Der sportliche Leiter Stefan Möller spricht über den Spagat der ATSV-Basketballsparte zwischen Jugendbundesliga und Damen-Regionalliga

Ahrensburg. Seit acht Jahren zieht Stefan Möller beim Ahrensburger TSV die Fäden, wenn es um die sportlichen Geschicke der Basketballsparte geht. Doch während die mit dem SC Rist Wedel neu gegründete Spielgemeinschaft in der Weiblichen Nachwuchs-Bundesliga (WNBL) für U17-Mannschaften gute Chancen auf die Qualifikation für die Play-offs hat, hat die Damenmannschaft in der Zweiten Regionalliga als Tabellenvorletzter die Erwartungen nicht erfüllt. Die Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn sprach mit dem 45Jahre alten sportlichen Leiter über Erfolge, Misserfolge und längerfristige Planungen.

Hamburger Abendblatt:

Seit dieser Saison treten die Basketballmädchen des Ahrensburger TSV und SC Rist Wedel zusammen als Metropolitan Baskets Hamburg in der weiblichen Nachwuchs-Bundesliga an. Wie zufrieden ist der sportliche Leiter Stefan Möller mit Platz fünf nach der Hinrunde?

Stefan Möller:

Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden. Das Team hat in allen Spielen gezeigt, dass es auch mit den vermeintlichen Favoriten mithalten kann. In der zweiten Saisonhälfte dürfen wir uns im Dreikampf mit Herne und den Metropol Girls um die Play-off-Teilnahme vor allem gegen die beiden Kontrahenten und die vermeintlich schwächeren Gegner wie Oberhausen und Rotenburg keine Ausrutscher erlauben. Und gegen die beiden Führenden darf es dann auch gerne mal eine Überraschung geben.

Hat sich die neue Spielgemeinschaft – unabhängig vom sportlichen Abschneiden – schon bewährt?

Möller:

Die Erfahrungen sind positiv. Natürlich mussten und müssen sich einige Dinge erst richtig einspielen, insbesondere im Bereich der Organisation mit den wechselnden Heimspielorten sowie in der Kommunikation. Bei den Spielerinnen gab es sowieso keine Anpassungsprobleme, da sich die meisten bereits seit vielen Jahren kennen und vielfach auch schon zusammen in der Hamburger Auswahl gestanden haben. Auch in Fachkreisen sowie beim Deutschen Basketball Bund ist das Feedback zur Kooperation und Stärkung des Standortes Hamburg durchweg positiv.

Droht dadurch aber nicht ein Identitätsverlust?

Möller:

Die Identifikation mit der Mannschaft hängt natürlich von der Zahl der nominierten Spielerinnen ab. Durch die Auslandsaufenthalte von Merle Schrader, Lilli Stenzel und Carina Kellermann ist der ATSV-Anteil leider etwas geschrumpft. Erwartungsgemäß dominiert bei den Heimspielen die lokale Komponente, bei den Spielen in Ahrensburg sind überwiegend Ahrensburger in der Halle, und in Wedel die Anhänger des SC Rist. Wir hatten an beiden Standorten allerdings auch erst jeweils ein Heimspiel, so dass eine definitive Aussage schwer fällt. Ich würde aber sagen, dass das Interesse am WNBL-Team in Ahrensburg ähnlich ist wie zu Zeiten der Stormarn Wild Wings. Natürlich müssen aber auch die Zuschauer erst einmal lernen, die neue Struktur zu leben. Ich denke zu den Play-offs, mit erhöhtem Spannungspotenzial, wird es noch einmal einen weiteren Schub geben.

Mit Merle Bitter, Mirja Beckmann und mit Abstrichen Kaja Witkowski und Josina Großmann sind vier Ahrensburgerinnen im Team. Wie groß ist die Gefahr, dass in naher Zukunft keine ATSV-Spielerin mehr in den Reihen der Metros steht, wenn genannte Spielerinnen aus Altersgründen ausscheiden? Stehen in den Nachwuchsteams junge Spielerinnen an der Schwelle zur WNBL?

