Beim Fußballcamp können sich Kinder für ein Probetraining bei den „Königlichen“ empfehlen. Das Abendblatt hat am ersten Tag zugeschaut

Ahrensburg. Montagmorgen, 9.36 Uhr, Stormarnplatz in Ahrensburg: Stefan Kohfahl, ein großer, stämmiger Mann mit graumeliertem Haar und entschlossener Körpersprache, tritt vor eine Gruppe von 55 Kindern und ähnlich vielen Eltern. „Guten Morgen“, sagt der 46-Jährige und die Kinder antworten ihm mitten in den Sommerferien im besten Schulduktus: „Guten Mooorgeeen.“ Die Eltern lachen. Ganz falsch liegen die Sechs- bis 14-Jährigen dabei allerdings nicht. Die Real Madrid Foundation Clinics Germany ist erstmals zu Gast in Stormarn – die offizielle Fußballschule des amtierenden Champions-League-Siegers.

Erst vor zwei Wochen startete das Projekt. Ahrensburg ist eine der ersten von in diesem Jahr bundesweit 61 Stationen. Kohfahl, der als Trainer des Oststeinbeker SV in diesem Sommer aufhörte, weil Real ihn engagierte, ist der Erfinder des Konzepts, das sich von den Fußballschulen der Deutschen Profivereine abheben soll. Während die Camps des Hamburger SV oder von Borussia Dortmund von der Marketingabteilung organisiert sind und oft den Ruf einer rein kommerziellen Veranstaltung haben, verfolgen die Madrilenen das Ziel, sportlich talentierte und charakterlich gefestigte Jungen zu finden und zu formen.

Die talentiertesten Teilnehmer reisen zum Probetraining nach Madrid

„Wir denken ganzheitlich“, betont Kohfahl in seiner Eröffnungsrede. Auf einen respektvollen Umgang mit Trainern und Gegnern und eine gesunde Ernährung legt er nicht weniger Wert als auf ein präzises Passspiel und einen platzierten Torschuss. Die größten Talente eines jeden Camps werden erst zu einem regionalen Turnier und schließlich zum Bundesfinale eingeladen. Wer sich dort beweist, reist zum Probetraining nach Madrid. Natürlich ist das der Traum der meisten Jungen, die aufgeregt von einem Bein auf das andere tippeln. „Wenn du es nicht schaffst, ist es überhaupt nicht schlimm“, raunt eine Mutter ihrem Sohn zu. „Der Spaß soll natürlich nicht zu kurz kommen“, sagt dann auch Kohfahl.

Zu den Trainern gehört der ehemalige UdSSR-Nationalspieler Juri Sawitschew

Um 10 Uhr dürfen die Kinder endlich den Kunstrasenplatz des Ahrensburger TSV betreten. Sie werden nach Alter in vier Gruppen aufgeteilt und trainieren an unterschiedlichen Stationen. Jedes von ihnen hat vorher ein Real-Trikot bekommen, wahlweise mit dem eigenen Namen auf dem Rücken oder dem Namen eines Stars. Es überwiegt ganz klar die Nummer sieben von Cristiano Ronaldo.

Um 11 Uhr übernimmt auch Kohfahl eine Station. Bevor seine Gruppe – den Ball eng am Fuß – um einige Hütchen dribbeln soll, ruft er alle, darunter auch Lennox, Sohn von Eichede-Coach Oliver Zapel, zu einem Anfeuerungsruf zusammen. „Hala Madrid“ hallt es über den Platz – „Vorwärts Madrid!“

Justin Gruber, mit acht Jahren einer der jüngsten Teilnehmer, greift sich in der kurzen Pause zwischen zwei Übungen die mit seinem Namen versehene Trinkflasche. Gleich wird er vom Spiel auf ein rundes kleines Tor gegen einen Gegner zu einer technikorientierten Station wechseln. Den Ball hochhalten, den „Zidane-Trick“ üben und die Geschwindigkeit mit Ball. „Heute morgen war ich ziemlich nervös“, gesteht er. „Aber jetzt überhaupt nicht mehr. Es macht Spaß.“

Zu den Trainer gehören auch Mohet Wadhwa, Kohfahls Nachfolger in Oststeinbek, Michael Weiß, Ex-Spieler in Oststeinbek, Peter „Piet“ Wiehle, ehemaliger Trainer in Ohe, heute bei TuS Osdorf – und Juri Sawitschew. 1988 erzielte der spätere Stürmer des FC St. Pauli im Olympia-Finale das entscheidende Tor für die UdSSR gegen die favorisierten Brasilianer um Romario und Bebeto. Kohfahl hat die Geschichte natürlich erzählt. „Man merkt, dass die Kinder dadurch noch motivierter sind“, sagt Sawitschew mit seinem russischen Akzent und blinzelt in die Sonne. „Schön, dass das Wetter mitspielt.“ Es soll die ganze Woche trocken bleiben.

Um 12 Uhr sammeln sich 55 Paar bunte Fußballschuhe vor dem Peter-Rantzau-Haus. Es gibt Mittagessen – und die erste kleine Panne. Gereicht werden neben Salat Bratkartoffeln und Wurst. „Das war eigentlich nicht angesagt“, wundert sich Kohfahl – er wird persönlich dafür sorgen, dass morgen wieder gesunde Nahrung auf den Teller kommt. Aber erst mal geht es wieder auf den Fußballplatz. Bis 15.30 Uhr wird gekickt. Dann kommen die Eltern.

Bis zum Freitag wird es auf dem Stormarnplatz immer so weiter gehen. Dribbeln, schießen, „Hala Madrid!“ Zwei oder drei Kinder wollen Kohfahl und Co dann zum Norddeutschland-Finale entsenden. Und wer weiß: Wenn es das Real-Madrid-Camp in zehn Jahren noch gibt, tragen die jungen Teilnehmer vielleicht eine andere Rückennummer als die Sieben von Cristiano Ronaldo – vielleicht tragen sie dann die Nummer eines Fußballstars aus Stormarn, der einst in einer sonnigen Woche in Ahrensburg entdeckt wurde.