Nikolai Wuttke von der TSV gewinnt im bayerischen Senden den Titel in der Disziplin Sanda

Reinbek. Viel Zeit vergeudet Nikolai Wuttke mit der Suche nach der passenden Umgebung für ein Fotoshooting nicht. „Warum machen wir es nicht gleich hier?“, fragt der 28 Jahre alte Deutsche Meister im Kung Fu. Gesagt, getan. Geschickt stemmt sich der Kampfsportler der TSV Reinbek mit beiden Armen an Mauer und Geländer des Treppenhauses im Vereinsgebäude hoch – und lächelt dabei lässig in die Kamera.

Der Entwicklungsingenieur im Maschinenbau hat allen Grund zur guten Laune. Erst kürzlich sicherte sich der Reinbeker bei den deutschen Kung-Fu-Meisterschaften in der Kategorie Sanda den Titel in der Gewichtsklasse bis 65 Kilogramm. „Sanda ist eine Wettkampfform des traditionellen Kung Fus“, erklärt Wuttke und bringt die Grundregel dieser chinesischen Kampfkunstdisziplin auf den Punkt: „Beim Semikontakt-Sanda sind zwar harte Schläge und Tritte erlaubt. Um einen Wertungstreffer zu erhalten, müssen sie aber kontrolliert ausgeführt werden“, sagt er. So könne ein absichtlicher K.o.-Schlag eines Kämpfers sogar zu einer Disqualifikation durch die Schiedsrichter führen.

Die Disziplin Sanda beinhaltet neben vielen Elementen traditioneller chinesischer Verteidigungs- und Kampfkunst auch welche anderer asiatischer Kampfstile. Neben Faustschlägen oder Fußtritten kann ein Kämpfer mit erfolgreichen Würfen, Hebel- oder Würgegriffen Wertungstreffer markieren. Sanda-Sportler sind – um Verletzungen vorzubeugen – während eines über zwei Runden (jeweils zwei Minuten) andauernden Kampfes mit Hand- und Fußschützern ausgestattet.

Bei den vom Verband für Chinesische Kampfkünste (VFCK) ausgerichteten Titelkämpfen im bayerischen Senden wurde der Reinbeker von Tobias Wuttke betreut. Nikolais Zwillingsbruder sprang für TSV-Coach Jochen Mittelberger ein, der zur gleichen Zeit beruflich in China weilte. Für Nikolai kein Nachteil: „Mein Bruder kennt sich bestens aus, denn zweimal hat er selbst den nationalen Sanda-Titel gewonnen – allerdings in der Gewichtsklasse bis 83 Kilogramm“, sagt Wuttke und lächelt. „Erklären können wir uns den gewaltigen Gewichtsunterschied unter Zwillingsbrüdern allerdings nicht.“

Für die Wuttke-Brüder sowie Nikolais Freundin Nadine Schweisfurth begann das DM-Abenteuer am Wettkampftag um 3.30 Uhr in der Früh, als das Trio sich mit dem Auto auf den Weg zum rund 700 Kilometer entfernten Austragungsort machte. Ausgepowert, müde aber glücklich standen sie genau 24 Stunden später wieder vor der eigenen Haustür – mit einer Medaille im Gepäck.

Eine weitere große Leidenschaft verbindet die drei Reinbeker: Bevorzugt in den deutschen oder österreichischen Alpen lieben sie ausgedehnte Wandertouren. „Sechs bis zwölf Stunden von Hütte zu Hütte zu wandern ist bei uns an der Tagesordnung“, sagt Wuttke. „Dabei kann ich herrlich abschalten, den Alltagsstress vergessen und mir nach einem körperlich anstrengenden Tag etwas Herzhaftes zu Essen gönnen.“

Wuttke liefert den perfekten Übergang zu einem seiner weiteren Hobbys. Der Kampfsportler kocht leidenschaftlich gern. „Deftige Hausmannskost steht bei mir ebenso auf dem Speiseplan wie asiatische, griechische oder italienische Küche“, sagt der Reinbeker. Die Freundin freut es, sind seine Kochkünste bei bis zu fünf Trainingseinheiten pro Woche doch eine kleine Entschädigung für seinen hohen zeitlichen Aufwand. Wuttke weiß, was er seiner Freundin zu verdanken hat. „Nadine hält mir in vielen Dingen den Rücken frei“, sagt er.

Abschalten, die Natur genießen, das gelingt Wuttke ebenfalls beim Canyoning. Eine Erlebnissportart, in der man durch Abseilen, Springen, Rutschen, Schwimmen und manchmal sogar Tauchen den Abstieg in Schluchten bewältigt. Wuttke: „Oft kann ich das leider nicht machen, dazu ist es zu teuer.“

Zum Kung Fu kamen die Wuttke-Brüder – wie sollte es auch anders sein – durch Filme von Jackie Chan. Der in Hongkong geborene Schauspieler und Regisseur wurde durch seine eigene Interpretation der asiatischen Kampfkunst Kung Fu weltberühmt.

„Nachdem mein Bruder und ich jahrelang Judo und Jiu Jitsu beim TSV Glinde betrieben haben, sind wir vor gut elf Jahren zur Kung-Fu-Sparte der TSV Reinbek gewechselt“, sagt der 28-Jährige. „Kung Fu ist eine Ausbildung für den gesamten Körper, hält fit und gesund und ist ein hervorragender Ausgleich für meinen anstrengenden Job“.

Seit 2003 wird Wuttke von Mittelberger trainiert. „Jochen achtet als Trainer in hohem Maße auf die Gesundheit seiner Athleten“, sagt Wuttke. „Außerdem hat er als erfolgreicher Kampfsportler einen enorm großen Erfahrungsschatz.“