17 Jahre alte Kugelstoßerin vom VfL Oldesloe triumphiert in Hamburger Leichtathletikhalle. Steigerung um 35 Zentimeter

Ahrensburg. Leoni de Graaf steigt aus dem dem Kugelstoßring. Sie lächelt zufrieden. Die 17-Jährige vom VfL Oldesloe hat im zweiten Versuch die vier Kilogramm schwere Metallkugel auf eine Weite von 12,21 Meter befördert, dabei ihre bisherige Bestweite um 35 Zentimeter übertroffen.

Sie ist sicher: Mit dieser Leistung hat sie bei den gemeinsamen Leichtathletik-Landesmeisterschaften von Hamburg und Schleswig-Holstein den U-20-Titel im Kugelstoßwettbewerb in der Tasche. „Selbst meine 11,54 Meter im ersten Durchgang hätten gereicht“, sagt Leoni. Nach Belieben dominierte die 17-Jährige den Wettkampf in der Leichtathletikhalle an der Krochmannstraße in Hamburg. Die zweitplatzierte Catharina Carstensen von der LG-Alsternord Hamburg kratzte als einzige Teilnehmerin an der Elf-Meter-Marke. Leonie lebt in Tangstedt. Im benachbarten Norderstedt, knapp zwölf Kilometer entfernt, besucht sie die elfte Klasse des Lise-Meitner-Gymnasiums. Sie hat sich für das Profil Physik entschieden. „Mich haben schon immer Dinge interessiert, die im täglichen Leben vorkommen“, sagt Leoni. Zum Beispiel der Gefrierpunkt von unterschiedlich temperiertem H2O: „Wasser, das erwärmt wurde, gefriert deutlich schneller als solches, das etwa auf Zimmertemperatur gehalten wurde“, sagt Leonie.

Das Rätsel des sogenannten Mpempa-Effekts hat weltweit bereits unzählige Forscher in seinen Bann gezogen. Vater Dieter Nell-de Graaf hat eine einfache Erklärung parat. „Alles Quatsch“, sagt das Familienoberhaupt. Vor kurzem wollte er den Gegenbeweis anstellen. Über Nacht stellte er ein Gefäß mit kaltem und eins mit warmem Wasser vor die Terrassentür. Pech: Die Temperaturen spielten nicht mit und blieben im Plusbereich. „Die Diskussion wird endlos weitergehen“, mutmaßt Leonie.

Anfang 2013 wechselte die Tangstedterin vom SV Friedrichsgabe zum VfL Oldesloe. „Jan Dreier, Trainer vom LK Weiche, riet mir während eines Kaderlehrgangs zum Wechsel. Er kenne VfL-Coach Willi Studt sehr gut und sei sich sicher, dass er mich in den Wurfdisziplinen Speer, Diskus und Kugel weiter bringen könne“, sagt Leonie. Der Vereinswechsel zahlte sich aus. Innerhalb von nur einem halben Jahr verbesserte sich Leonie im Kugelstoßen von 12,70 auf 13,99 Meter – allerdings mit dem in der Altersklasse U18 üblichen drei Kilogramm schweren Sportgerät.

Übrigens: Ihre neue Bestmarke von 13,99 Metern bedeutete gleichzeitig den Gewinn der Silbermedaille bei den norddeutschen Titelkämpfen in Berlin. Um lediglich einen Zentimeter verpasste Leoni allerdings die Norm für die deutsche Meisterschaft.

Studt stellte seinen neuen Schützling im Kugelstoßen erfolgreich auf die sogenannte Angleit-Technik um. Dabei dreht sich der Athlet in stark gebeugter Haltung mit dem Rücken zur Stoßrichtung in die gestreckte Abstoß-Phase, wobei ein Bein während der Halbdrehung zusätzlichen Schwung verleiht. Während des Abstoßes wird das Gewicht auf das Schwungbein verlagert. „Dank der neuen Technik habe ich mich innerhalb kürzester Zeit stark verbessert“, sagt Leoni. Auch wenn innerhalb der vergangenen zwölf Monate ein direkter Vergleich durch den Gebrauch von zwei unterschiedlich schweren Kugeln nicht möglich ist, stützt sich die 17-Jährige auf eine in Werferkreisen weit verbreitete These. Sie sagt: „Bei zwei identischen Stößen macht der Gewichtsunterschied von einem Kilo eine Weite von rund zwei Metern aus.“ Ihre sportlichen Ziele für dieses Jahr hat Leoni abgesteckt. Am Wochenende 15./16. Februar nimmt sie im württembergischen Sindelfingen an den Deutschen Winterwurfmeisterschaften der Jugend U18 im Speerwerfen teil. Für die am zweiten Wochenende im August in Bochum ausgetragenen deutschen Meisterschaften Jugend U20/U18 will sie in drei Disziplinen (Speer, Diskus und Kugel) qualifizieren. Geld verdienen kann man als Wurfspezialist im Leistungsbereich der Leichtathletik nicht, das weiß Leonie. „Und dringend benötigte Sponsoren stehen nicht gerade Schlange“, sagt sie.

Bei den in Hamburg ausgetragenen Landesmeisterschaften sicherten sich Stormarner Athleten insgesamt 22 Medaillen: je neunmal Gold und Silber, sowie viermal Bronze.