Mittelstürmer Fabian Kolodzick ist nach eineinhalb Jahren zum SV Eichede zurückgekehrt. Für die Stormarner erzielte er in 105 Spielen 75 Treffer

Steinburg. In der Schleswig-Holstein-Liga trumpft Fabian Kolodzick mit einer Torquote auf, wie man sie in der Geschichte des SV Eichede sonst vergeblich sucht. 75 Tore erzielte der Mittelstürmer in 105 Partien für die Stormarner in der höchsten Spielklasse des Bundeslandes, bevor er vor anderthalb Jahren zum FC Schönberg wechselte. Jetzt ist er wieder da – und will „so viele Dinger wie möglich machen“.

Eine bestimmte Zahl an Treffern hat sich der 25-Jährige nicht vorgenommen. „Weil ich mich nicht unnötig unter Druck setzen will“, sagt er. Aber auch, weil fraglich ist, wie oft er überhaupt in der Startformation der Steinburger Fußballer stehen wird. Der unumstrittene Goalgetter von einst muss sich zunächst mit einer neuen Rolle abfinden. Der Rolle des Jokers und Lückenfüllers in der zweiten Mannschaft in der Verbandsliga.

Warum aber verließ Kolodzick den SVE im Winter 2012 trotz der starken Ausbeute von zehn Treffern in zwölf Spielen? Warum fand er beim FC Schönberg nie zu seiner Form? Und warum ist ein dermaßen abschlussstarker Spieler bei Trainer Oliver Zapel, der nicht gerade ein Überangebot von Stürmern hat, nicht gesetzt? Die Wahrheit liegt – ausnahmsweise mal – neben dem Platz. „Ich habe damals in Neumünster gearbeitet. Von dort nach Eichede zum Training und zurück nach Hause nach Bad Schwartau waren fast 200 Kilometer zu fahren“, sagt Kolodzick, den viele nur „Fabi“ nennen. Dass er Trainingseinheiten und manchmal auch Sonnabendspiele wegen seiner Arbeit als Verkäufer im Einzelhandel verpasste, setzte sich dann auch in Schönberg fort.

Einfach ist das alles immer noch nicht zu managen. Weil er aber inzwischen in seiner Geburtsstadt Lübeck arbeitet, schafft er es – wenn auch meist etwas zu spät – zu den Trainingseinheiten. „Dafür, dass er dann immer ziemlich gehetzt auf den Platz kommt, schlägt er sich sehr beachtlich“, sagt Zapel, der dem Rückkehrer 15 Saisontore zutraut – „auch dann, wenn er oft nur eingewechselt werden sollte“. In der Vorbereitung stellte Kolodzick jedenfalls seine Qualitäten, die Zapel in „der sehr guten Antizipationsfähigkeit und dem nervenfreien Abschluss“ sieht, unter Beweis. Fast in jedem Spiel wurde er nur eingewechselt, fast in jedem Spiel traf er noch.

In den vergangenen eineinhalb Jahren spielte der Fan von Borussia Dortmund nur selten. Anderthalb verlorene Jahre, könnte man meinen. Zapel sieht das anders. „Er hat einen Reifeprozess durchlebt“, sagt der Coach. „Früher hat er manchmal etwas dünnhäutig reagiert, inzwischen sieht er die Sache viel entspannter.“

Einen entspannten Eindruck macht der Liebhaber von „ruhiger House-Musik“ tatsächlich, wenn er so über seine Zeit beim VfB Lübeck spricht, wo er in der Regionalliga Auswärtsspiele in Berlin bestritt und darauf hoffte, von Talentscouts entdeckt zu werden. Der Traum von der Profikarriere wurde nicht wahr. Kein Grund, zu trauern, findet Kolodzick. „Inzwischen geht es darum, den Sport und den Beruf gut zu kombinieren“, sagt er. Und mit der Jokerrolle hat er sich auch schnell angefreundet. „Man ist immer da, um von Anfang an zu spielen, aber im Vordergrund steht der Teamgeist“, sagt er.

Er sei eben keiner, der schlechte Stimmung verbreite. Damit tue man weder sich noch der Mannschaft einen Gefallen. Für seinen Trainer, der ihn zumindest zu Beginn der Saison auf die Bank zu setzen gedenkt, ist Kolodzick dann auch voll des Lobes. Ein bisschen Ähnlichkeit zu Jürgen Klopp, der einer der Gründe für seine Sympathie zum BVB ist, sei da schon. „Oliver Zapel ist sachlich und menschlich sehr korrekt. Er beobachtet genau, bringt Dinge auf den Punkt und sagt immer seine Meinung. Es muss ja auch mal knallen.“

Zeit für Hobbys bleibt zwar auch als semiprofessioneller Fußballer nur wenig, aber im Reisen in ferne Länder hat er eine neue Leidenschaft entdeckt. Zuletzt schaute er sich Miami und New York an, jetzt spart er auf den Flug in die Karibik. „Anfang des nächsten Jahres“ soll es losgehen, natürlich erst, „wenn trainingsfreie Zeit ist“. Und dann ist da noch das Ziel Brasilien. „Dort die Kultur und die Copacabana kennenzulernen wünsche ich mir schon lange“, sagt er.

Und wo soll die Reise sportlich hingehen? „Wir wollen oben mitspielen, haben das Potenzial für einen Platz unter den Top drei“, formuliert der Angreifer das offizielle, eher vorsichtige Saisonziel des Vereins. „Noch mal Regionalliga zu spielen ist aber auch noch ein persönliches Ziel von mir.“

Antrieb zieht der smarte Mittzwanziger mit den kurzen, dunkelblonden Haaren derzeit aus einem Buch eines optisch etwas wilderen Kollegen – der Autobiografie des schwedischen Weltklassestürmers Zlatan Ibrahimovic. „Es gibt einen Motivationsschub, wenn man liest, wie er früher fertiggemacht wurde und sich dann hochgearbeitet hat“, sagt Kolodzick, der als Kind fast täglich mit seinem Vater kicken ging und ihm bei RW Moisling zusah. „Manchmal sind wir auch zum VfB Lübeck oder nach Hamburg ins Volksparkstadion gefahren.“

Die meisten seiner neuen Mitspieler kennt Kolodzick noch. „Der Kern mit Spielern wie Ole Rienhoff, Fischi, Simon Koops und Malte ist ja hier geblieben.“ Die Taktik aber ist neu. „Im 3-4-3-System habe ich noch nie gespielt. Ich kann mit aber gut vorstellen, dass es zu mir passt, da es ja ein sehr offensives System ist.“

Dass der alte, neue Torjäger statt für Arnold Lechler eingewechselt zu werden auch mal gemeinsam mit dem Shootingstar der vergangenen Hinrunde spielt, ist zunächst unwahrscheinlich. Zapel: „Der Mix aus beiden passt noch nicht hundertprozentig. Dafür ähneln sich die Laufwege der beiden zu sehr.“ Aber sollten die Angreifer regelmäßig ihr Potenzial abrufen, wird der Coach kaum auf einen von ihnen verzichten wollen.