Der Nationalpark Gorongosa leidet noch immer unter den Folgen des Bürgerkriegs. Ein Wildhüter mit bekannten Hamburger Wurzeln wirbt nun um neue Besucher

Menschen im Busch sind hart im Geben und Nehmen. Aber Rob Janish, 34, ist keiner, der einem auf den Rücken haut, als wollte er ein Schnitzel weich klopfen. Zwar geht er rau um mit dem Jeep, in dem er seine Gäste zur Safari fährt. Doch im Busch wird er zum hemmungslosen Schöngeist. Auf jeden Vogel und Wasserbock, auf jedes Impala und jede Kuhantilope weist er hin mit dem Ausruf "what a beautiful animal". Sogar kleine Schildkröten und sich ringelnde Würmer lösen Entzücken bei ihm aus.

Er findet Falter am Grashalm, deutet auf Libellen, ortet einen Skorpion unter einem Riesenblatt und studiert hingebungsvoll Ausscheidungen, um zu analysieren, wer sie hinterließ. "Der Dung stammt von einem Elefantenbullen, ich kenne ihn." Rob fährt einen Umweg, wenn eine Spinne ein fünf Meter breites Netz über die Schotterpiste spann, klaubt gebleichte Büffelknochen aus der Savanne, zeigt uns Huf- und Tatzspuren - "höchstens vier Stunden alt" - und hat einigen Tieren sogar Namen gegeben, weil er sie öfter sieht.

Die kobaltblau schillernde Spinne nennt er "Lady" und fragt sie süffisant, ob sie wieder ein Zeugungsmännchen verschlungen habe. Er begrüßt eine Erdspinne, die unter einem Palmblatt mit ihren Zangenarmen einen fetten Erdwurm zerlegt. "Oh, sorry, you have lunch!" Und aus einem Baumstamm, an dem sich die Tiere gern reiben, zieht er zwei Fellhaare. "Das ist von einem Löwen, es ist rau. Das ist Antilopenhaar, samtweich." Er lässt uns fühlen.

Rob war Lehrer in Johannesburg "aber ich habe es nur ein Jahr ausgehalten". Er managte Camps in Simbabwe und Botswana, lernte seine heutige Frau Jos kennen. 2009 wagten beide die Eröffnung ihres eigenen Camps im Gorongosa-Nationalpark in der Mitte des fast 2500 Kilometer lang gestreckten Mosambik. Explore Gorongosa ("Erforsche Gorongosa") haben sie es genannt. Es liegt am Mussicadzi River, aus dessen schlammigem Wasser hin und wieder ein Krokodil sein Maul streckt und in dem Flusspferde planschen.

In fünf Luxuszelten gibt es zehn Kingsize-Betten mit Moskitonetzen. Hinter dem Zelt steht eine Dusche, in deren Tank Robs' Mitarbeiter warmes Wasser gießen, wenn die Gäste von der Safari zurückkehren. Das Camp ist zehn Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt. Nachts funkeln die Sterne, im Morgengrauen brüllen Löwen. "Ich kann nur im Busch leben", sagt Rob. Das war bei seinen Vorfahren anders. Die Jenischs (Robs Name wurde der englischen Schreibweise angepasst) zogen das Stadtleben vor. Nach ihnen sind in Hamburg eine Straße, ein Park und ein Gymnasium benannt. Der einstige Landsitz des Senators Martin Johann Jenisch ist heute Kulturstätte, das Jenisch-Haus. Der Stammbaum der Familie reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Nur ein Familienmitglied suchte in den 1820er-Jahren das Weite. Er ging nach Kapstadt und gründete eine Familie.

Vermehren sollen sich aber auch die Tiere im Park, mit 4000 Quadratkilometern der größte in Mosambik. Einst war er Afrikas Arche Noah, darunter 2200 Elefanten, 14 000 Wasserbüffel, 3000 Zebras und ebenso viele Flusspferde. Hollywood-Legende JohnWayne kam in den 60er-Jahren zur Großwildjagd, Astronaut Charles Duke sah im Park das schönste Stück Erde, und Schauspielerin Tippi Hedren, Star in Hitchcocks "Vögel", fiel auf, weil sie im Busch auf hochhackige Sandalen, aus denen spitzgefeilte, gelackte Nägel hervorlugten, nicht verzichten wollte. Das war die mondäne Zeit, als sich Prominente im Mercedes über die mächtige Brücke über den Rio Pungoé ins Chitengo Camp chauffieren ließen, wo sie in Rundbungalows residierten und rauschende Feste feierten.

Der grausame Bürgerkrieg von 1976 bis 1992 machte dem Ganzen ein Ende. Nach Abzug der Portugiesen aus Mosambik bekämpften sich die nationalistische Renamo und die sozialistische Frelimo erbittert.