Möller:

Wir sind natürlich bemüht und so sieht es auch die Konzeption vor, aus den jüngeren Jahrgängen immer wieder Spielerinnen für die WNBL und den Damenbereich zu entwickeln. Dabei spielen natürlich neben Talent auch weitere Faktoren, wie geburtenschwache Jahrgänge oder die Besetzung der Trainerstellen eine entscheidende Rolle. In den nachfolgenden Jahrgängen haben wir mit Charlotte Behmer, Hayley Darko, Muska Saidi oder Fabienne Fayaz weitere Talente, die den Sprung in die Jugendbundesliga schaffen können. Dafür ist natürlich Fleiß und harte Trainingsarbeit unerlässlich, hinzu kommt die Bereitschaft auch erhöhten Aufwand (wie Fahrtzeiten) auf sich nehmen zu wollen. Das Schulsystem ist dabei leider nicht unbedingt förderlich, da zu Zeiten der Ganztagsschule wenig Freizeit bleibt und erforderliche Trainingsintervalle von vier bis fünf Einheiten pro Woche oftmals kaum zu realisieren sind.

Die Jugendbundesligaspielerinnen kommen auch bei den Damen in der Zweiten Regionalliga zum Einsatz. Wie steht der Verein zu dieser Doppelbelastung?

Möller:

Grundsätzlich ist Spielpraxis für die Weiterentwicklung ein ganz wichtiger Faktor. Da die jungen Spielerinnen bei uns aber auch schon im Damenbereich wichtige Rollen einnehmen, ist die Belastung teilweise schon recht hoch. Gut die Hälfte unseres Regionalliga-Kaders besteht aus Spielerinnen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Dies spricht einerseits natürlich für die gute Nachwuchsarbeit, wirft für die Coaches allerdings auch immer wieder die knifflige Frage auf, die Spielanteile richtig zu dosieren, damit die Mädchen am Sonntag für die WNBL-Spiele nicht zu ausgepowert sind. Die momentan sportlich prekäre Situation bei der Regionalliga-Mannschaft verschärft diesen Spagat leider noch. Die Mädchen wollen natürlich beiden Teams gerne helfen und haben aus den Vorjahren diese Belastung allerdings auch schon kennengelernt.

Wer entscheidet, ob zum Beispiel eine Merle Bitter an zwei Tagen hintereinander spielt. Kann Jugendtrainer Marc Köpp vor einem schweren Auswärtsspiel ein Veto einlegen, wenn sein Kollege Carsten Schittkowski die Spielerin vorher bei den Damen einsetzen will?

Möller:

Diese Entscheidung soll eine gemeinschaftliche Entscheidung der Coaches beider Mannschaften sein. Wir haben kürzlich einen festen Kommunikationsweg vereinbart, in dem beide Trainer sich über den wöchentlichen Leistungs- und Fitnesszustand der Spielerinnen austauschen. Dann muss natürlich auch die jeweilige Spieltagssituation, gegen welchen Gegner geht es oder wie hoch ist die voraussichtliche Belastung, betrachtet werden.

Wie geht es nach dieser Saison mit der Spielgemeinschaft weiter?

Möller:

Die Kooperation ist von beiden Seiten aus als langfristige Lösung angedacht – den Aufwand nur für ein Jahr zu betreiben, wäre unsinnig. Qualitativ und quantitativ ist ein WNBL-Team für Hamburg auch der einzig richtige Weg. Wir werden uns demnächst zusammensetzen und ein Review durchführen. Da die Kooperation ja erst recht spät im Sommer unter Dach und Fach war, gilt es für das zweite Jahr die Zeit optimaler zu nutzen und Schwachstellen, wie z. B. die Trainingszeiten und -hallen-Situation zu optimieren.

Und die finanzielle Seite?

Möller:

Auch im Bereich Sponsoring oder finanzielle Unterstützung gibt es großen Verbesserungsbedarf. Leider fehlt das Interesse an einer Unterstützung vielfach, was der sportlichen Leistung und dem Einsatz der Mädchen nicht gerecht wird. Wir sprechen hier nicht von hohen Summen, sondern vielleicht von Zuwendungen in Höhe von 1000 bis 2000 Euro. Umso dankbarer bin ich, dass Fielmann uns bereits im dritten Jahr die Treue hält. Ohne dieses Engagement würde das Projekt auf der Kippe stehen. Wir wünschen uns auch, dass über kurz oder lang weitere Vereine der Kooperation beitreten.

