Neuland. Die Stiftung Lebensraum Elbe lässt den Fischreichtum von Elbbuchten erkunden. Auch um besondere Strukturen nachzubauen.

Mittwochmorgen, 9.30 Uhr, die Süderelbe führt Hochwasser. Laut knatternd nähert sich ein kleines Boot mit Außenborder der größeren der beiden Buchten des Naturschutzgebiets Schweenssand am nordöstlichen Harburger Stadtrand. An Bord sind drei Fischereibiologen. Sie wollen in den nächsten Stunden untersuchen, was in der Bucht herumschwimmt und haben dabei vor allem das Prielsystem im Visier.

Die Biologen des Büros limnobios erheben die Fischwelt im Auftrag der Stiftung Lebensraum Elbe. Sie gehört der Stadt und soll den ökologischen Zustand der Tideelbe verbessern. Dabei spielen die Elbbuchten eine große Rolle. Sie sind von Auwäldern und Röhrichten gesäumt und bieten Fischen ideale Rückzugsräume.

Die Tiere finden reichlich Nahrung, Jungfische können hier ungestört aufwachsen. Die Priele verlängern bei Ebbe die Kontaktfläche zwischen Land und Wasser, bis auch sie trocken fallen. Die Wasseradern verbessern die Selbstreinigungskraft der Elbe.

Zweite Untersuchungsrunde läuft im September

„Wir fördern diese wichtigen Lebensräume und legen in anderen Hamburger Flussbereichen neue Prielsysteme an. Dazu möchten wir wissen, welche Strukturen besonders gut funktionieren. Deshalb lassen wir jetzt zum zweiten Mal die Prielsysteme entlang der Norder- und Süderelbe befischen“, sagt Elisabeth Klocke, Geschäftsführerin der Stiftung Lebensraum Elbe.

Bereits im Frühjahr waren Forscher für die Stiftung auf Fischfang. Am Dienstag startete die zweite Untersuchungsrunde im Naturschutzgebiet Heuckenlock am Nordufer der Süderelbe.

Auch heute ist der Schweenssand dran

Gestern und heute ist der Schweenssand dran. Weitere elf Stationen werden folgen – wenn alles plangemäß läuft, wird die letzte am 25. September Overhaken (Vier- und Marschlande, gegenüber von Over) sein.

Der erste Arbeitsschritt sollte schnell erfolgen: Die Biologen sperren mit einem Netz die Bucht ab, bevor die Fische mit dem abfließenden Wasser in den Hauptstrom schwimmen. Dann werden einige Stellnetze ausgebracht und das Wasser analysiert.

„Wir messen den Sauerstoffgehalt, den pH-Wert, die Leitfähigkeit und die Temperatur“, sagt Fahrtenleiter Peter Rathcke. 20,8 Grad warm ist das Wasser. Eine gute Badetemperatur, aber nicht an dieser Bucht, denn sie ist für die Natur reserviert.

Mit Strom werden die Fische kurzfristig betäubt

Nach rund einer Stunde steuert Sven Oesmann am Außenborder das östliche, obere Ende der Bucht an. Hier wird zuerst gefischt, bevor die Wattflächen frei liegen und das Boot den Prielabschnitt nicht mehr erreichen kann. Nun setzen die Forscher das Wasser leicht unter Strom. Er betäubt die Fische kurzfristig, damit sie mit Keschern aus der Bucht geholt, in einer Plastikwanne zwischen gelagert und dann an Land vermessen werden können.

„Wir messen nur die Körperlänge und bestimmen die Art. Dann setzen wir sie jenseits unseres Sperrnetzes wieder aus“, so Rathcke. Die Prozedur wiederholen die Forscher an drei weiteren Stellen, bis die Bucht weitgehend trocken gefallen ist.

Schilfgürtel, Auwald und Flachwasserzonen machen das Naturschutzgebiet Schweenssand zu einem wertvollen Lebensraum.
Schilfgürtel, Auwald und Flachwasserzonen machen das Naturschutzgebiet Schweenssand zu einem wertvollen Lebensraum. © Andreas Giesenberg | Hamburg.de

Am Nachmittag fasst Rathcke die ersten Ergebnisse zusammen: „Wir haben 80 bis 90 Fische bestimmt. Mehrheitlich Alande, aber auch Brassen, Güster, Ukeleie und Flussbarsche waren darunter.“

Erstmalig wurde die Bucht am 31. Mai inspiziert

Die Fischwelt könne nicht vollständig, sondern nur stichprobenartig erfasst werden, so Rathcke: „Wir fangen nie 100, eher 20 bis 50 Prozent.“

Erstmalig wurde die Bucht am 31. Mai inspiziert. „Damals wurden recht viele Fische gefangen. Das spricht dafür, dass der Schweenssand gute Lebensräume bietet“, sagt Elisabeth Klocke.

Zu 60 Prozent gingen Brassen in die Netze, 105 erwachsene Tiere. Mit 18 Prozent wurde der Aland damals am zweithäufigsten gefangen. Zudem fanden die Forscher „überraschend viele junge Stinte“, so Klocke, sie waren die dritthäufigste Art.

Auch jetzt war die Bucht recht fischreich. Klocke: „Wir bekommen mit den Befischungen einen ersten Überblick. Wenn die Ergebnisse vollständig vorliegen, werden wir über das weitere Vorgehen entscheiden.“ Vielleicht gibt es bald andere Elbbereiche, in denen neue Schweenssände“ geschaffen werden.