Ab 1983 verlief die Front mitten durch den Park. Renamo-Söldner, fast drei Jahre umzingelt von Frelimo-Kämpfern, schossen auf Tiere, um sie zu schlachten und zu essen. Es fanden regelrechte Massaker statt. Bei 60 überlebenden Elefanten kann man heute noch Einschussnarben sehen. Die Tiere sind scheu, bisweilen aggressiv und leiden an posttraumatischen Stresssymptomen, manche hat man sogar weinen sehen. Landminen zerfetzten Zebraherden, die durch die Savanne galoppierten, die vielen Löwen, nach denen ein Besuchercamp "Casa des Leoes" hieß, rottete man fast aus.

Erst seit 2007, nachdem die letzte Landmine entschärft und das Chitengo Camp mit Verwaltung einigermaßen wiederhergestellt war, ist der Park wieder offen. Büffel haben sich inzwischen vermehrt - auch Antilopen und Impalas, Paviane und Warzenschweine. Aus dem südafrikanischen Krügerpark und Zimbabwe sind Elefanten geholt worden. Die Wiederansiedlung von Zebras ist bisher jedoch nicht gelungen. Der Aufbau der Tierwelt ist kompliziert, es genügt nicht, einfach einige Exemplare in der Savanne auszusetzen - das Gesamtkonzept muss stimmen.

Ein Glücksfall war Gerry Carr, US-Millionär und Philantroph, der mit seiner Firma viel Geld verdient hat, als Single niemandem verpflichtet ist, 1999 eine Stiftung zur Unterstützung des Parks gründete und 2004 die Finanzierung der Restaurierung übernahm. Seitdem sind mehr als 20 Millionen Dollar geflossen, noch mal so viele sollen folgen. "Senhor Greg", wie Häuptlinge angrenzender Dörfer ihn nennen, ist oft vor Ort und investiert auch in die nachhaltige Entwicklung der Dörfer, in Schulen, Elektrizität und Krankenhäuser. "Wer die Natur schützen will, muss auch den Menschen helfen."

Von diesem Engagement ließ sich auch der Hamburger Nachrichtentechniker Thorsten Behrmann anstecken. Der 45-jährige Naturfreund nahm Kontakt auf und bot seine Hilfe an. "Eigentlich wollte ich zum Surfen in die Dominikanische Republik", erzählt er. Als die Parkverwaltung ihn jedoch als Projektmanager willkommen hieß, entschied er sich sofort um, buchte einen Flug und nahm ein Zelt mit. Er bleibt noch bis Ende Mai, arbeitet ohne Lohn. Doch trotz allem Enthusiasmus gibt er zu: "Es ist schwieriger, als ich dachte. Die Leute haben eine andere Arbeitsmentalität. Anfangs ging es nicht voran."

Inzwischen hat Behrmann es geschafft, alle Zuständigen an einen Tisch zu bekommen. Man hat ihm einen Arbeitsraum eingerichtet, und er plant, den gesamten Park mit einem Mobilfunknetz zu überziehen. Das würde die Arbeit der Ranger enorm erleichtern, und bei Unfällen könnte schnell Erste Hilfe geleistet werden. Dass sich Affen vor seinem Büro lausen, der Zimtroller, ein besonders hübscher Vogel, dort herumstakt, Insekten sich in seinem Zelt tummeln und Vögel die Nacht durchkreischen, nimmt er hin. Er ist optimistisch: "Ich ziehe das jetzt durch!" Vasco Galante, der Öffentlichkeitsbeauftragte des Parks, lobt den energischen Hamburger. "Wir haben Anfragen aus Europa von Menschen mit guten Herzen, die helfen wollen", sagt er. "Aber wir brauchen Fachleute wie Thorsten, die wirklich nützlich sind."

Am Morgen liegt Dunst auf den Südausläufern des Großen Afrikanischen Grabenbruchs. Perreira, der alte Ranger, steht um sechs Uhr in Uniform und mit Gewehr bereit, um die Besucher auf ihrem Morgengang zu begleiten. Er geht immer vorneweg. Klopft er zweimal mit der Hand auf seinen Oberschenkel, heißt das: Stehen bleiben, Tiere haben immer Vorfahrt. Perreira führt zu Krokodilen, die sich in der Sonne auf Sandbänken wärmen, durch ein Ökosystem, das fast vernichtet worden wäre. Seit 1972 lebt der Ranger im Park, Rob Janish hat viel von ihm gelernt. "Perreira freut sich, weil die Natur stärker ist als die Menschen, die sie zerstören wollten." Perreira lächelt, wenn er Affen sieht, die mit ihren Jungen kuscheln, die Vogelkolonie, die im Gras landet und in der Ferne vor dem Massiv des 1600 Meter hohen Mount Gorongosa die durchziehenden Huftierherden, die größer und größer werden.