Volleyballtrainer Hartmut Hintze spricht im Abendblatt-Interview über den ersten Sieg, Probleme und die Zukunftsaussichten des Oststeinbeker SV

Oststeinbek . Hartmut Hintze betreut seit Beginn dieser Drittliga-Saison die Volleyballmänner des Oststeinbeker SV. Nach zuletzt acht Niederlagen in Folge haben die Stormarner gegen den SV Warnemünde den lang ersehnten ersten doppelten Punktgewinn gefeiert. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt spricht der 42 Jahre alte Trainer über mentale Schwächen seiner Mannschaft, das Thema Abstiegskampf, sowie die Zukunftsperspektive des Volleyballsports am Meessen.

Hamburger Abendblatt:

Wie wichtig war der erste Saisonsieg für die Psyche der Mannschaft?

Hintze:

Es ist schwer in Worte zu fassen, wie wichtig dieser Erfolg für jeden Einzelnen von uns gewesen ist. Nicht zuletzt hat die Mannschaft endlich die Bestätigung bekommen, dass trotz derzeit noch vorhandener spielerischer Defizite über den Kampf eine Begegnung entscheiden kann.

Zehn Leistungsträger sind nach Ablauf der vergangenen Spielzeit in die zweite Mannschaft abgewandert, haben den Verein gewechselt oder ihre Karriere beendet. Junge Spieler aus der zweiten Mannschaft sind nachgerückt. Reicht das spielerische Potenzial für die Dritte Liga?

Hintze:

Grundsätzlich muss man diese Frage zweiteilig beantworten: In jedem Fall sind die jungen Spieler in der Lage, die spielerische Stärke für diese Liga zu erbringen. Dies haben sie bereits vor dem Erfolg über Warnemünde durch den Gewinn mehrerer Sätze bewiesen. Wichtig ist, die punktuell erbrachte gute Leistung zu stabilisieren. Die Mannschaft muss mental gefestigter auftreten und darf sich nicht davon beeinflussen lassen, dass eine gute Satz-Leistung gleich im Kopf zu einem Sieg des gesamten Spiels führt und eine negative Satz-Leistung den Glauben an eine Sieg im Kopf verschwinden lässt. Ein gut gespielter Ball zählt wenig, wenn nicht eine weiterer guter Ball folgt; eine schlecht gespielter Ball ist völlig undramatisch, wenn darauf ein gut gespielter Ball folgt.

Vor Beginn der Saison sprachen Sie davon, dass aufgrund des personellen Umbruchs die zweite Spielzeit in der Dritten Liga kein Zuckerschlecken werden wird. War die Entscheidung, erneut ein Team für die dritthöchste Spielklasse zu melden, im Nachhinein richtig?

Hintze:

Ein klares Ja! Wenn eine Mannschaft in der Lage ist, in einer Liga mitzuspielen, Sätze und seit diesem Wochenende auch Spiele zu gewinnen, sollte aus meiner Sicht immer das Ziel sein, so hochklassig wie möglich zu spielen. Nur so können junge Spieler Erfahrung aufbauen und den Bedarf für Leistungsforderungen im Training ableiten und akzeptieren und die benötigte Motivation aufbringen. Ein Beispiel: Norderstedt hat vor drei Jahren eine weitere Saison in der Zweiten Bundesliga mit einer sehr jungen Mannschaft bestritten und ist gleich wieder abgestiegen. Die Erfahrungen, welche die jungen Spieler während dieser Saison gemacht haben, kommen der Mannschaft noch heute zugute. Ich bin davon überzeugt, dass es bei uns ähnlich laufen wird.

Der finanzielle Aufwand und die Auflagen des Deutschen Volleyball-Verbands in der Dritten Liga sind hoch. Nur acht von zehn möglichen Teams haben für diese Spielzeit in der Nordstaffel gemeldet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird keine Mannschaft absteigen. Fehlt dadurch der nötige Druck?

