wohlfühlen" und "abschalten" und "bis gestern schön sonnig gewesen". Meistens nickt er nur. Ansonsten erahnt man seinen unmittelbar bevorstehenden Auftritt überall auf dem Hotelgelände frühzeitig daran, dass das Personal sich plötzlich der Reihe nach einen sichtbaren Hauch schneller dreht, niemand mehr schlurft und aus dem Stand alle den Gast auch noch anlächeln, obwohl sie ihn vorher eher als lästiges Übel betrachtet haben. Sobald der Direktor sich wieder außer Sichtweite bewegt hat, ist alles wieder so angenehm vertraut wie vorher. Zu erklären ist das recht leicht: Üblicherweise ist der Direktor der Einzige in der Hotellerie, der gut verdient.

Es gibt übrigens auch den Fall, dass der Direktor ein richtig klasse Typ ist - und bei viel Andrang ohne Allüren und ohne sich als Boss vorzustellen den Kofferträger entlastet und Gepäck der Gäste auf die Zimmer schleppt. Das fliegt meist erst dann auf, wenn es ums Trinkgeld geht: weil er sich aufrichtig bedankt - und dennoch standhaft weigert, es anzunehmen.