Viktoriya Dzyuba, 15 Jahre alte Jugendmeisterin in ihrer Heimat, startet bis Ende Januar für die Tennisfreunde Ahrensfelde

Ahrensburg. Bevor Viktoriya Dzyuba zum Telefonhörer greift, vergewissert sie sich der exakten Uhrzeit. Denn Charkow, ihre ukrainische Heimatstadt, ist der mitteleuropäischen Zeit um eine Stunde voraus. Täglich hält die 15 Jahre alte Tennisspielerin Kontakt zu den Eltern. Und zu ihrer achtjährigen Schwester Mila. „Bei 2100 Kilometern Distanz kommt schon mal Heimweh auf“, sagt Viktoriya, die bei Freuden der Familie in Ahrensburg wohnt. In Charkow geht sie auf eine Art Fernschule, die sie allerdings nur selten besucht. Den Unterrichtsstoff eignet sie sich überwiegend zu Hause an. Die englische Sprache beherrscht Viktoriya fließend. Deutsch spricht sie nur wenige Worte.

Täglich nutzt sie den Bus, um zur Tennisanlage der TF Ahrensfelde zu gelangen. Dort wartet Dimitri Ponomar bereits auf die ukrainische Jugendmeisterin. „Viktoriya ist eine technisch sehr gut ausgebildete Tennisspielerin, die gleichzeitig die nötige Physis mitbringt“, sagt der selbst aus Donezk, der fünftgrößten Stadt der Ukraine, stammende Tennistrainer. „Was ihr allerdings noch fehlt, ist die nötige Siegermentalität. Daran arbeiten wir zurzeit intensiv.“

Noch bis Ende Januar wird die 15-Jährige für die Damenmannschaft der Tennisfreunde Ahrensfelde antreten – und in der Bezirksligasaison auch bei Punktspielen zum Einsatz kommen. Einen glänzenden Eindruck hinterließ Viktoriya kürlich bei den Verbandsmeisterschaften der Erwachsenen in Kaltenkirchen: An Nummer eins gesetzt sicherte sich die junge Ukrainerin mit einem mühelosen 6:1, 6:0 -Erfolg im Damen-Finale gegen Celine Brocks (Tennisclub an der Schirnau) ihr erstes Preisgeld auf deutschem Boden in Höhe von 400 Euro. Übrigens: Keine Gegnerin konnte Viktoriya auf dem Weg ins Endspiel nennenswert Paroli bieten. Lediglich fünf Spiele gab die 15-Jährige in den vorangegangenen drei Matches ab. „Die wenigen Wochen Training mit Dimitri haben sich bereits ausgezahlt“, sagt sie stolz. In ihrer Heimat tritt sie für Unicort Charkow an. Derselbe Club, bei dem Ponomar vor vielen Jahren selbst als Trainer tätig war. Über Viktoriyas Coach, Igor Prudkin, kam auch der Kontakt zustande.

„In der Ukraine ist derzeit ein reibungslos ablaufender Sportbetrieb nicht aufrechtzuerhalten“, sagt Ponomar, „deshalb suchen viele Tennisspieler nach Möglichkeiten, sich woanders fit zu halten und weiter Punkte für die Weltrangliste zu sammeln.“ Dies wurde auch für Viktoriya zu einem Problem: Ende August wurde sie noch als Nummer 328 in der Jugend-Weltrangliste geführt. Da sie keine Gelegenheit mehr hatte, internationale Turniere zu spielen, rutschte sie seitdem um mehr als 100 Plätze ab.

Mitten im Krisenherd Europas Sponsoren zu finden, ist für Viktoriya derzeit fast unmöglich. Ähnliches gilt für finanzielle Unterstützung seitens der Stadt. „Die gab es in ruhigen Zeiten problemlos“, sagt sie. Mieten für Hallenplätze dagegen sind durch starke Preiserhöhungen für Gas und Elektrizität kaum mehr zu bezahlen.

Zweimal hat Viktoriya nun Gelegenheit, verloren gegangene Weltranglistenpunkte zurückzuholen: am 13. Januar im polnischen Stettin sowie eine Woche später beim internationalen Jugendturnier in Hamburg.

In der Hansestadt ging das Tennistalent bisher nur zweimal auf ausgedehnte Shoppingtour. „In Deutschland ist Markenkleidung wesentlich günstiger als bei uns“, sagt die modisch bewusste 15-Jährige. Sie schätzt zudem die Freundlichkeit der Deutschen. „Die meisten Menschen, die ich getroffen habe, waren sehr zuvorkommend und hilfsbereit.“ Heiligabend wird Viktoriya nicht großartig feiern. Die Ukrainerin gehört der Orthodoxen Kirche an. Und diese begeht erst am Dreikönigstag, also am 6. Januar, das christliche Fest.