Ahrensburger TSV versteht sich als Ausbildungsverein. Drei Hamburger Jugendmeisterinnen wechseln jetzt zu höherklassigen Clubs

Ahrensburg. Explosionsartig drückt Alina Ernst sich aus dem tiefen Sand ab. Mit einem gewaltigen Satz hechtet sie nach der bunten Kunststoffkugel, erwischt diese so gerade eben noch mit dem rechten Handrücken. Was folgt, ist abzusehen. Während der Ball den Weg übers Netz findet, landet die Volleyballspielerin bäuchlings auf dem aus Abermillionen Mineralkörnern bestehenden Untergrund. Lässig erhebt sie sich, befreit dabei mit der rechten Hand ihr T-Shirt von klebrigen Sandresten. „Beachvolleyball ist eine coole Sache“, sagt die 15 Jahre alte Spielerin – ab kommender Spielzeit Ex-Spielerin – des Ahrensburger TSV.

Der Club aus Stormarn kann auf seine erfolgreiche Jugendarbeit stolz sein. Ärgerlich ist nur, dass das zeit- und kostenintensive Engagement für möglichen Leistungsträger von morgen ebenfalls das Interesse anderer Clubs weckt. Und diese zum Handeln motiviert. Davon kann seit Kurzem auch die Volleyball-Abteilung des ATSV ein Lied singen, denn drei junge Talente haben ihren Abschied angekündigt.

Alina trägt kommende Saison ebenso das Trikot der Regionalliga-Damen vom SC Alstertal-Langenhorn (SCALA) wie die gleichaltrige Jasmin Jarecki. Karolin Höltje, ebenfalls 15, wechselt zum Barsbütteler SV. Abteilungsleiter Hans-Joachim Schmidt betrachtet die Entwicklung mit einem weinenden, aber auch mit einem lachenden Auge. „Wenn einer der führenden Vereine Hamburgs zwei Spielerinnen von uns zu sich holt, müssen wir in der Vergangenheit einiges richtig gemacht haben“, sagt der 48 Jahre alte Diplom-Betriebswirt.

Die Grundlage für eine nachhaltige Jugendarbeit beim ATSV wurde vor knapp zehn Jahren gelegt. „Dietrich Ebert war bei uns im Verein derjenige, der zuerst die Notwendigkeit einer erfolgreichen Nachwuchsarbeit erkannte“, sagt Schmidt. Einziges Manko: Derzeit kann der ATSV seinem weiblichen Nachwuchs nur Spielpraxis in der Bezirksliga bieten. Und das ist, wie im Fall von Alina, Jasmin und Karolin, in sportlicher Hinsicht einfach zu wenig.

„Diese Entwicklung haben wir kommen sehen“, sagt der Leiter der 286 Mitglieder starken Abteilung. „Nun ist sie das erste Mal zur Realität geworden.“ Um das Problem künftig in den Griff zu bekommen, arbeitet der ATSV an Lösungen. Der wichtigste Schritt wäre, eine Damenmannschaft in der Landesliga zu etablieren. Sollte es auf dem sportlichen Weg nicht funktionieren, würde Schmidt es auf dem Papierweg versuchen.

„Wir können beim Hamburger Volleyball-Verband den Antrag auf Einstufung in die nächsthöhere Liga stellen“, sagt Schmidt. Allerdings wäre der Sprung in die fünfthöchste Spielklasse das Maximum, was der ATSV vom Aufwand her verkraften kann. „Wir sind und bleiben ein Ausbildungsverein, der seine Priorität auf den Breitensport legt“, stellt der Abteilungsleiter fest.

Nicht zuletzt verdanken die Schlossstädter die entgegengebrachte Aufmerksamkeit ihrem erfolgreichen Abschneiden bei den Hamburger Beachvolleyball-Meisterschaften – mit drei Titeln und einem Vizetitel. Alina setzte sich mit Merle Dickau (VC Norderstedt) im Wettbewerb der weiblichen U 17 und U 18 durch, während Jasmin und Karolin den weiblichen U-16-Titel holten, zudem eine Altersklasse höher den fünften Rang belegten.

Die Vereinskolleginnen Anna Costa, 15, und Tabea Schmidt, 14, wurden Sechste im U-16-Feld. Bei den U-19-Volleyballern holten Jonathan Sandner und Lasse Baron Silber. Sandner, 18, hält seit mehr als zehn Jahren dem ATSV die Treue. Der 13.-Klässler der Stormarnschule steht auf den Wettkampf im Sand. „Sehr anstrengend und im Spielaufbau anders als in der Halle, aber es macht unheimlich viel Spaß“, sagt der 18-Jährige.

Den größten Sprung vor sich hat derzeit Alina. Angst davor, kommende Spielzeit drei Spielklassen höher aufzuschlagen, hat die mit 1,81 Metern hochgewachsene 15-Jährige nicht. Im Gegenteil: „Wenn alles gut läuft hoffe ich sogar, mit SCALA den Sprung in die Dritte Liga zu schaffen“, sagt die Schülerin der elften Klasse der Stormarnschule. Mit einem Spaziergang rechnet sie allerdings nicht. „Im Team stehen bereits vier Mittelblockerinnen, die weitaus erfahrener sind als ich“, sagt Alina. „Sobald ich meine Chance bekomme, werde ich sie nutzen.“

Schmidt, seit 1984 aktiver Volleyballer beim ATSV, kennt Alinas Stärken wie kein anderer. „Alina ist für ihr Alter eine fast komplette Spielerin“, schwärmt der 48-Jährige. „Sie besitzt hervorragende Grundtechniken und kann selbst mit schlecht gestellten Bällen noch etwas sinnvolles anfangen.“

Gegen den Vereinswechsel einer Spielerin sei natürlich nichts einzuwenden, sagt Schmidt. Für ihn käme es immer auf das „wie“ an. „Im Fall von Alina gab es nichts zu beanstanden“, sagt er. „Unglücklich ist es allerdings, wenn ein Verein Spielerinnen von uns abwirbt, nachdem wir die Planungen für die neue Saison abgeschlossen haben.“

Karolin, die dritte im Bunde der „Abtrünnigen“, begann vor vier Jahren in Ahrensburg mit dem Volleyballsport. Sie beschreibt sich selbst als äußerst ehrgeizig. Allerdings wirft ihre Körpergröße von 1,65 Metern, an der es fernab vom Volleyballsport nichts zu bemängeln gibt, in sportlicher Hinsicht Probleme auf. „Als Auswahlspielerin bin ich dem Verband zu klein“, sagt die 15-Jährige. Alle weiteren Kriterien wie Talent, Ausdauer, Ehrgeiz – aber auch das mit in die Bewertung einbezogene Engagement der Eltern – erfüllt die blonde Ahrensburgerin mit Bestnoten.

Anna und Tabea stehen in den Startlöchern. Sie wollen die Lücke, die die drei Abgänge hinterlassen werden, füllen. „Bei uns ist noch viel Luft nach oben“, sagt Anna. Tabea, Tochter des Abteilungsleiters, stimmt dem zu. „Bei den Meisterschaften im Hamburger Stadtpark haben Anna und ich nicht nur unsere Premiere als Zweier-Team gegeben, sondern auch mehrfach angedeutet, dass jede Menge weiteres Potenzial in uns schlummert.“