Ein paar ortskundige Enthusiasten zeigen Touristen die indische Hauptstadt vom Sattel aus

Karl-Heinz Krinn rollt mit dem Fahrrad durch eine der engen Gassen in Delhis historischer Altstadt. Er muss es schaffen, gleichzeitig zu staunen und im Sattel zu bleiben. Überall sind Schlaglöcher, Fußgänger und hupende Motorräder. Dann hält der 50-Jährige an und wirft einen ungläubigen Blick in einen der Läden. Gibt es das? Kopfschüttelnd tritt er wieder in die Pedale.

Krinn ist Metzger. In seiner schwäbischen Heimat ist es undenkbar, dass sich einer mit dem Hackbeil ins unverglaste Fenster setzt und seiner Arbeit auf einem Holzpflock nachgeht. Auf dem Fleischmarkt in Old Delhi ist es normal. "Wir versuchen nicht, Dinge schöner zu machen, als sie sind, sie zu verstecken oder Orte zu meiden", wirbt Delhi by Cycle im Internet. Das von einem Niederländer gegründete Unternehmen organisiert seit 2008 Radtouren durch die indische Hauptstadt.

An diesem Morgen ist Krinn einer von acht Teilnehmern. Voran fährt Bert de Jong. Der 40-jährige Fremdenführer ist wie sein Chef Niederländer. Er kennt das indische Verkehrschaos. Vor dem Gewürzmarkt am Chandni Chowk, der Schlagader Old Delhis, stauen sich Lastwagen und meterhoch beladene Ochsenkarren. Vom Dach sieht die Gruppe die imposanten Kuppeln und Minarette der Jama Masjid (Freitagsmoschee). Mit dem Finger beschreibt Fremdenführer de Jong die weitere Route: zuerst durch die Gasse, dann raus aus dem Gewirr ins vornehme Viertel Civil Lines. Vier Touren bietet Delhi by Cycle an. Alle sind leicht zu fahren, denn Delhi ist flach und das Tempo gemächlich. Zudem wird überall am Straßenrand Chai verkauft. Die nordindische Spezialität - ein süßer, mit viel Milch gekochter Tee - ist eine willkommene Stärkung für die Radler.