Am 21. Juni beginnen die Schulferien. Jetzt noch kurzfristig Urlaub buchen? Im Reisebüro oder Online? Das Abendblatt klärt Sie auf.

Sommerferien samt Sonnenschein, diese Gleichung geht für Hamburger nicht immer auf. Erinnerungen an das vergangene Jahr werden wach. Nur die Härtesten der Harten wagten sich 2011 in Nord- und Ostsee, die Lufttemperatur animierte selten zum Tragen von Bade- und Bermudashorts. Auch deswegen entschieden sich viele, kurzfristig in den Süden zu fliegen. In der Branche sprach man von einem Last-Minute-Boom. Die Folge: Zu Beginn der Schulferien gab es kaum noch Angebote von Hamburg in den Mittelmeerraum. Wiederholung auch in diesem Jahr nicht ausgeschlossen. Die Mehrzahl der beliebtesten Hotels ist bereits ausgebucht. Aber für wen macht es überhaupt Sinn, seinen Urlaub kurzfristig zu buchen? Ist der Abschluss über Online-Portale besser als im traditionellen Reisebüro, weil unter anderem das Angebot größer zu sein scheint? Worauf sollte besonders geachtet werden, um Kostenfallen im Internet zu vermeiden? Und welche Chancen haben Hamburger Familien jetzt noch, mit Beginn der Sommerferien am 21. Juni günstig in den Süden zu fliegen? Das Abendblatt hörte sich in Reisebüros um, machte Stichproben, ob das Internet wirklich günstiger ist, und sprach mit Experten.

Im Terminal 1 des Hamburger Flughafens sitzt Brigitte Voss hinter ihrem Schalter. Sie ist Reiseberaterin im Thomas-Cook-Reisebüro und verfügt über 30 Jahre Berufserfahrung in der Branche. "Zu uns kommen vermehrt ältere Leute, die jüngeren buchen heutzutage online", sagt sie und blickt dabei ein wenig traurig. Das könnte sich in den kommenden zwei Wochen ändern. Dann, wenn die Angebote knapper werden und die Temperaturen nicht steigen. So wie im vergangenen Jahr. Um Voss herum sind Zettel mit Last-Minute-Angeboten an die Wände geklebt. "Noch sind genügend vorhanden", sagt sie. Klar ist aber auch: Je näher es an die Sommerferien herangeht, umso teurer werden die Reisen. Mehrkosten für einen zweiwöchigen Urlaub im Mittelmeerraum von bis zu 700 Euro pro Person binnen weniger Tage können da schon einmal auftreten. Und das Ausweichen auf andere norddeutsche Flughäfen wie zum Beispiel Hannover - in Niedersachsen beginnen die Schulferien erst einen Monat später - bringt kaum einen finanziellen Vorteil. "Die Veranstalter reagieren sofort, wenn von Hamburg nichts mehr geht", so Voss.

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"Last Minute heißt nicht immer günstig", sagt Jessica Frey, Reiseberaterin im Air-Marin-Reisebüro. Das gilt vor allem für Familien. Der XXL-Frühbuchertarif sei für Familien immer die günstigste und beste Variante, da sind sich die beiden Reiseberaterinnen einig. Dieser Meinung ist auch Reiseexperte Klaus Hildebrandt, Chefredakteur des Fachmagazins "fvw". "Für Familien ist das die beste Lösung", sagt er. Soll heißen: Wer bereits im Winter den Sommerurlaub bucht, spart am meisten. "Es sollte immer daran gedacht werden, dass die Hotels nur eine bestimmte Anzahl an Familienzimmern haben. Insofern hat eine frühzeitige Buchung doppelt Sinn", erklärt Hildebrandt. Sabine Fischer-Volk, Rechtsreferentin und Reiseexpertin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg e. V., empfiehlt neben Frühbucherrabatten auch All-inclusive-Angebote mit Kinderermäßigungen.