Sie haben die prekäre Situation der Damen schon angesprochen. Nach sieben Niederlagen in acht Spielen steht die Mannschaft auf dem vorletzten Rang, zuletzt verlor sie sogar mit 29:105. Warum läuft es so schlecht?

Möller:

Das Ergebnis sollte man nicht überbewerten – natürlich sieht es nicht gut aus und erscheint auf den ersten Blick vernichtend. Allerdings muss man auch sehen, dass man nur mit einem stark ersatzgeschwächten Kader angetreten ist. Ich hoffe, dass die Mannschaft dieses Ergebnis richtig einzuordnen weiß und sich davon in der Vorbereitung auf die Rückrunde nicht beeinflussen lässt. Teamintern wurde bereits gesprochen und die Coaches werden auch noch einmal Einzelgespräche führen. Das Potenzial für bessere Spiele und Siege ist auf jeden Fall vorhanden, davon sind die Spielerinnen auch selbst überzeugt, so dass von Resignation aktuell nichts zu spüren ist. Grundsätzlich sind die Gründe sicherlich vielschichtig. Mit Sabrina Lange und Lara Müller haben zwei Schlüsselspielerinnen praktisch die gesamte Hinrunde gefehlt. Im neuen Jahr sind jedoch alle wieder an Bord, so dass wir da hoffentlich einiges an Boden gut machen können. Ein weiterer Grund ist natürlich das Durchschnittsalter. Wir haben das jüngste Team der Liga, da ist es normal, dass Routine und Cleverness, aber auch die erforderliche Konstanz fehlen. Die Spielerinnen sollen lernen, dazu müssen sie spielen und auch Fehler machen dürfen.

Der ATSV engagiert sich seit Jahren in der Jugendarbeit. Warum kommt bei den Damen so wenig an?

Möller:

Wir sind natürlich bestrebt, die jugendlichen Leistungsträgerinnen auch langfristig bei den Damen einzubinden. Von den Rahmenbedingungen her sind uns jedoch Grenzen gesetzt. Die Zweite Regionalliga eignet sich gut für den Einstieg und die Entwicklung von Nachwuchsspielerinnen, wirkliche Toptalente wie die nach Rotenburg in die Zweite Bundesliga gewechselte Clara Schwartz oder Jasmin Zimmermann, die jetzt für Rist Wedel in der Ersten Regionalliga spielt, brauchen nach gewisser Zeit jedoch neue, ihrem Leistungsstand angemessene Herausforderungen, die wir Ihnen leider nicht bieten können. Der Ahrensburger TSV ist breitensportlich aufgestellt, so dass der Basketballabteilung die strukturelle Unterstützung für höhere Ambitionen fehlt.

Sie werden sich also weiter auf die Ausbildung von Talenten konzentrieren müssen?

Möller:

Ja, wir sehen uns als Ausbildungsverein. Die Erfolge im Jugendbereich, wie die deutsche Vizemeisterschaft der U 15 im Jahr 2012, sind doch auch schöne Aspekte. Und wir freuen uns natürlich mit den Spielerinnen, wenn wir Ihnen den Weg zu einer vielversprechenden Karriere ebnen konnten. Die Vision, in naher Zukunft an alte Zweitbundesligazeiten anknüpfen zu können, wird sich nicht realisieren lassen. Dazu fehlt neben der vereinsinternen Unterstützung auch das Engagement der lokalen Wirtschaft und der Politik – Ahrensburg ist in dieser Beziehung leider ein ganz schwieriges Pflaster.

Wie wichtig ist für den Verein der Verbleib in der Zweiten Regionalliga, auch unter dem Aspekt, zumindest einige der Jugendbundesligaspielerinnen in Ahrensburg zu halten?

Möller:

Die Teilnahme am überregionalen Wettbewerb der Regionalliga ist schon wichtig, sportlich und auch für die Wahrnehmung im Allgemeinen. Wir sind seit gut 35 Jahren immer überregional mit unserer Damenmannschaft vertreten. Das spricht trotz des familiären Umfelds für eine hohe Kontinuität und eine gute Trainingsarbeit. Zudem zeigt es, dass wir es langfristig als einer der ganz wenigen Vereine im Norden geschafft haben, Spielerinnen zu entwickeln – und das soll auch so bleiben.