Die Fußballer des SV Eichede sind in der SH-Liga ungeschlagen. Trainer Oliver Zapel beklagt überzogene Erwartungshaltung – auch im Vereinsumfeld

Steinburg. Es ist eine seltsame Mischung aus Genugtuung und Empörung, die in diesen Tagen aus Oliver Zapel spricht. Der Trainer des SV Eichede kann hochzufrieden sein mit seinen Fußballern, die nach zehn Spieltagen ungeschlagen auf Platz zwei der Schleswig-Holstein-Liga stehen. Mit einigen Dingen sei er gar zu 100 Prozent zufrieden, sagt der Perfektionist. Aber dann ist da diese Erwartungshaltung von außen, die Zapel sauer aufstößt. Und die seiner Meinung nach viel zu geringe Wertschätzung für das, was der Verein leistet. „Völlig deplatzierten Hochmut“ hat der Coach ausgemacht. Nicht im Team, aber auch im Vereinsumfeld.

„Demut stünde uns gut“, fordert Zapel, der vor gut zwei Jahren beim SVE anfing. Der Verein feierte direkt die Meisterschaft in der SH-Liga, spielte eine mitreißende Aufstiegsrunde und schaffte erstmals in seiner Geschichte den Sprung in die Regionalliga. Dort spielte die personell stark veränderte Mannschaft mal über, mal unter ihren Möglichkeiten und stieg wieder ab. Von Teams wie diesen erwarten viele ganz automatisch, nach dem Abstieg wieder anzugreifen. Fast jeder Absteiger sieht sich mit solchen Erwartungen konfrontiert, ob Zweite Bundesliga oder SH-Liga. Zapel findet das nicht berechtigt. Zu viel hat sich verändert.

Um aufzuzeigen, wie viel Qualität seine Mannschaft in der zurückliegenden Transferperiode eingebüßt hat, bastelt der Coach eine mögliche Startelf aus Abgängen im 4-4-2-System:

Pöhls – S. Meyer, Issahaku, M. Hinkelmann, Güzel – Abou Khalil, Sejdiu, F. Hinkelmann, Bento – Huseni, Alassani.

„Wir haben im Sommer einen radikalen Umbruch vollzogen. Das wird oft vergessen“, so Zapel. Sammy Güzel stieß zwar vor einigen Wochen wieder zum Kader, tauchte aber nach kurzer Zeit nicht mehr beim Training auf und ist für den Verein seither nicht zu erreichen. „Insgesamt“, rechnet Zapel vor, „haben wir uns von 25 Spielern getrennt.“ Einige sortierte der Verein aus, andere wollten nicht in der SH-Liga spielen. „Die neuen Jungs kamen nahezu alle aus unteren Spielklassen oder aus der A-Jugend. Wir sind mit ihren Entwicklungen sehr zufrieden doch die sportliche Lücke konnten sie natürlich nicht füllen“, sagt Zapel. Zudem verfüge der Club bezogen auf die die beiden ersten Mannschaften über einen „Mini-Kader“. Und das manche, die Zapel „Schwellen-Spieler“ nennt, aufgrund privater und beruflicher Umstände regelmäßig Trainingseinheiten verpassen, kann das Team immer wieder zurückwerfen – so geschehen am vergangenen Sonnabend, als die Steinburger beim 1:1 in Neumünster ihr eine Woche zuvor gezeigtes Potenzial (beim 1:0 gegen Kropp) nicht abrufen konnten.

Den Einwand, dass dem Verein immerhin ein Großteil der Meistermannschaft von 2013 erhalten geblieben ist, will Zapel nicht gelten lassen. „Diese Spieler sind teilweise nicht mehr in der Verfassung von damals“, sagt der Coach. „Das geht in der öffentlichen Wahrnehmung komplett unter. Nicht alle haben diese Leichtigkeit und Antriebskraft von damals.“ Das gilt allerdings nicht für Torge Maltzahn. Der 27-Jährige ist auf dem besten Weg, seine beeindruckende Bilanz aus der Aufstiegssaison (14 Tore und 24 Vorlagen) zu toppen. In neun Einsätzen erzielte er neun Tore und legte achtmal auf. „So gut war er, glaube ich, noch nie“, meint Zapel. „Letzte Saison hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, er brauche etwas Distanz.“ War es für den einstigen HSV-Jugendspieler eine harte Erkenntnis, in der Regionalliga an die eigenen Grenzen zu stoßen, ist er nun längst wieder unersetzlich und laut Zapel „immer einer der ersten, der auf dem Trainingsplatz steht und einer der letzten, der wieder geht.“ In dieser Hinsicht gebe es keinen vorbildlicheren Spieler.

Vereinspräsident Olaf Gehrken sagt: „Es konnte keiner damit rechnen, dass sich nach dem Doppelabstieg beide Mannschaften so stabil halten.“ „Wir haben eine junge Mannschaft, die sich erst finden musste“, meint Marcel Müller, Trainer der zweiten Mannschaft, die in der Verbandsliga Süd-Ost ebenfalls Platz zwei belegt. Bis zu acht Teenager setzte Müller ein einer Partie ein.

Die heimlichen Helden des Vereins aber sind in diesen Wochen die Spieler der dritten Mannschaft. Nach dem Durchmarsch aus der Kreisklasse B in die neue Kreisliga Stormarn/Lauenburg ist die Mannschaft von Spielertrainer René Wasken die einzige noch ungeschlagene der Liga und belegt völlig überraschend Platz drei. Mit 3:2-Siegen demütigte die einstige „Kneipen-Truppe“ die ehemaligen großen Konkurrenten des SVE, den TSV Bargteheide und den VfL Oldesloe.

Es folgt nun eine Saisonphase, die Zapel „Mitteldrittel“ nennt und der er eine ganz besondere Bedeutung beimisst. „Am Anfang der Saison verfliegt die Zeit, auch durch die Englischen Wochen. Jetzt geht es darum, sich im wörtlichen Sinne durch Regen, Matsch, Schnee und Kälte zu wühlen.“ In den nächsten Monaten könne man viele entscheidende Schritte machen – nach vorn, aber auch zurück. In der vergangenen Saison bekamen die Stormarner im Dezember Probleme. Am Tag der Weihnachtsfeier verlor der SVE beim direkten Konkurrenten SC Victoria – Zapel sprach von einer erbärmlichen Leistung, es war der Tiefpunkt des Jahres. Nun will es der Spielplan, dass auch in diesem Jahr die letzte Partie bei einem direkten Konkurrenten ansteht, am 13. Dezember beim aktuellen Tabellenführer Eutin 08. Letztes Jahr bremsten die weniger fitten Spieler im Training den Rest der Mannschaft. Deswegen will Zapel diesen Winter vermehrt auf Gruppenarbeit setzen.

Und wie stark ist dieser SV Eichede nun wirklich? Was würde Zapel seiner Mannschaft sagen, wenn sie am Wochenende auf sich selbst treffen würde? Der Trainer lacht, lässt sich aber auf die Spielerei ein: „Leute, zieht euch warm an. Am Sonntag hat der SV Eichede wieder Schaum vorm Mund, weil er weiß, dass er letzte Woche in Neumünster sein Spiel nicht so durchexerziert hat, wie sonst. Das wird der Mannschaft nicht noch mal passieren. Deswegen kann uns nur eine herausragende Leistung helfen dort zu bestehen.“