Aber für welche Personengruppen ist eine Last-Minute-Reise überhaupt interessant, zumal die Zeit der vielen Mega-Schnäppchen laut Fischer-Volk vorbei ist? "Das ist nur etwas für ganz flexible Menschen, die erst kurzfristig wissen, wann sie Urlaub nehmen", sagt Hildebrandt. Prinzipiell will der Reiseexperte nicht von einer Buchung im Internet abraten, lobt jedoch die Qualität der stationären Reisebüros. "Reisebüros können ganz individuell beraten, weil sie mehr über die Sozialstruktur ihrer Kunden wissen als Portale. Sie können genau die eine Reise anbieten, die zum Kunden passt. Das Internet gibt eine grobe Orientierung, allerdings erschlägt die große Auswahl viele Leute. Und vom Preis her gibt es nicht wirklich große Unterschiede, weil alle Anbieter mit dem gleichen System arbeiten, das sich Traveltainment nennt", sagt Hildebrandt. Zwar gebe es auch noch ein zweites System. Einen großen Vorteil für Online-Reiseportale stelle es aber nicht dar. Preisliche Unterschiede seien daher eher gering, Ausnahmen gebe es nur wenige.

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Die Aussagen der Experten stützen auch die Stichproben des Hamburger Abendblatts. Wir holten im Reisebüro Pauschalreise-Angebote für einen 14-tägigen Urlaub mit drei Personen (zwei Erwachsene, ein Kind) auf Mallorca, Kreta und in Antalya ein. Am selben Tag fragten wir die Preise für das identische Paket bei Online-Reiseportalen ab. Die Ergebnisse: Für Mallorca war das Reisebüro nicht zu schlagen und sogar 200 Euro günstiger als die Konkurrenz. Der Türkei-Urlaub war im Internet preiswerter, allerdings nur 60 Euro. Für Griechenland blieben die Kosten identisch. Die Reisebüros haben den Vorteil, dass sie beim Preis auf Nachfrage noch einmal ablassen können. Daher ermuntert Fischer-Volk, günstige Angebote aus dem Web als "Verhandlungsbasis" mit ins Reisebüro zu nehmen. "Drei Prozent sind immer drin, um die Kunden an sich zu binden", sagte eine Reiseverkehrskauffrau die anonym bleiben will, dem Abendblatt.

Wer unbedingt bei Online-Reiseportalen buchen möchte, sollte auf der Hut sein. "Immer wieder kommt es vor, dass in Buchungsmasken diverse Servicegebühren, Versicherungen usw. voreingestellt sind. Das ist unzulässig, und die Beträge sollten daher vom Anbieter umgehend zurückgefordert werden", rät Fischer-Volk. Lohnenswert ist der Blick auf aktuelle Tests der Stiftung Warentest, die diverse Buchungsportale untersucht hat (siehe Kasten unten). Neben der Pauschalreise gibt es auch die Variante, sich die Reise selber zusammenzubauen. Hier werden Flug und Unterkunft separat gebucht, auch muss sich der Kunde um den Transfer vom Flughafen zum Hotel kümmern. Für Preisbewusste ist das zu Schulferienzeiten nicht zu empfehlen. "In der Hauptsaison gilt die Regel, dass das Paket günstiger ist. Bei Pauschalreisen ist Sicherheit drin, also Haftung, Versicherung und Insolvenzschutz. In der Nebensaison kann die Einzelbuchung aber sehr wohl interessant sein", sagt Hildebrandt.

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Geht es in diesem Sommer bei den Pauschalreisen - und hier insbesondere im Last-Minute-Bereich - um die Auswahlmöglichkeiten in Kombination mit Preisnachlässen, sei vor allem der Krisenstaat Griechenland eine Reise wert, schwärmt der Experte: "Man kommt dorthin nie wieder günstiger als in diesem Jahr. Die Veranstalter gehen kurzfristig mit den Preisen 20 Prozent runter." Auch Tunesien sei immer eine Alternative, "das Land ist wieder im Kommen. Ägypten ist ebenfalls zu empfehlen - trotz der hohen Temperaturen." Insgesamt gebe es für den Mittelmeerraum und Nordafrika noch genug zu buchen. Neben den griechischen Inseln sind derzeit auch die Auswahlmöglichkeiten für die Türkei und die Kanaren recht groß.

Reiseexpertin Voss ist großer Türkei-Fan. "Dort kriegst du das meiste für dein Geld. Und guten Standard bezeichnen wir in diesem Land ab vier Sterne", sagt sie. Und was ist mit Mallorca, der Lieblingsinsel der Deutschen? Die Buchungsquote ist stabil gut. Immer öfter sei die Abflugzeit bei Pauschalreisen jedoch erst am Abend, zurück gehe es dann schon am Morgen, so Voss. Der Urlauber hat im Vergleich zu Reisen in andere Destinationen einen halben Tag weniger vor Ort.

Einen Vorteil gegenüber Hamburg haben aber alle Ziele im Süden: Das Wetter in den Ferien ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit beständiger.