Frank Intert, Präsident des Landesverbandes, spricht über Zukunftschancen und Vorbilder

Ahrensburg. Seit zwei Jahren führt der 53 Jahre alte Frank Intert den Tennisverband Schleswig-Holstein. Der promovierte Apotheker aus Bad Segeberg war zuvor fünf Jahre Vizepräsident und für Jugendarbeit zuständig. Knapp sechs Wochen vor dem Start der neuen Freiluftsaison spricht Intert im Abendblatt-Interview über die Zukunftschancen des Tennis, das hinter Turnen und Fußball noch immer der drittgrößte Fachverband in Deutschland ist, und was die Verbände gegen die sinkenden Mitgliederzahlen in den Clubs unternehmen können.

Seit Jahren gehen im Landesverband Schleswig-Holstein die Mitgliederzahlen zurück. Allein in Stormarn sank die Zahl der organisierten Spieler im Vorjahr um 3,3 Prozent. Ist Tennis out?

Intert:

Nein, Tennis ist nicht out. Tennis konkurriert mit anderen Sportarten und Aktivitäten um die weniger werdende Freizeit der Menschen verschiedener Generationen. Hier liegt meines Erachtens noch viel Potenzial, um Tennis attraktiver zu machen, weil dieser Sport mehr als manch anderer „freizeitkompatibel“ ist.

Sie sind seit zwei Jahren im Amt, was haben Sie gegen den bisherigen Trend unternommen, was ist noch zu tun?

Intert:

Am einfachsten ist es, Spielformate an die gesellschaftlichen Anforderungen anzupassen. Wir sehen das an der großen Nachfrage nach den Leistungsklassen und den Leistungsklassen-Turnieren. In nur zwei Jahren sind wir von weniger als zehn auf über 80 Turniere in Schleswig-Holstein geklettert. Die Anpassung der Spielzeiten der Jugend-Punktspiele an längere Schulzeiten zählt ebenfalls dazu. Und nicht zuletzt ist der vor einiger Zeit eingeführte Match-Tiebreak statt des ausgespielten dritten Satzes eine Maßnahme in diese Richtung. Das A und O ist aber die Ausbildung von Trainern. Die Qualität der Coaches in den Vereinen entscheidet über den Erfolg der Mitgliedergewinnung. Im Schulungszentrum Neumünster sollen die künftigen Trainer nicht nur zeitgemäße Tennisdidaktik lernen. Sie sollen auch vermittelt bekommen, dass ein Trainer mehr ist als ein Tennislehrer. Er ist Organisator und Kommunikator. Ohne geeignete Persönlichkeiten wird es kaum gelingen, Kooperationen mit Kindergärten, Schulen und anderen Sportvereinen auf den Weg zu bringen, um Kinder und damit ihre Familien in die Tennisclubs zu bringen und sie dort dank qualifizierter Arbeit zu halten.

Tennis in der Schule, ist das ein Teil der Zukunft?

Intert:

Das ist zweifelsohne eines der dicksten Bretter, das wir zu bohren haben. Bis dato unterstützen wir mit Material, etwas Geld und einem Durchführungskonzept („Aufschlag in der Schule – Return im Verein“, die Red.) lokale Aktionen. Das greift jedoch deutlich zu kurz, da die Schulen den Kindern und Jugendlichen oft gar keine Zeit mehr lassen, Freizeitsport zu treiben. Daher suchen wir Möglichkeiten, Tennis in das schulische Sportangebot zu integrieren. Dazu gehört, die Sportlehrer mit Tennis und seinen sportlichen und didaktischen Inhalten vertraut zu machen. Weiterhin gilt es, das Tennisangebot in den Schulen selbst auszubauen.

Geben Sie den Sportvereinen angesichts der rasanten Veränderungen im Schul- und Berufsalltag in ihrer heutigen Form noch Zukunftschancen?

Intert:

Sportvereine haben immer eine Zukunft, da bin ich sicher. Wo sonst ist Gemeinschaft, Sport für alle Alters- und Leistungsklassen und Geselligkeit für einzelne und ihre Familien in dieser Form erlebbar? Allerdings werden sie es zunehmend schwerer haben. Das liegt natürlich an weniger verfügbarer Freizeit bei gleichzeitig größerer Konkurrenz um diesen „Markt“. Gleichzeitig müssen sich die Vereine kreativer und professioneller aufstellen, um ein attraktiver Freizeitpartner zu sein.

Schleswig-Holstein stellt bei den Damen Spielerinnen in der Weltspitze – ein Beispiel ist die Oldesloerin Julia Görges. Warum sind sie öffentlich nicht so wie die Tennisstars in früheren Zeiten präsent? Sollten diese Stars nicht mehr im Mittelpunkt stehen, um als Schubkraft für Tennis zu wirken?

Intert:

Ja, mehr Präsenz wäre wünschenswert. Das gilt zum einen für eine breitere öffentliche Wahrnehmung der Persönlichkeiten in Medien. Zum anderen kann es einen Motivationsschub auslösen, wenn solche „Stars“ sich auch mal dort präsentieren, wo sie selbst Tennis gelernt haben. Wir sehen diesen Effekt häufig im Leistungszentrum, wenn Julian Reister oder Tobias Kamke dort trainieren. Das fasziniert Kinder und Jugendliche beim Kadertraining ungemein. Verbandscoach Herby Horst sorgt heute mit deutlich anders formulierten Fördervereinbarungen dafür, dass die Stars von morgen auch stets etwas zurückgeben müssen, wenn sie von uns auf ihrem Weg gefördert wurden.

Sie hatten unlängst Ihre Mitgliederversammlung. Was haben Sie den Vereinsvertretern mit auf den Weg gegeben?

Intert:

Sichtbares Zeichen unserer Strukturänderung wird es sein, dass wir die bisherige und sicher allen vertraute Wettspielorganisation möglichst bald mit einem anderen System umsetzen werden. Es erlaubt die komplette Mannschaftsplanung für die Vereine. Nach jedem Punktspiel findet sich das erzielte Ergebnis unmittelbar im eigenen Spielerprofil wieder. Diesen für jeden Mannschaftsspieler wichtigen Schritt wollen wir intensiv dokumentieren. Eine weitere Botschaft soll sein, dass Vereine über mehr regionale Kooperationen nachdenken sollten, um gemeinsam stärker zu sein und die Mitglieder zu halten.

In welchem Bereich liegt Ihr Arbeitsschwerpunkt in 2015?

Intert:

Weiter Strukturen im Verband so zu optimieren, dass mehr Service für die Vereine möglich ist und der Verband als Partner für Clubs erlebbar wird.

Wird sich denn im aktuellen Spielbetrieb etwas ändern?

Intert:

Ja. Zum einen kommen künftig statt einem gleich zwei Altersklassenspieler jedes Vereins in den Genuss eines internen Doppelspielrechts. Man kann also beispielsweise an einem Sonnabend bei den Herren 40 und am Sonntag bei den Herren 30 spielen. Und dann freuen wir uns darauf, dass zum zweiten Mal die Verbandsmeisterschaften von Hamburg und Schleswig-Holstein gemeinsam stattfinden, diesmal vom 2. bis 7. Juni auf der Anlage des TC Alsterquelle in Henstedt-Ulzburg.