Der speed4-Parcours begeistert Kinder in Glinde, Barsbüttel und Reinbek. Bald kommt das Projekt auch nach Ahrensburg und Bad Oldesloe

Glinde. Lina Rieke, 10, starrt gebannt auf das ovale Schild am Ende des Parcours. Noch leuchten zwei rote Lampen auf, denn die Strecke ist nicht freigegeben. Die Viertklässlerin der Reinbeker Gertrud-Lege-Schule ist angespannt – bis in die letzte Faser ihres Körpers. Endlich ist es soweit: Das Rotlicht erlischt, die rechte Leuchte springt auf Grün und weist der Zehnjährigen den Laufweg (links oder rechts entlang der Pylonen). Lina saust los, umrundet den letzten rot-weiß gestreiften Kegel und kehrt im Slalom zurück.

Im Zieleinlauf bekommt sie von einem Mitarbeiter des speed4-Teams einen kleinen weißen Zettel in die Hand gedrückt. Einzelzeiten für Reaktion, Sprint, Wende und Slalom sowie die Gesamtzeit sind bis auf die Hundertstelsekunde genau erfasst. „5,87 Sekunden“, sagt Lina stolz. „Bei den Mädchen bisher die drittbeste Zeit.“ Am Ende des Wettbewerbs belegt sie – im Wettbewerb der vierten Klasse – Rang neun.

Mehr als 1100 Kinder der Gertrud-Lege-Schule, der Grundschule Schönningstedt (Reinbek), der Grundschule Barsbüttel, sowie der Schule Altengamme-Deich (Hamburg-Bergedorf) haben an den Vorrundenläufen der zweiten speed4-Schulmeisterschaften von Reinbek, Glinde und Umgebung teilgenommen. Rund 200 Schüler und Schülerinnen der ersten bis vierten Klassen qualifizierten sich für das Finale im Autohaus Volkswagen Automobile Hamburg (Glinde).

„Auf unserem speed4-Parcours können Kinder schnell Erfolgserlebnisse erleben“, sagt Organisatorin Jennifer Uekermann, 30. „Da jeder Teilnehmer mehrmals an den Start gehen darf, ist eine Verbesserung von mindestens einer der aufgeführten Werte die Regel und wird durch den ausgehändigten Bon sofort nachgewiesen.“

Während eines speed4-Events sorgen nicht mehr Level von Computerspielen oder aktuell herunterladbare Smartphone-Apps für Gesprächsstoff unter den Kindern, es sind die kleinen weißen Papierstreifen mit den fünf Zeitangaben, die für kurze Zeit sämtliche Reize der modernen Gesellschaft vergessen lassen. „Hier, meine neue Bestzeit: 5,21 Sekunden“, sagt Bjarne, 10, und zeigt Großvater Heinz Czylwik stolz seinen weißen Zettel. Übrigens: In Bjarnes linker Hosentasche befinden sich noch 14 weitere Bons. Die vielen Übungsläufe haben sich gelohnt, denn unter den Viertklässlern lief der Schüler der Grundschule Schönningstedt die zweitbeste Zeit.

„Wir schaffen auf spielerische Weise eine gesunde Wettbewerbssituation und wecken nebenbei den sportlichen Ehrgeiz der Jungen und Mädchen“, sagt Uekermann. Die studierte Marketingfachfrau organisiert seit knapp einem Jahr im Raum Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen speed4-Schulmeisterschaften. In der Marketingabteilung eines großen Bielefelder Autohauses lernte sie speed4 kennen – und lieben. „Bei einer Power-Point-Präsentation wurden verschiedene Aktionen zum Thema Kinder in Bewegung vorgestellt“, erzählt Uekermann. „Nachdem das Konzept von speed4 an der Reihe war, habe ich die vielen Bilder von lachenden Kindern und begeisterten Eltern nicht mehr aus dem Kopf bekommen.“ Die alleinerziehende Mutter von Sohn Bent Luca, 3, war von der ersten Minute an von dem speed4-Virus infiziert. „Es gibt mir eine unglaubliche Befriedigung, Kindern den Spaß an der Bewegung zu vermitteln“, sagt Uekermann. „Mit dem Projekt will ich zudem die Kooperation mit lokalen Vereinen vorantreiben, um schon im Grundschulalter bei Kindern den Spaß am Vereinssport zu wecken“, sagt die 30-Jährige.

Partner bei den Schulmeisterschaften von Reinbek, Glinde und Umgebung war zum zweiten Mal der TSV Glinde. Rund 160 Kinder haben in der Woche vor den Finalläufen ihre Trainings- und Qualifikationsläufe auf dem vereinseigenen Sportplatz ausgetragen. Uekermann beklagt die bei vielen Kindern heutzutage verbreitete Bewegungsarmut. Sie sagt: „Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass bei vielen Jugendlichen, deren Mobilität im Bereich der Daumen sehr ausgeprägt ist, leider nicht selten der restliche Bewegungsapparat unterentwickelt ist.“ Osteoporose, also Knochenschwund, sei nur eine auf einer langen Liste von Krankheiten, die – früher meist nur bei älteren Menschen festzustellen – heutzutage immer mehr Jugendliche betreffen.

Mindestens zweimal wird speed4 in diesem Jahr nach Stormarn zurückkehren. „Im Juni plane ich eine Schulmeisterschaft in Bad Oldesloe, im Herbst eine weitere in Ahrensburg“, sagt Uekermann. Ortsansässige Vereine werden auch aufgrund der guten Erfahrungen wieder mit eingebunden werden. „Zum Endlauf in Kiel erschien ein Trainer eines nahe gelegenen Leichtathletik-Vereins“, erzählt die Marketingfachfrau. „Er bat um Erlaubnis, Eltern junger Talente ansprechen zu dürfen, denn es sei sehr schwer, in diesen Altersklassen gute Sprinter zu finden.“ Uekermann weiter: „Immerhin sind vier von acht der von ihm ausgewählten Kinder in seinen Verein eingetreten.“

In diesem Jahr planen die Organisatoren von speed4 bundesweit etwa 450 Finalveranstaltungen. Rund 500.000 Grundschüler werden bei den Meisterschaften an den Start gehen. Begleitet und angefeuert werden sie von Verwandten und Freunden. So werden die Endläufe für die Kinder zu echten Sportevents, bei denen sie sich gemeinsam mit gleichaltrigen Teilnehmern anderer Schulen aus der Stadt oder der Region messen können.

Weltrekordhalter auf dem Parcour, allerdings mit dem Ball am Fuß, ist der viermalige Weltfußballer Lionel Messi vom FC Barcelona. Der Argentinier meisterte den Parcours in unglaublichen 5,125 Sekunden – geschehen während den mehrtägigen Dreharbeiten für einen Werbespots eines weltbekannten Sportartikelherstellers.