Der 13-jährige Jack Boughton ist in seiner Altersklasse Schleswig-Holsteins Nummer eins. Nun will er zu den Deutschen Meisterschaften

Jersbek. Jack Boughton blickt aus dem Bunker über eine kurz gemähte Rasenfläche, in deren Mitte eine dünne Stange mit einer roten Fahne aus dem Grün ragt. Sie markiert sein Ziel: ein Loch mit einem Durchmesser von zehn Zentimetern. Schon nach dem letzten Schlag hätte der kleine Golfball dort oben landen sollen. Stattdessen liegt er nun in der tiefen Sandkuhle. Der 13-Jährige vom GC Jersbek führt den Schlag aus. Die weiße Kunststoffkugel bleibt wenige Zentimeter vor der Fahne auf dem Rasen liegen. Jack ist zufrieden. „Wäre klasse, wenn mir das im Wettkampf auch immer so gelingen würde“, sagt der 13-Jährige.

Ähnlich gute Schläge hatte Jack bei den kürzlich vom Golfverband Schleswig-Holstein ausgetragenen Jugendmeisterschaften im Repertoire. Der Siebtklässler des Norderstedter Gymnasiums Harksheide dominierte auf eigener Anlage in seiner Altersklasse (Jungen 14) die Konkurrenz. Mit 156 Schlägen sicherte er sich den Landestitel. Vor Vereinskamerad Johann Möller, der für die beiden Runden auf der 18-Loch-Bahn zehn Schläge mehr benötigte und Silber gewann.

Statt in die Schule zu gehen, würde Jack liebend gern nur noch auf dem Golfplatz stehen. Schon jetzt trainiert er sieben Tage pro Woche in jeder freien Minute. Der 13-Jährige bleibt vernünftig. „Auch wenn ich später als Golfprofi mein Geld verdienen möchte, werde ich auf jeden Fall mein Abitur machen“, sagt Jack. „Einen Plan B sollte jeder in der Tasche haben.“

Jack strahlt auf dem Golfplatz Ruhe aus. „Wutausbrüche gehören der Vergangenheit an“, sagt er lachend. „Wenn mir ein Schlag misslingt oder ich unter Druck gerate, hilft mir meine mentale Stärke, schnell wieder zu altem Leistungsniveau zurück zu finden.“ Als Golflehrer in Jersbek kennt Vater Mark Boughton die Stärken und Schwächen seines Sohnes wie kein anderer. „Jack ist sehr fleißig und diszipliniert“, sagt der 46-Jährige. „Er darf aber nicht unterschätzen, wie schwer es ist, in die nationale oder sogar internationale Spitze vorzudringen.“ Selbst zu Hause nutzt Jack jede Gelegenheit, um seine Schlagtechnik im Garten mithilfe eines an einer rund 30 Meter langen Schnur befestigten Golfballs zu verfeinern.

In seiner Schulklasse darf Jack als einziger Schüler seine Lehrerin korrigieren, wenn das Fach Englisch auf dem Stundenplan steht. Jack ist zweisprachig aufgewachsen. Vater Mark ist gebürtiger Engländer. Mutter Kendra hat zwar einen englisch klingenden Vornamen, ist aber Deutsche. Seit einigen Tagen ist im Hause Boughton wieder Ruhe eingekehrt, was direkt mit dem Ausscheiden der „Three Lions“ bei der Fußball-Weltmeisterschaft zusammen hängt. Während Vater Mark glühender Anhänger der englischen Nationalmannschaft ist, drückt Mutter Kendra dem Team von Joachim Löw die Daumen. „Glücklicherweise ist uns eine Partie England gegen Deutschland erspart geblieben“, sagt Jack schmunzelnd, „denn ich hätte nicht gewusst, auf welche Seite ich mich schlagen soll.“

Der 13-Jährige arbeitet ohnehin lieber daran, die eigene Stammvorgabe (Handicap) von derzeit 4,2 zu verbessern. In knapp zwei Wochen (12./13. Juli) will Jack beim Club zur Vahr in Bremen bei einem Qualifikationsturnier das Ticket für die Deutschen Meisterschaften lösen.

Ballgefühl ist beim Golfclub in Jersbek ebenso wichtig wie korrektes Auftreten. „Kinder und Jugendliche lernen bei uns von Beginn an, fair und ehrlich miteinander umzugehen“, sagt Bettina Möller, Jugendwartin des rund 900 Mitglieder starken Vereins. „Wenn ein 13-Jähriger während einer 18-Loch-Golfpartie mehrere Stunden zusammen mit Erwachsenen auf einer Runde verbringt, sollte er mit ihnen offen kommunizieren können“, sagt die 48 Jahre alte Jersbekerin.

Und Golf sei längst nicht mehr der Reiche-Leute-Sport, der er vor Jahren einmal gewesen ist. Viele Clubs werben mit Schnupperangeboten für Jugendliche. Bereits Fünfjährige können den Golfsport erlernen, sagt Möller. Golf hat zudem den Vorteil, dass Kinder mit ihren Eltern trotz eines Leistungsunterschieds mehrere Stunden gemeinsam einen Sport betreiben können.

Weitere Stormarner erreichten bei den in Jersbek ausgetragenen Landesmeisterschaften Medaillenränge. Esther Lympius vom GC Großensee setzte sich in der Altersklasse Mädchen 12 mit 193 Schlägen durch, verwies dabei die Jersbekerinnen Valentina Schmidt-Grimminger (205 Schläge) und Julia Stamme (212) auf Rang zwei und drei. Jil-Carolin Michow (Jersbek, 175) holte in der AK Mädchen 14 Bronze.