Der 23-jährige Andreas Lange wird bei Titelkämpfen in Leipzig seiner Favoritenrolle über 800 Meter gerecht

Reinbek. Andreas Lange riskiert einen Blick über die Schulter. Wenige Meter vor dem Zieleinlauf verschafft sich das Mittelstrecken-Ass der LG Reinbek-Ohe Gewissheit: Der Titel ist ihm sicher. Zu groß ist sein Vorsprung im 800-Meter-Finale der deutschen Hallen-Leichtathletik-Meisterschaften in Leipzig (Sachsen) auf die Konkurrenten Sören Ludolph (LG Braunschweig) und Patrick Zwicker (LG Rehlingen).

Der 23-Jährige streckt beide Arme aus, überquert jubelnd die Ziellinie. Seine Zeit: 1:51,85 Sekunden. Damit blieb er zwar gut vier Sekunden über seiner Bestzeit, was ihm letztendlich aber egal war. „Mein Trainer Jan Gutzeit und ich sind vor dem Rennen davon ausgegangen, dass keiner Tempo machen wird“, sagt Lange. „Es war eben ein typisches Meisterschaftsrennen, in dem es einzig und allein um die Platzierung ging. Dieser Sieg ist mein schönster und größter Erfolg.“ Ludolph lief die zweitschnellste (1:52,08 Min.), Zwicker die drittschnellste Zeit (1:52,14 Min.). Lange und Gutzeit waren auf unterschiedliche Rennverläufe vorbereitet.

„Wir hätten für jede Situation die passende Taktik gehabt“, sagt der Reinbeker. Wie mit dem Trainer vereinbart, hielt Lange sich in den ersten beiden Runden zurück. Erst eingangs der dritten Runde erhöhte er an vierter Position liegend das Tempo und setzte sich auf der Gegengeraden an die Spitze des Feldes.

Der erste Titelgewinn bei einer deutschen Meisterschaft der Männer hat den 23-Jährigen von einem hohen Druck befreit. Ein Druck, den er selbst aufgebaut hat, dem er aber auch von Außen ausgesetzt war. „Ich muss lernen, damit besser umzugehen, immer wieder in die Favoritenrolle hineingedrängt zu werden“, sagt Lange. „Mit Läufern wie Sören, Patrick oder auch Robin Schembera ist immer zu rechnen.“ Zehn Minuten vor dem 800-Meter-Finale erfuhr Lange von Schemberas (TSV Bayer 04 Leverkusen) verletzungsbedingter Absage.

Langes Lebensgefährtin und Vereinskollegin Darlene Harder war eine der ersten, die dem Reinbeker nach dem Sieg gratulierte. Viel Zeit zum Feiern blieb beiden nicht. Direkt nach dem Lauf machten sie sich auf den gut 400 Kilometer langen Rückweg.

Noch vor knapp zwei Wochen galt Langes Konzentration den Abschlussklausuren des dritten Semesters. Themen wie Unternehmensführung und Personalmanagement musste der Student der Betriebswirtschaftslehre ebenso büffeln wie Investitionen, Bilanzen oder Makroökonomie. Erste Ergebnisse liegen bereits vor. „Für meine schriftliche Arbeit zum Thema Investitionen habe ich eine Note von 1,7 bekommen, für die Klausur in Statistik eine 2,7“, sagt Lange.

Die weiteren Zensuren stehen noch aus. „Bis auf das Thema Unternehmensführung habe ich bei allen anderen Klausuren ein gutes Gefühl“, sagt der 23-Jährige. Studium und Sport kann Lange gut vereinbaren. Auch finanziell hat sich seine Situation verbessert. Ein großer amerikanischer Sportartikelhersteller ist bei Lange als Sponsor eingestiegen. „Es ist enorm erleichternd, wenn die finanziellen Belastungen für Sportkleidung und Schuhe wegfallen und ich zu vergünstigten Konditionen ein Auto fahren darf“ , sagt Lange. Fünf Paar Schuhe hat der Reinbeker regelmäßig in Gebrauch. Lange: „Und spätestens nach einem halben Jahr benötige ich Neue.“

Die Hallensaison ist für Lange gelaufen. Der Reinbeker wird es eine Woche lang ruhig angehen lassen, ehe er in das Aufbautraining für die Sommersaison einsteigt. Sein Terminkalender ist voll, die sportlichen Ziele sind gesteckt. Lange will bei der Team-Europameisterschaft in Braunschweig (21. - 22. Juni) dabei sein.

Zudem ist der Start bei der Deutschen Meisterschaft in Ulm (25. - 27. Juli) sowie die Qualifikation für die Europameisterschaft in Zürich (12. - 17. August) geplant. „Die Norm von 1:46,25 Minuten dürfte kein Hindernis sein“, sagt Lange, dessen Bestzeit bei 1:45,69 Minuten steht.