Hintze:

Nein, es ist eher umgekehrt. Die Mannschaft macht sich zu viel Druck, da sie nur einen Sieg als Erfolg wertet und Teilziele oder Teilerfolge außer Acht lässt. Ein Sieg als Ziel ist jedoch definitiv ein zu großer Schritt. Mein Team muss begreifen, dass man nur mit kleinen Schritten und entsprechenden Teilzielen das große Ziel erreichen wird. Als Beispiel führe ich unsere Partie in Warnemünde an, die wir nach einer 2:0-Satzführung mit 2:3 verloren haben. Seitdem wird innerhalb der Mannschaft nur ein möglicher Sieg thematisiert, jedoch die Rahmenbedingungen dafür außer Acht gelassen. Jetzt zum Start der Rückrunde sind wir erst wieder dort angekommen, wo einige Spieler empfänglich für Teilschritte und Teilziele sind, alle entsprechend im Training sehr gut arbeiten und wie jetzt gegen Warnemünde dadurch auch Spiele gewinnen können.

Wie wird es nach dieser Saison für die Volleyballmänner des Oststeinbeker SV weitergehen? Bleibt das Team zusammen und wann sehen Sie sich auf dem Spielermarkt nach Verstärkungen um?

Hintze:

Von Beginn an haben alle Spieler und auch ich als Trainer über diese Saison hinaus gedacht und geplant. Sonst hätte man gar nicht in dieser Form starten dürfen, da die Perspektive für die Arbeit fehlen würde. Das bedeutet, dass wir auch in der kommenden Saison mit diesem Team planen und die jungen Spieler weiter entwickeln wollen. Wenn wir es schaffen, in der verbleibenden Rückrunde einen attraktiven Volleyball zu spielen, bin ich davon überzeugt, dass wir für die nächste Saison noch weitere leistungsstarke Spieler für uns gewinnen können.

Sie haben Sebastian Lemke vom VC Norderstedt als neuen Co-Trainer verpflichtet. Welche Erwartungen knüpfen Sie an das neue Trainergespann?

Hintze:

Sebastian kenne ich aus meiner aktiven Zeit beim VC Norderstedt. Die Arbeit mit einem jungen Team erfordert gleichzeitig eine individuelle Betreuung einzelner Spieler. Dies kann ein einzelner Trainer während eines Trainings mit hoher Intensität nicht leisten. Gerade während des Trainings ergeben sich durch die Zusammenarbeit neue Möglichkeiten, mit der Mannschaft zu arbeiten. Darüber freue ich mich sehr.

Immer wieder sind Spieler beruflich verhindert und bleiben den Trainingseinheiten fern. Wie gehen Sie und die Mannschaft damit um?

Hintze:

Dies ist in der Tat für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Die Mannschaft geht professionell damit um, doch nehmen wir uns dadurch die Möglichkeit, an der benötigten Abstimmung der Spieler untereinander zu arbeiten. Da wir in einer Amateurliga spielen, wird sich dies in absehbarer Zeit nicht ändern. Als Ergebnis werden wir für die Entwicklung der Mannschaft und ihrer Leistung entsprechend mehr Zeit benötigen.

Vor sieben Jahren schlug der Oststeinbeker SV noch in der Ersten Bundesliga auf. Werden die Volleyballfans in Stormarn solche Zeiten je wieder erleben?

Hintze:

Das wäre wünschenswert! Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass ein Unternehmen wie die Erste Bundesliga im Männerbereich sportlich und finanziell in Hamburg nicht bestehen kann. Ein einzelner Verein wird beim Versuch, mittelfristig eine erstligataugliche Mannschaft aufzubauen, scheitern, da nicht genügend Jugendliche nachrücken. Die Verpflichtung von fertigen Spielern anderer Bundesligavereine stößt schnell an finanzielle Grenzen. Städte wie Berlin mit dreieinhalb Millionen Einwohnern haben es leichter als Hamburg. Eine strategische Kooperation mehrerer Vereine mit der gleichen Zielsetzung und entsprechenden Sponsoren könnte allerdings die Lösung sein.