Deutscher Fußball-Bund zeichnet Kreisligamannschaft aus, weil sie Gegner SSV Großensee vergangene Saison ohne Gegenwehr ein Tor ermöglichte

Rethwisch. Schnell mit einer Schwalbe noch einen Elfmeterpfiff provozieren, oder – der Schiedsrichter sieht es hoffentlich nicht – mit der von ihm abgewandten Hand ein Tor erzielen: Vorsätzliche Täuschungen und – egal mit welchen Mitteln – nur auf den eigenen Erfolg ausgerichtete Aktionen sind im heutigen Profifußball leider an der Tagesordnung. Zum Glück gibt es sie aber noch: Die Fußballer, die für Werte wie Ehrlichkeit, Anstand oder Respekt einstehen. Genau aus diesem Grund wurde die erste Fußballmannschaft des VfL Rethwisch vom Deutschen-Fußball-Bund mit der Ehrenurkunde als Landessieger der Aktion „Fair ist mehr“ ausgezeichnet. „Das schöne an der Sache ist, dass meine Spieler mit der Urkunde schwarz auf weiß die Bestätigung für das bekommen haben, was ich ihnen Woche für Woche versuche zu vermitteln“, sagt Kay Chylla, Trainer der Kreisligafußballer.

Der Anlass dieser Ehrung liegt mehr als ein Jahr zurück. Rethwisch traf am zwölften Spieltag der KreisklasseA auf den SSV Großensee. Zu Beginn des zweiten Durchgangs verletzte sich ein Rethwischer Spieler, der Gegner beförderte den Ball ins Aus, um eine Behandlungspause zu ermöglichen. Beim anschließenden Einwurf sprang Nico Plog an der Mittellinie der Ball vor die Füße. Rethwischs Torjäger versuchte – wie es die Fairness gebietet – die Gäste wieder in Ballbesitz bringen und schlug einen weiten Pass in Richtung Großenseer Strafraum. Allerdings zu weit: Über Freund und Feind hinweg segelte die Kunststoffkugel direkt ins Gehäuse der Gäste. „Der Schiedsrichter gab den Treffer zum 2:0. Uns Spielern war aber sofort bewusst, dass diese Entscheidung zwar regelkonform, aber nicht mit unserem Gewissen zu vereinbaren ist“, sagt Tim Breede, der im Oktober 2012 die Kapitänsbinde trug.

Breede: „Ohne uns abzusprechen blieben wir nach dem Anstoß geschlossen stehen und ließen die Großenseer unbedrängt den Gegentreffer erzielen.“ Mit einer einfachen Geste bewies das Rethwischer Team eindrucksvoll: „Fair ist mehr“. Und das, obwohl die Mannschaft als Tabellenvierter nicht frühzeitig den Kontakt zum Führungstrio SSV Pölitz II, SV Meddewade und SSC Hagen Ahrensburg III verlieren durfte, um im Rennen um einen Aufstiegsplatz weiterhin ein Wort mitzureden.

Doch Ehrlichkeit siegt: Durch Daniel Springborg’s Treffer in letzter Minute behielten die Rethwischer mit 3:2 nicht nur die Oberhand, sie belegten am Ende der Saison Rang zwei und stiegen in die Kreisliga Stormarn auf. „So eine Ehrung macht einen stolz“, sagt Springborg, mit 27Jahren mittlerweile der Älteste im Team der Rethwischer. Als Jugendwart trainiert er nebenbei die C-Jugend. Freundin Kim Chylla betreut den Kantinenbetrieb. „Es macht einfach Spaß zu sehen, mit welcher Begeisterung die Kinder und Jugendlichen bei der Sache sind“, sagt der zu Beginn der Saison neu ins Amt gewählte Mannschaftsführer.

Die Fußballsparte engagiert sich stark im Jugendbereich. „Als kleiner Dorfverein eigene Jugendmannschaften zu stellen, ist nicht leicht, deshalb haben wir von den F-Junioren bis hoch zu den C-Junioren Spielgemeinschaften mit dem Rümpeler SV und dem SV Meddewade gebildet“, sagt Marcel Borusiak, 24, seit April Vorsitzender der Fußballsparte. Im Bereich der B-Junioren gesellt sich als vierter Verein der SSV Pölitz, bei den A-Junioren als Fünfter der VfR Todendorf hinzu. „Auf lange Sicht gesehen wollen wir das Fortbestehen der Fußballsparte sichern“, sagt der Spartenchef, der gern auch mal unkonventionelle Wege geht.

Borusiak: „Mit Spielern unserer ersten und zweiten Mannschaft gehen wir regelmäßig zum Blutspenden. So schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir tun etwas Gutes und sichern der Fußballsparte Einnahmen.“