Am 15. Mai wird in Hamburg mein Schiff getauft. Nein, nicht mein eigenes, sondern mein Schiff. Sie verstehen nicht? Ich bin nicht verwirrt - das Schiff heißt wirklich so: "Mein Schiff". Das erste eigene Kreuzfahrtschiff der TUI. Damit es nicht gar so hirnrissig klingt, sollte ich es vielleicht in Tüttelchen, in Gänsefüßchen schreiben, also: "Mein Schiff". Aber versuchen Sie das mal in Tüttelchen zu sprechen - es geht nicht. Also lassen wir die Tüttelchen weg.

Noch bin ich gespalten: Ist mein Schiff eine geniale Marketing-Idee? Oder haben sich die Letztplatzierten des PISA-Tests das alles ausgedacht? Rein offiziell heißt es ja - Kreuzfahrt-korrekt - MS "Mein Schiff", in der Langfassung: Motorschiff "Mein Schiff". (Merken Sie, wie es sprachlich langsam zu holpern beginnt?)

Zunächst war mein Schiff ja nur der Arbeitstitel der Reederei; dann durften alle via großer deutscher Boulevard-Zeitschrift abstimmen, wie mein Schiff heißen soll. Die Entscheidung fiel eindeutig: Mein Schiff soll "Mein Schiff" heißen. Beim Votum blieben klangvolle Namen auf der Strecke. Zum Beispiel MS "Helga", "Bi-Ba-Butzemann" oder "Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord". Aber es soll ja noch weitere Schiffe der TUI geben. Wie werden die dann heißen? "Mein 2. Schiff", "Noch'n Schiff". Oder die schwäbische Variante: "Die wo mein Schiff".

Bleiben wir aber zunächst beim ersten Schiff, bei "Mein Schiff". (Mein Gott, dieses Deutsch!) Uns Journalisten stürzt mein Schiff in eine tiefe Glaubenskrise. Die Neutralität wird durch diesen Dampfer abgeschafft. Schon der Satz: "Mein Schiff geht auf Jungfernfahrt" ist parteiisch, lässt die kritische Distanz vermissen. Da klingt doch "Die ,Queen Mary 2' kommt nach Hamburg" deutlich distanzierter. Im NDR-Fernsehen werden wir durch die Moderationen hoppeln (liebe Kollegen, ich freu mich schon). Wer zufällig ins Programm hineinschaltet und mein Schiff nicht kennt, wähnt sich in einem Logopädie-Workshop.

Taufpatin ist Ina Müller, dabei wäre doch Verona Pooth prädestiniert: "So wünsche ich mein Schiff allzeit gute Fahrt ..." Ein Satz wie aus dem Blubb-Lehrbuch.

Die hiesige Kreuzfahrt-Konkurrenz schaut sich die Kampagne kritisch an, redet hinter vorgehaltener Hand schon von "kein Schiff". Aber es hat doch auch was Gutes: Die Piraten vor Somalia werden sich zerstreiten und mit der Machete aufeinander losgehen: "Da kommt mein Schiff!" "Nein, das ist mein Schiff!"

Auch die Bord-Kommunikation wird viel egozentrischer. Der Kabinenstewardess signalisiert man mit zwei Worten, dass gereinigt werden kann: "Mein Siff!" Lale Andersens Schlager wird nur noch in der modifizierten Form gesungen: "Mein Schiff wird kommen". Und nach dem Jamaika-Landgang werden die Passagiere lächelnd ihren Einkauf konsumieren: "Mein Kiff!" Wie immer es auch kommen wird: Ich persönlich wünsche "Mein Schiff" immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. Und sollte es doch mal auf Grund laufen, dann hat mein Schiff bestimmt Glück im Unglück: Es ist auf "mein Riff" gestrandet.