Dan-Patrick Poggenberg spielte in der Jugend für Preußen Reinfeld und den SV Eichede. In Wolfsburg klopft er nun an das Tor zur Bundesliga an

Ahrensburg. Mit Superstars wie Diego oder Luiz Gustavo auf einem Platz zu stehen, daran habe er sich inzwischen gewöhnt, erzählt Dan-Patrick Poggenberg, 21 Jahre jung, geboren in Bad Oldesloe und aufgewachsen in Reinfeld. Beruf: Fußballer. Verein: VfL Wolfsburg. Wenn der 1,84 Meter große Blondschopf bei den Trainingseinheiten der Bundesligamannschaft mitwirkt, geht er in Zweikämpfe gegen Multimillionäre und in Laufduelle mit brasilianischen Nationalspielern. „Am Anfang war das natürlich etwas Besonderes, ich kannte ja alle nur aus dem Fernsehen“, sagt Poggenberg. „Irgendwann blendet man das aber aus und spielt einfach Fußball. Wie man es in der zweiten Mannschaft oder in der Kreisliga auch tun würde.“

Seine Punktspiele absolviert der Linksverteidiger, der durch Schnelligkeit, gute Flanken und Zweikampfstärke besticht, noch in der Reserve der Niedersachsen, die derzeit Platz eins in der Regionalliga Nord, der vierthöchsten Spielklasse Deutschlands, belegt. Doch in Wolfsburg trauen sie ihm den Sprung zum Bundesligaspieler zu. Nicht ohne Grund wurde sein Profivertrag im Dezember vorzeitig bis 2016 verlängert. Andere Clubs hatten bereits Interesse bekundet. „Ich sehe Patrick noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt, deshalb gehört er auch in Zukunft zum erweiterten Kader unserer Profimannschaft“, ließ sich Klaus Allofs, Geschäftsführer Sport beim Deutschen Meister von 2009, auf der Vereins-Homepage zitieren.

Spätestens seit der damalige Coach der U 23, Lorenz-Günther Köstner, Poggenberg im Sommer 2012 von Holstein Kiel zu den „Wölfen“ holte, dreht sich bei dem Linksfuß alles um den Sport. „Ich setze voll auf die Karte Fußball“, sagt er. Trotzdem hat er ein Fernstudium aufgenommen, wälzt an den Tagen, an denen er „nur“ vier Stunden unterwegs ist, BWL-Bücher. „Ich finde es wichtig, nebenbei etwas in der Hand zu haben. Irgendwie muss es nach dem Fußball ja weitergehen“, sagt er. Dass er die Frage nach seinen Hobbys mit „keine“ beantwortet, überrascht da nicht mehr, denn so sieht ein Tag aus, an dem es mit vier Stunden nicht getan ist: Aufstehen um 8 Uhr, zeitiges Treffen in den Katakomben des 30.000 Zuschauer fassenden Stadions. Training von 10 bis 11.20 Uhr. Danach Mittagessen mit der Mannschaft, eine kurze Pause und nachmittags erneut etwa 80 Minuten Training. „Dann ist man auch froh, wenn man abends auf der Couch sitzt.“

Was aber unterscheidet „Pogge“ von all den Anderen, die in ihren Jugendteams zu den besten Spielern gehörten, es später aber nur zu einem mittelprächtigen Amateurkicker brachten und ihr Geld nun als Bankkaufmann oder Anlagemechaniker verdienen? Einer, der es wissen muss, ist Herbert Schweim. Der 58-Jährige, der heute den Kreisklassenclub SV Timmerhorn-Bünningstedt trainiert, nahm den damals elfjährigen Dan-Patrick beim SV Preußen Reinfeld unter seine Fittiche. Drei Jahre lang durfte sich Schweim an einem Jungen erfreuen, der immer bereit war, an seinen Schwächen zu feilen. Der in jeder Trainingseinheit mehr übte als Andere. „Fußballerisch ist er damals gar nicht deutlich besser gewesen als seine Mannschaftskollegen“, erinnert sich Schweim. „Er war aber unglaublich leistungsbereit und konsequent. Sein Wille ist immer zu merken gewesen, obwohl er charakterlich ein ganz ruhiger Vertreter war.“

Von Reinfeld wechselte Poggenberg zum SV Eichede, blieb bis 2008. Präsident Olaf Gehrken zeichnet heute ein ganz ähnliches Bild wie Schweim. „Er war schon damals ein unwahrscheinlich konzentrierter und auf Fußball fixierter Spieler“, sagt der 46-Jährige, der Poggenberg im September 2013 zurück im Ernst-Wagener-Stadion begrüßen durfte. Am sechsten Regionalligaspieltag gastierte Wolfsburgs „Zweite“ in Eichede, gewann mit 6:0. „Danach haben wir uns ausgetauscht“, erzählt Gehrken, „er ist ein anständiger Kerl, der weiß, wo er herkommt – und das niemals vergessen wird“.

Mit Holstein Kiel zog Poggenberg in das DFB-Pokal-Viertelfinale ein

Heute bewohnt dieser „anständige Kerl“ aus Stormarn eine Dreizimmerwohnung in der VW-Stadt. Im Sommer steht ein Umzug an, dann kommt Freundin Johanna, 21, nach Wolfsburg. Beide gingen gemeinsam in Bad Oldesloe zur Schule. Johanna war auch an Poggenbergs Wechsel von Kiel nach Wolfsburg beteiligt. „Wir haben gemeinsam überlegt, was für mich das Beste wäre“, so Poggenberg. Seinen Stammplatz in der Landeshauptstadt hatte er damals verloren. Der Wechsel zum VfL war auch rückblickend eine gute Entscheidung, die ihn sportlich weitergebracht hat – und nun an das Tor zur Bundesliga anklopfen lässt.

Seine bisheriges Karriere-Highlight verlegt Poggenberg aber „ganz klar“ nach Kiel. Im DFB-Pokal schaltete der KSV nach Siegen in den ersten beiden Runden gegen Energie Cottbus (3:0) und MSV Duisburg (2:0) im Achtelfinale auch den Bundesligisten Mainz 05 mit 2:0 aus. „Das war schon unglaublich. Das Stadion war voll und man wurde am Ende für jede Szene gefeiert. Egal, was man gemacht hat.“ Die Belohnung für die Pokalüberraschung kam in Gestalt des damals amtierenden Deutschen Meisters Borussia Dortmund. Der Traum endete vor 11.000 Zuschauern mit einer 0:4-Niederlage.

In der laufenden Regionalligasaison verpasste Poggenberg keine Sekunde. Im Bundesligakader haben bislang Andere die Nase vorn, der achtmalige Deutsche Nationalspieler Marcel Schäfer etwa, oder Ricardo Rodriguez, für den der Werksclub vor einem Jahr 8,5Millionen Euro Ablöse an den FC Zürich überwiesen haben soll. „Mir wurde aber gesagt, dass ich auch ganz schnell in die Mannschaft rücken kann, wenn sich jemand verletzt“, sagt Poggenberg. Das Trainingslager mit den Profis in Abu Dhabi hat er wegen eines Haarrisses verpasst und damit eine große Chance, sich für höhere Aufgaben bei Trainer Dieter Hecking zu empfehlen. Sein Ziel bleibt daher der Aufstieg mit der Reserve. Ab der kommenden Saison will er aber noch öfter gemeinsam mit den Superstars auf einem Platz stehen – und zwar nicht nur im Training.