Reinfelds Handballtrainer Detfred Dörling spricht im Abendblatt-Interview über den möglichen Aufstieg, mentale Stärke und gute Fitness

Reinfeld. Die Handballfrauen der HSG Reinfeld/Hamberge stehen vorzeitig als Vizemeister der Schleswig-Holstein-Liga fest. Im April absolviert die Mannschaft von Detfred Dörling zwei Relegationsspiele gegen den Zweitplatzierten der Hamburg-Liga. Ein erfolgreiches Abschneiden bedeutet für Reinfelds Coach den Oberligaaufstieg. Im Interview mit der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn spricht der 60-Jährige über mögliche Auswirkungen der geplanten Umstrukturierung in der Dritten Liga, seine in den vergangenen zwei Jahren mental gereifte Mannschaft und deren neue Defensivstärke.

Hamburger Abendblatt:

Herr Dörling, zweimal haben sie den angestrebten Aufstieg knapp verpasst. Wie sicher sind sie, dass es diesmal klappt?

Detfred Dörling:

Der erste Schritt ist mit dem Erreichen der Relegationsspiele geschafft. Ich bin überzeugt, das wir uns auch dort durchsetzen werden. Alles weitere liegt nicht in unserer Hand. Der Deutsche Handballbund will mit einer Umstrukturierung der Dritten Liga die Anzahl der Mannschaften von 56 auf 48 reduzieren. Acht Teams müssen somit auf die verschiedenen Oberligen verteilt werden, was uns möglicherweise um den sportlichen Erfolg bringt. Unverständlich ist, dass der Verband die endgültige Fassung der Pläne erst Ende Mai vorlegt, wenn die Meldefristen für die unteren Ligen längst abgelaufen sind.

Ihre Mannschaft hat nach dem Aufstieg vor drei Jahren immer wieder Leistungsschwankungen gezeigt. In dieser Saison wirkt sie mental gefestigt. Wie erklären sie sich diese Entwicklung?

Dörling:

Wir sind in der Breite jetzt besser besetzt. Früher war unser Spiel allein auf Rückraumspielerin Rika Tonding zugeschnitten. Mit Sina Rostek, Anna-Lena Tezlaff, Sandra Bernert und Dominique Schild sind wir im Angriff unberechenbarer geworden. Lina Tonding ist von Linksaußen in die Mitte gerückt, Rostek und Laura Beth dagegen aus dem Rückraum auf die rechte Außenposition. So können wir im Angriff mehr Druck erzeugen. Mit Sandra, Dominique und Kerstin Albrecht verfügen wir zudem über drei hervorragende Kreisspielerinnen.

Mit der Verpflichtung von Sina Rostek, Anna-Lena Tetzlaff, Sandra Bernert und Dominique Schild haben sie in den vergangenen zwei Jahren eine glückliche Hand bewiesen. Wie gelingt es ihnen immer wieder leistungsstarke Spielerinnen zu finden, die sich schnell in in den Kader integrieren?

Dörling:

Ein Trainer muss ständig für Veränderung sorgen. Stillstand ist Rückschritt. Ich beobachte eine Spielerin längere Zeit und bilde mir eine Meinung, ob sie in puncto Leistung und soziale Kompetenz zu uns passt. Zu einem guten Teamspirit gehören neben einer eine hohen Trainingsbeteiligung allerdings auch gemeinsame Unternehmungen wie regelmäßige Trainingslager, Ausfahrten auf das Münchner Oktoberfest und nicht zuletzt die passende Bekleidung und Ausrüstung.

Wie ist es finanziell um die HSG bestellt?

Dörling:

Mein Vorgänger Peter Spohn hat in mühevoller Arbeit einen Sponsorenkreis aufgebaut, der uns mit Bandenwerbung und Plakatanzeigen unterstützt. Mit Vereinsbeiträgen allein ist ein Spielbetrieb selbst in der Schleswig-Holstein-Liga nicht zu finanzieren.

Schon jetzt drängeln sich bei Auftritten ihrer Mannschaft die Zuschauer in der Sporthalle an der Schützenstraße auf dem Stehplatzrang. Wie wollen sie den zu erwartenden Andrang in der Oberliga bewältigen?

Dörling:

Genau da kommt unser Hauptsponsor Albert Uhlemayr ins Spiel. Er ist der erste bayrische Unternehmer, der in Schleswig-Holstein eine Handballmannschaft unterstützt. Mit seiner und weiterer Unterstützung wollen wir eine kleine Tribüne errichten, um mehr als 150 Besuchern Platz zu bieten.

Zurück zur Mannschaft: Mit 502 Gegentreffern ist die Abwehr das Prunkstück. Nur Meister Bredstedt hat mit 482 Toren weniger Treffer kassiert. Woraus resultiert diese neue Defensivstärke?

Dörling:

Laura wie auch Kerstin und Anna-Lena gehen hinten mittlerweile wesentlich aggressiver zur Sache. Sina und Dominique sind auf dem besten Weg, es ihnen gleich zu tun. Hinter einer stabilen Abwehr steht bei uns eine Super-Torfrau. Auf Annika Rahf ist immer Verlass – im Spiel wie auch im Training. Meist erscheint sie eine Dreiviertelstunde vor den Übungseinheiten, um an Defiziten zu arbeiten. Die Mannschaft ist in der Rückwärtsbewegung zudem wesentlich schneller geworden. So konnten Laura, Lina und Lara Zube in letzter Zeit jede Menge Schnellangriffe der Gegner verhindern, die früher zu Gegentoren geführt hätten.

Wie erklären sie sich die Leistungsexplosion von Lina Tonding und Sina Rostek, die in fast jeder Partie zu den erfolgreichsten Torschützinnen zählen?

Dörling:

Sina, unser Fohlen, ist eine Bereicherung auf jeder Position. Sie wirft Tore, die andere nicht werfen: Wie vergangenes Wochenende beim 27:23-Erfolg beim Slesvig IF. Viermal traf sie den Innenpfosten, viermal ging der Ball ins Netz. Gleichzeitig hat sie sich in der Abwehr von einer Schwachstelle zu einer Leistungsspielerin entwickelt. Doch meine wichtigste Entscheidung war die Besetzung der Rückraummitte. Durch Schnelligkeit, Sprung- und Wurfkraft gepaart mit eisernem Willen und guter Übersicht ist Lina auf dieser Position in kürzester Zeit zu einer der besten Spielerinnen in der Liga gereift. Ihr Leistungsvermögen hat sie dabei längst noch nicht ausgereizt. Vergessen dabei darf man aber nicht, dass zu den ganzen Umstellungen eine Mannschaft gehört, die sich anpasst und mit verändert.

In der Schleswig-Holstein-Liga zählt ihr Team zu den konditionell und physisch stärksten Mannschaften. Verraten sie uns bitte ihr Geheimnis.

Dörling:

Das große Geheimnis sind sieben Wochen Saisonvorbereitung (lacht), drei Trainingseinheiten in der Woche, ein spezielles Fitnessprogramm, sowie unsere Physiotherapeutin Kathleen Litfil , die kleine Blessuren sofort behandelt. Die Mädels sind aber auch bereit, sich zu quälen und alles für das gemeinsame Ziel Vierte Liga zu geben.

2001 haben sie die HSG Reinfeld/Hamberge mit dem Ziel gegründet, die Frauen mittelfristig in höheren Spielklassen zu etablieren und der Jugend die Sportart Handball in der Region Reinfeld näher zu bringen. Haben sie ihr Ziel erreicht?

Dörling:

Begonnen haben wir mit zehn Jugend- und vier Erwachsenenmannschaften. Im Jugendbereich sind wir bisher leider nicht so erfolgreich, wie wir es uns vorgenommen haben, da das abhängig von guten Trainern und ausreichend Hallenzeiten ist. Mittlerweile sind wir in eigenen Reihen fündig geworden. Lara und Lena Powierski betreuen die Spielgruppe und das Team der Minimix. Sandra und Lina engagieren sich kommende Spielzeit ebenfalls im Jugendbereich. Mit den Frauen sind wir dagegen in Sphären vorgestoßen, von denen wir vorher nur träumen konnten.